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Flammen um Mitternacht

Flammen um Mitternacht

Titel: Flammen um Mitternacht
Autoren: Stefan Wolf
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„Aber es müßte doch leicht sein, diesen
Geschäftemachern auf die Schliche zu kommen.“
    Gunter schüttelte
den Kopf. „Die sind gewitzt. Es sind Gauner und Ganoven. Sie haben sich Tricks
ausgedacht, um ihre Praktiken ( Verfahren ) zu verschleiern. Zunächst mal:
Die Baulöwen — wie Heidenreich — wissen angeblich von nichts. Sie sind es ja
nicht, die illegale Arbeiter halten. Sie leihen sie nur aus — von den
Menschenhändlern. Diese treten als Firmen auf — als Verleih-Firmen. Sie
schließen mit dem Bauunternehmer einen Werkvertrag und verpflichten sich,
bestimmte Bauarbeiten in eigener Regie (Leitung) und mit eigenen
Arbeitskräften zum Festpreis auszuführen. Damit ist der Bauunternehmer fein
raus — aus der Verantwortung, denn angeblich kann er nicht kontrollieren, ob
sein Geschäftspartner illegale oder ordnungsgemäße Arbeiter beschäftigt.“

    „Das heißt“,
sagte Tom, „wenn einer erwischt wird, ist es niemals der Baulöwe, sondern der
Menschenhändler.“
    Gunter
bestätigte das. „Aber wenn der Bauunternehmer sich auf diese Machenschaften
nicht einließe, gäbe es keine Menschenhändler und damit keine Arbeitssklaven.
Versteht Ihr jetzt, wie schwierig es ist, Heidenreich zu überführen? Er
beschäftigt Tausende von Illegalen auf seinen Großbaustellen. Das weiß man. Er
baut U-Bahn-Schächte, Krankenhäuser, Kasernen, ganze Siedlungen und
Satellitenstädte ( Randsiedlungen einer Großstadt). Er ist der King in
der Branche, verdient Vermögen und könnte es sich leisten, legale (gesetzmäßige )
Arbeiter zu beschäftigen. Aber nein, er greift auf die Illegalen zurück, denn
an denen ist ja, wie ich ausführte, viel mehr zu verdienen.“
    „Du sagtest,
die Illegalen werden in ihren Quartieren von Schlägertypen bewacht“, erinnerte
sich Tom. „Weshalb?“
    „Um nichts
zu riskieren. Denn manche mucken auf, sobald sie begreifen, auf welche
schändliche Weise man mit ihnen verfährt. Auf den Baustellen arbeiten nicht nur
Illegale, sondern natürlich auch andere ordnungsgemäße Arbeiter. Kommt so ein
armseliger Sklave mit denen ins Gespräch, dann erfährt er, was los ist. Die
meisten nehmen es hin und sind froh, daß sie überhaupt Arbeit haben und
wenigstens etwas verdienen. Aber es gibt auch unter ihnen couragierte ( beherzte )
Naturen. So einer könnte auf die Idee kommen, auf seinen Chef, den
Menschenhändler, Druck auszuüben, indem er sagt: Vollen Lohn! Oder ich gehe zur
Polizei und sage, was hier läuft. Um sich davor zu schützen, halten die Menschenhändler
ihre Illegalen wie Sklaven. Das Quartier ist fast ein Gefängnis. Morgens werden
die Arbeiter in Busse verfrachtet und zur Baustelle gefahren. Dort schuften sie
unter Aufsicht. Abends geht’s auf die gleiche Weise zurück. Und das tagein,
tagaus. Sicherlich — nicht jeder Menschenhändler verfährt so. Deshalb fliegt
auch der eine oder andere auf. Aber die schlimmsten sind hart. Ihre Schläger
sind nicht nur Schläger, sondern mit Pistolen bewaffnet. In diesem Jahr hatten
wir zwei ungeklärte Todesfälle in unserer schönen Stadt. Morde. Zwei Ausländer
wurden erschossen aufgefunden. Arbeiter, illegale. Ein Jugoslawe und ein Türke.
Es ist anzunehmen, daß sie ihr Joch abschütteln wollten und sie deshalb
umgebracht wurden.“
    „Mein Gott!“
Locke war blaß geworden. „Sowas ist möglich. Da werden Menschen zu Bestien und
Mördern — nur um des Profits ( Gewinns ) willen. Aber, Papi, wie und wo
stöberst du nach belastendem Material gegen Heidenreich?“
    „Ich bin
zwei Menschenhändlern auf die Spur gekommen. Das sind so üble Typen — ich
glaube, sogar der Teufel würde die als Partner zurückweisen. Avdi Korac ist
Jugoslawe. Er schmuggelt Landsleute ein. Der andere, ein Deutscher, heißt
Werner Honold. Beide arbeiten mit und für Heidenreich. Wenn es Korac oder
Honold an den Kragen ginge, würden sie auspacken — davon bin ich überzeugt. Sie
würden Heidenreich mit sich hinunterreißen. Aber das ist eine Aufgabe, an der
sich auch die Kripo die Zähne ausbeißt. Trotzdem — ich lasse nicht locker. Und
am Montagnachmittag wage ich mich in die Höhle des Löwen. Das heißt, ich werde
mit Honold verhandeln — und ihm die Hölle heiß machen.“
    Locke sah
Tom an. In ihren Glutaugen schienen kleine Flammen zu lodern.
    O weh!
dachte er — und deutete richtig, was ihr Blick signalisierte. Hallo, Tom! hieß
das. Hast du’s gehört? Da sind Verbrecher, die armselige Ausländer auspressen —
sogar umbringen. Den
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