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Flagge im Sturm

Titel: Flagge im Sturm
Autoren: Mirinda Jarrett
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Gebrüll, laute Rufe und schwere Schritte vom Deck her. Wenn sich die Schaluppe wieder in Jonathans Hand befand, war dann dieser Kampf überhaupt noch notwendig?
    „Ich flehe Euch beide an - hört auf!“, rief sie. Sie überlegte rasch, ob sie sich vielleicht zwischen die Männer werfen sollte, doch dann dachte sie an ihr ungeborenes Kind. „Ich flehe Euch an! “, wiederholte sie. „Bitte! “
    „Spart Euch Euren Atem, Demaris“, sagte Jonathan, ohne sich zu ihr umzudrehen. „Die Welt wird diesen Bastard ganz sicher nicht vermissen.“
    „Doch ihn zu töten ...“
    „Demaris, er setzt auch alles daran, mich umzubringen. Das Blut Dutzender von Männern lastet bereits auf seiner schwarzen Seele.“
    „Vielleicht bin ich ja ihr Favorit, Sparhawk“, spottete Graham. „Sie wäre doch ein angemessener Preis für denjenigen, der hier Sieger bleibt, nicht wahr?“
    Jonathan sprang plötzlich vor. Seine Säbelklinge prallte an Grahams ab, der den ersten Stoß geschickt pariert hatte. Wieder und wieder schlug nur Stahl gegen Stahl, bis Jonathan sich unvermittelt seitwärts abdrehte und seine Schulter in Grahams Seite rammte, direkt unter dessen rechten Arm. Der Stoß hatte eine solche Wucht, dass der Mann gegen die Kajütwand flog, mit von sich gestreckten Beinen zu Boden rutschte und nach Luft rang.
    Schweratmend strich sich Jonathan das Haar zurück und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er wusste, er sollte dem grausamen Spiel jetzt ein Ende bereiten und Graham mit seinem Säbel zur Hölle schicken, wohin er gehörte. Der Kampf war gerecht genug gewesen, und wie lange Jonathans Bein noch durchhalten würde, mochten die Götter wissen. Weshalb also tötete er Graham nicht einfach?
    Demaris.
    Sie sagte kein einziges Wort, doch er spürte, dass sie dort hinter ihm wartete, sich ein Urteil bildete und ihm jede Konzentration raubte. Wütend hielt er sich vor, dass für ihre Art von Güte kein Platz in einer Welt wie dieser war. Männer wie Graham verdienten keine Barmherzigkeit. Jonathan hob seinen Säbel.
    Er hatte zu lange gezaudert. Graham sprang wieder hoch, hielt seine Waffe mit beiden Händen fest und schwang die Klinge in weiten, tödlichen Bögen, die Jonathan nur noch mit größter Mühe abzulenken vermochte. Er musste aufhören, an Demaris zu denken, oder er wäre verloren! Wieder fuhr Grahams Klinge in die Höhe, und diesmal hätte sich Jonathan beinahe zu spät abgeduckt.
    Mit schreckgeweiteten Augen beobachtete Demaris die beiden Gegner. Graham würde Jonathan umbringen, das fühlte sie, und alles, was sie liebte, würde mit Jonathan sterben.
    „Aufhören!“, schrie sie. „Ich will nicht, dass meinetwegen gemordet wird! Hört sofort auf - alle beide! “
    „Demaris, hört mir zu“, sagte Jonathan keuchend. „Van Vere schwört, Graham habe Euren Ehemann getötet.“
    Darauf hörte er nur einen erstickten Schmerzensschrei. Um Himmels willen, er hatte sie doch nicht schon wieder verletzen wollen!
    Unwillkürlich wandte er sich von Graham ab und blickte zu Demaris hin. Innerhalb eines einzigen Augenblicks erkannte er das Entsetzen in ihrem Gesicht, sah, wie sie den Mund geöffnet hatte, wie sein Name auf ihren Lippen lag, und ihm wurde bewusst, wie viel ihm ihre Liebe bedeutete und wie viel Kraft ihm diese Erkenntnis geben konnte.
    Er hörte, wie Grahams Klinge hinter ihm durch die Luft pfiff, und diesmal war Jonathan bereit. Blitzschnell drehte er sich um und führte seinen Säbel mit aller Kraft aufwärts, sodass der Stahl unter Grahams Rippen und dann in sein Herz fuhr.
    Die letzten Worte des Mannes waren ein gemurmelter Fluch, und dann sank er in sich zusammen.
    Jonathan blickte Demaris an, und sein Herz sank. Ihre blauen Augen spiegelten das Grauen wider, dessen Zeugin sie eben hatte werden müssen. Für Erklärungen ist noch Zeit genug, wenn sich ihre Erschütterung ein wenig gelegt hat, sagte er sich. Außerdem konnte er die Schaluppe erst dann wirklich wieder als sein Eigentum betrachten, wenn er wusste, dass seine Männer Roger Allyn gefunden und gefangengenommen hatten.
    Demaris schaute an Jonathan vorbei auf den am Boden liegenden Körper. Sie starrte auf die Wunde, die durch die Brust hindurchging, und auf das Blut, das die Kleidung des Toten durchtränkte und sich neben ihm auf den Decksbohlen sammelte. Sie blickte in die noch offenen, glasigen Augen und sah nicht Grahams Leichnam, sondern Ebens.
    Graham hatte ihren Gemahl getötet und würde auch Jonathan umgebracht haben, wenn es
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