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Finsteres Verlangen

Finsteres Verlangen

Titel: Finsteres Verlangen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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auch«, als er auflegte. Wie kam es nur, dass jeder, der für eine Strafverfolgungsbehörde arbeitete, so schlechte Manieren entwickelte?
    Nathaniel kam mit meiner Ausgabe von Wilbur und Charlotte ins Schlafzimmer. »Es lag in der Küche, und es lag ein zweites Lesezeichen drin. Ich glaube, Zane oder irgendjemand hat es angefangen.«
    Ich schmiegte mich enger an Micah, und er hielt mich warm und fest, als könnte er die schlechten Gefühle aus mir herausdrücken. »Die sollen sich selber ein Exemplar besorgen«, sagte ich.
    Nathaniel lächelte. Micah küsste mich auf den Scheitel. »Wer liest heute Abend vor?«, fragte Nathaniel.
    »Ich«, sagte Micah, »außer, Anita möchte.«
    Ich drückte mein Gesicht in seine Armbeuge. »Nein, etwas vorgelesen zu bekommen ist heute Abend genau das Richtige.«
    Nathaniel gab ihm das Buch und stieg ins Bett. Ich bin mir nicht sicher, ob es die Wärme der beiden unter den Decken war oder der Klang von Micahs Stimme beim Vorlesen, aber langsam war mir nicht mehr kalt. Wilbur und Charlotte hatte ich seit Jahren nicht gelesen. Es war überfällig. Überfällig wie so vieles, das nichts mit Schusswaffen und dem Töten von Menschen zu tun hatte.

62
    D olph hat noch immer Urlaub, aber ich arbeite daran, eine Aussprache zwischen ihm, seiner Frau, ihrem Sohn und ihrer Schwiegertochter herbeizuführen. Ich weiß nicht, ob es viel zu bereden gibt, aber Lucille, seine Frau, möchte, dass ich es versuche. Also versuche ich es.
    Richard scheint etwas Frieden gefunden zu haben. Nicht genug Frieden, dass wir wieder miteinander gehen könnten, aber ich bin schon völlig begeistert, weil er keine Selbstmordgedanken mehr wälzt. Im Moment ist es mir wichtiger, ihn gesund und glücklich zu sehen, als ihn bei mir zu haben.
    Asher, Jean-Claude und ich haben eine Vereinbarung. Man könnte wohl sagen, wir gehen miteinander. Man sollte meinen, dass es für mich nichts Neues ist, mit zwei Männern gleichzeitig zusammen zu sein, aber zwei Männer gleichzeitig beim gleichen Rendezvous, das ist neu.
    Stephens und Gregorys Vater ist noch in der Stadt. Valentina und Bartolomé haben Jean-Claude um die Erlaubnis gebeten, ihn zu töten. Jean-Claude hat seine Einwilligung unter der Voraussetzung gegeben, dass Stephen und Gregory einverstanden sind. Stephens Therapeut hält es für besser, wenn die Jungs es selbst bewältigten. Gregory erwiderte darauf: »Oh, wir dürfen ihn selber umbringen.« Und Stephen sagte: »Das hatte ich nicht im Sinn.«
    Die beiden streiten noch immer, wie sie am besten damit umgehen sollen, dass der Albtraum ihrer Kindheit in die Stadt gekommen ist. Was das angeht, bin ich der gleichen Meinung wie Valentina und Bartolomé: abmurksen. Aber ich werde Stephen und Gregory die Entscheidung nicht abnehmen, nicht wenn ihr Therapeut sagt, dass ich damit noch mehr Schaden anrichte. Sie sind in ihrem Leben weiß Gott schon genügend gequält worden.
    Aber weil sie ihre Ehrenschuld nicht haben abtragen können, bleiben die beiden Vampirkinder in St. Louis. Von der Ehrenschuld ganz abgesehen glaube ich, dass Valentina nicht in der Nähe von Belle Morte sein will, wenn sie gegen die Mutter der Finsternis antritt. Wollte ich auch nicht.
    In meinen Nächten träume ich von der lebendigen Dunkelheit. Solange ich mit einem Kreuz schlafe, ist alles gut, aber wenn ich es vergesse, sucht sie mich in meinen Träumen heim. Ich würde mir ein Kreuz tätowieren lassen, wenn ich nicht Angst hätte, in Flammen aufzugehen.
    Die Mobile Reserve hat mich in ihre Liste ziviler Experten aufgenommen. Sie rufen mich an, wenn sie mich brauchen. Captain Parker war stinksauer, dass das letzte Monster-Update aus Quantico gar nicht so sehr up-to-date war. Das FBI hat einfach nicht genügend Monster als Freunde. Wäre es anders, wüsste es besser Bescheid.
    Larry ist wieder in der Stadt, vollständig ausgebildet als Bundesmarshal und Vampirjäger. Die Hochzeit ist für Oktober angesetzt. Tammy droht damit, mich einzuladen. Das sind mir schöne Freunde.
    Wir lesen noch immer Wilbur und Charlotte. »Die Grillen sangen im Gras. Sie sangen das Lied vom Ende des Sommers, ein trauriges, eintöniges Lied. ›Der Sommer ist aus und vorbei‹, sangen sie. ›Aus und vorbei, aus und vorbei …‹« Einige Leute finden das Kapitel traurig, aber es hat immer zu meinen Lieblingskapiteln gehört. Der Sommer ist aus und vorbei, aber der Herbst ist da, und der nächste Monat ist Oktober mit dem blauesten Himmel des Jahres. Zum ersten Mal seit
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