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Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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zuwege brachte. Manchmal war es ein Vietcong, der schwarze Pyjama schweißnaß an den Körper geklatscht, das Gesicht mit menschlichen Fäkalien aus einem Reisfeld beschmiert, mit einem Stielauge über Kimme und Korn eines altmodischen französischen Gewehrs zielend. Als er abdrückte, zerriß die Kugel mit dem Stahlmantel meine Kehle so mühelos, wie sie eine Melone durchbohrt hätte.
    Manchmal sah ich mich auch in einer schmalen, unbeleuchteten Ziegelpassage, die von der Dauphine Street im French Quarter abging. Ich roch den feuchten Stein, die Minze und die Rosen, die im Innenhof wuchsen, und ich sah die Schatten der Bananenstauden auf den Steinplatten jenseits des Eisentors flattern, das am Ende der Passage offenstand. Meine Hand umklammerte den Griff der .45er; der Mörtel zwischen den Ziegeln in der Mauer war wie eine Kralle in meinem Rücken. Langsam arbeitete ich mich zum Eingang des Innenhofs vor, und der Atem schwoll mir in der Brust; auf einmal flog mir das verzierte Eisentor ins Gesicht, brach zwei meiner Finger, als wären sie Stöckchen, wischte mir die .45er aus der Hand und warf mich rückwärts in eine Regenpfütze. Ein riesiger schwarzer Mann in einem Kinder-T-Shirt, in lavendelfarbenen Hosen, die mindestens drei Nummern zu klein waren, so daß sich seine Hoden wie ein Sack mit Unterlegscheiben abzeichneten, ging in die Knie, eine .410er Schrotpistole auf den Oberschenkel gelegt, und sah mich durch das Gitter des Tors hindurch an. Er hatte keine Zähne, und seine Lippen waren dunkelrot und schorfig, die Augen hatten rote Ränder. Sein Atem stank wie die Hölle.
    »Jetzt ist’s an dir zu bitten und zu betteln, du Arschloch«, sagte er. »Du hast richtig gehört, bettel um dein wertloses, verschissenes Leben.«
    Dann lächelte er, hob mit dem Lauf der Schrotpistole meine Kinnspitze und spannte den Hahn.
    In solchen Augenblicken erwachte ich auf der Couch, T-Shirt und Unterhose durchgeschwitzt, und saß in einem Mondlichtkegel am Couchrand, den Kopf vornübergebeugt, die Zähne krampfhaft zusammengebissen, damit sie nicht klapperten.
    Während der drei Monate, die ich weg war, erhielt ich meinen vollen Lohn, und als ich wieder zum Dienst antrat, war mein Aufgabenbereich eingeschränkt. Die meiste Zeit blieb ich im Büro; ich befragte Zeugen für andere Detectives; manchmal untersuchte ich auch Verkehrsunfälle, die sich irgendwo im Bezirk ereignet hatten. Ich erledigte viel Papierkrieg. Man behandelte mich mit der Ehrerbietigkeit, die oft verwundeten Soldaten auf dem Weg der Besserung entgegengebracht wird. Das ist nett von den Leuten, aber vielleicht schwingt auch ein gewisser Grad von Furcht mit, so als sei Sterblichkeit eine ansteckende Krankheit, die durch Quarantäne gebannt werden kann.
    Im gleichen Maße wie die Jahreszeit mild und warm wurde, eine reine Übergangszeit, wurde mein Leben konturen- und belanglos.
    An einem stürmischen Nachmittag, an dem der Wind die Blätter durch die Luft wirbelte, fuhr ich schließlich mit einem Lieferwagen nach Lafayette, um Minos P. Dautrieve aufzusuchen, einen alten Freund und Beamten der DEA, der jetzt bei der vom Präsidenten eingesetzten Sondereinsatztruppe zur Drogenbekämpfung war.
    Er angelte sehr gerne, und weil ich mit ihm nicht in seinem Haus reden wollte, wo seine Frau oder seine Kinder immer irgendwo in der Nähe waren, forderte ich ihn auf, sein Angelzeug mitzunehmen und mit mir zum Damm am Henderson Swamp zu fahren.
    Ich hielt an einem der Läden unterhalb des Damms, die Köder verkauften und Boote vermieteten, und kaufte zwei Poorboy-Sandwiches mit Shrimps und ein Bier für ihn und eine Dr. Pepper-Limonade für mich.
    Wir gingen hinunter auf eine Grasfläche am Ufer, gegenüber einer Reihe von Bauminseln, die als Barriere zwischen dem Kanal entlang des Damms und dem eigentlichen Sumpf dienten, tatsächlich ein riesiges Marschlandgebiet, mit Buchten, Kanälen, Bayous, Ölbohrinseln und unter Wasser stehenden Grüppchen von Zypressen und Weiden. Er warf seine Angel an der Stelle aus, wo die Wasserpflanzen aufhörten, die auf der anderen Seite des Kanals wuchsen.
    Minos hatte es zu hohen Ehren gebracht, als er in der Basketballmannschaft der Louisiana State University spielte, und er trug sein Haar immer noch militärisch kurz geschnitten wie ein Collegejunge, so daß man die Kopfhaut durchschimmern sah. Er war genauso schlank und hatte einen genauso flachen Bauch und schmale Hüften wie zu der Zeit, als Sportjournalisten ihn Dr. Dunkenstein
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