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Finster

Titel: Finster
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zu Hause. Sie wird sich um uns kümmern.«
    Als wir bei ihr ankamen, war Lois seit über einer Stunde zu Hause. Sie schien hocherfreut, uns zu sehen … auch wenn unser Zustand sie erschütterte.
    Es stellte sich raus, dass ich gar keine Ausrede für meine Schussverletzungen brauchte. Casey tauchte mit einem Arzt im Schlafzimmer auf. Er war einer ihrer speziellen Freunde, einer der Seelen, die sie während ihrer nächtlichen Streifzüge für sich eingenommen hatte. Der freundliche ältere Mann entfernte die Kugel aus meinem Bein und flickte mich zusammen. Er verband auch die Wunden, die Eileen von den Dartpfeilen davongetragen hatte. Bei uns beiden frischte er die Tetanusimpfung auf und gab uns Antibiotika.
    Ich verpasste wegen meines Beins eine Woche lang meine Seminare, aber Eileen und Kirkus gingen hin, als wäre nichts geschehen, und hielten mich über den Stoff auf dem Laufenden,
    Ich hatte viel Zeit, um zu lesen und zu schreiben.

    »Wenn du über uns schreibst«, sagte die Frau, die ich Eileen nenne, als sie mich dabei erwischte, »achte darauf, dass du die Namen änderst.«
    Ich antwortete: »Keine Sorge, die habe ich schon geändert.«
    »Wie nennst du mich?«, fragte sie.
    »Hillary.«
    »Willst du jung sterben?«
    »War nur ein Scherz. Ich nenn dich Eileen.«
    Sie runzelte die Stirn, nickte und dachte darüber nach. »Nicht schlecht. Gar nicht schlecht«, sagte sie. »Und was ist mit den anderen?«
    Ich sagte ihr die anderen Namen.
    Über einen davon musste sie lachen.
    »Findest du, ich sollte ihn ändern?«
    »Ach nein, auf keinen Fall. Er passt zu ihm.«
     
    Nachdem ich ein paar Tage im Haus verbracht hatte, fragte mich Lois, ob ich als eine Art Dauergast bleiben wollte. Ich erklärte ihr, dass das Haus zu weit vom Campus entfernt lag, aber sie bot mir an, ihr neues Auto zu benutzen. Also zog ich aus meinem Mietshaus aus (glücklich darüber, die Fishers los zu sein) und bei Lois ein.
    Kirkus zog in meine alte Wohnung.
     
    Es ist wirklich alles ziemlich seltsam.
    Ich war Anfang Oktober in der einsamsten Nacht meines Lebens zu einem Spaziergang durch die Straßen der Stadt aufgebrochen … mit gebrochenem Herzen, verbittert und hoffnungslos. Innerhalb einer Woche waren drei
Frauen in mein Leben getreten und hatten die Einsamkeit verscheucht. Ich war glücklicher als je zuvor.
    Ich bin es noch immer.
     
    Was Lois, Eileen und Casey betrifft, so überstürzen wir die Dinge nicht. Lois und ich wohnen im selben Haus und stehen uns mittlerweile sehr nahe. Eileen kommt oft vorbei, und manchmal gehen wir zusammen aus. Casey schläft in meinem Bett. Wenn ich spät in der Nacht aufwache und sehe, dass sie nicht da ist, stört es mich nicht … ich mache mir höchstens Sorgen um sie.
    Ich weiß nicht, wo das alles hinführt, aber ich genieße die Reise.
    Was Kirkus angeht … Tja, Kirkus bleibt Kirkus. Er ist ein emotionales Wrack, das scharf auf mich ist. Manchmal kommen wir gut miteinander aus. Hin und wieder muss ich mich seiner erwehren. Wir müssen dringend einen Freund für ihn finden.
    Was Holly betrifft, die mich wegen des Betreuers aus dem Sommerlager abserviert hat - scheiß auf sie.

Anmerkung des Autors
    »Casey at the Bat« ( »Casey am Schlagholz« ), ein Gedicht von Ernest Lawrence Thayer, wurde erstmals am 3. Juni 1988 unter dem Pseudonym »Phin« im San Francisco Examiner veröffentlicht. Dieses klassische, den meisten Amerikanern vertraute Gedicht endet mit der berühmten Strophe:
    »Oh, irgendwo in diesem auserwählten Land strahlt die Sonne.
    Irgendwo spielt Musik, und die Herzen sind leicht.
    Und irgendwo lachen Männer, und Kinder kreischen.
    Doch in Mudville ist die Stimmung trüb:
    Der Große Casey ist raus.«

Die Originalausgabe NIGHT IN THE LONESOME OCTOBER
erschien 2002 bei Leisure Books, New York.
     
     
     
     
     
     
     
    Folgende Zitate mit freundlicher Genehmigung der Verlage:
»Ulalume«, Edgar Allan Poe, Das gesamte Werk in zehn Bänden,
Walter-Verlag 1966
    »Präludium oder das Reifen eines Dichtergeistes«,
William Wordsworth, Reclam 1974
    »Der alte Seefahrer«, Samuel Taylor Coleridge, Insel-Verlag 1963
     
    Vollständige deutsche Erstausgabe 01/2011
    Copyright © 2001 by Richard Laymon
    Copyright © 2011 der deutschsprachigen Ausgabe
by Wilhelm Heyne Verlag, München
in der Verlagsgruppe Random House
    Published by arrangement with Lennart Sane Agency AB
    Redaktion: Sven-Eric Wehmeyer
     
     
    Satz: Christine Roithner Verlagsservice, Breitenaich
     
    eISBN
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