Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Finster

Titel: Finster
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
genügt offenbar, um manchen Frauen Angst einzujagen.
    Weil ich sie nicht quälen möchte, habe ich mir angewöhnt, sie nicht auf dem Bürgersteig zu überholen. Ich gehe auf die andere Straßenseite oder biege ab, um nicht an ihren Fersen zu hängen, oder reduziere meine Geschwindigkeit.
    Meistens Letzteres. Ich schlage ein Bummeltempo ein,
bleibe manchmal für einen Moment stehen und hoffe, dass die Frau abbiegt, ihr Ziel erreicht oder mir auf andere Weise aus dem Weg geht. Erst wenn es offensichtlich ist, dass sie weiter vor mir bleibt, ringe ich mich durch, sie zu überholen oder schlage eine andere Route ein.
    Da ich es nicht eilig hatte, zu Dandi Donuts … oder wohin auch immer … zu kommen, sah ich keinen Grund, die Straßenseite zu wechseln oder abzubiegen.
    Jag ihr bloß keinen Schrecken ein, sagte ich mir. Geh schön langsam weiter und achte auf einen ordentlichen Abstand.
    Sie wird überhaupt nicht bemerken, dass ich da bin.
    Bis jetzt schien die junge Frau vor mir mich noch nicht wahrgenommen zu haben. Sie ging einfach mit federndem sorglosem Schritt weiter, ließ die Arme schwingen und sah in alle möglichen Richtungen, aber kein einziges Mal hinter sich. Ihr helles Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden, der munter hin und her schwang. Sie trug ein dunkles Sweatshirt, eine dunkle Hose und dunkle Turnschuhe. Sie hatte nichts dabei, nicht einmal eine Handtasche. Das kam mir seltsam vor. Die meisten Frauen gehen nie ohne Handtasche los.
    Wo geht sie wohl hin? , fragte ich mich.
    Vielleicht zu Dandi Donuts?
    Das wäre zu viel des Guten. Höchstwahrscheinlich war sie auf dem Heimweg. Ich fragte mich, ob ihre Eltern wussten, dass sie zu dieser Uhrzeit draußen herumlief.
    Wer sagt denn, dass sie bei ihren Eltern wohnt?
    Sie hätte auch Mitte zwanzig sein und alleine wohnen können, oder vielleicht war sie verheiratet.

    Aber das bezweifelte ich.
    Obwohl ich sie nur aus der Ferne und nie in gutem Licht gesehen hatte, hatte ich den Eindruck, dass sie ein wenig jünger war als ich - ungefähr achtzehn Jahre alt. Wenn das stimmte, wohnte sie wahrscheinlich bei ihren Eltern.
    Außerdem schien sie äußerst attraktiv.
    Im Schein der Laternen sah ihr Gesicht aus, als könnte es hübsch sein. Aber Entfernung und Dämmerlicht können täuschen.
    Jedenfalls war es hell genug, um ihre tadellose Figur unter dem Sweatshirt und der Hose erkennen zu können.
    Nicht, dass ich sie begehrt hätte. Dank Holly hatten Frauen ihre Anziehungskraft auf mich verloren.
    Doch ich fühlte mich ihr auf eine Art verbunden. Wir waren zwei Fremde, die den gleichen Weg einschlugen. Sie lief an denselben parkenden Autos, denselben Bäumen, Wiesen, Häusern vorbei wie ich … nur ein paar Sekunden früher. Wir beide sahen dieselben Lichter, hörten ähnliche Geräusche, rochen und atmeten fast die gleiche Luft, spürten denselben Beton unter unseren Füßen. Auf immer und ewig existierten wir zur selben Zeit am selben Ort … beinahe.
    Ich konnte nicht anders, als mich mit ihr verbunden zu fühlen.
    Mit ihr verbunden und als ihr Beschützer.
    Sie schien viel zu jung, um zu dieser Nachtzeit allein durch die Straßen zu ziehen, deshalb wollte ich dafür sorgen, dass sie sicher nach Hause kam.

    Jetzt hatte ich zwei Aufgaben: Donuts für Eileen besorgen und meine neue Gefährtin beschützen.
    Ich war ihr Gefährte, auch wenn sie es nicht wusste.
    Ich lasse nicht zu, dass dir etwas zustößt , sagte ich im Geiste zu ihr.
    Plötzlich blieb sie stehen. Als ich ebenfalls anhielt, wandte sie den Kopf nach links.
    Sie wird sich umdrehen!
    Obwohl ich im Licht einer Laterne stand, unternahm ich nicht den Versuch, in Deckung zu gehen; jede Bewegung hätte ihre Aufmerksamkeit erregen können. Absolute Reglosigkeit war meine beste Tarnung.
    Ich beobachtete sie und wagte nicht zu atmen.
    Ein paar Augenblicke später bemerkte ich, dass ihre Augen einer mageren weißen Katze folgten, die von der anderen Seite der Franklin Street auf sie zuschlich.
    Sie wandte sich der Katze zu, und ich sah zum zweiten Mal in dieser Nacht ihr Profil. Ihre Figur … ihr hoch angesetzter Pferdeschwanz, der geneigte Kopf, die Form ihres Gesichts, ihr schlanker Nacken, ihre Brüste und ihr Hintern, der sich unter der Hose abzeichnete. Ich will nicht sagen, dass sie athletisch aussah, weil das Kraft suggerieren würde. Das würde einen falschen Eindruck vermitteln. Vor allem wirkte sie selbstsicher, munter und kess.
    Sie ging in die Hocke. Ihr Hintern berührte beinahe den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher