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Finster

Titel: Finster
Autoren: authors_sort
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geräuschlos verschwand sie die dunkle Treppe hinab. Mit einer Hand auf dem Geländer ging ich hinterher.
    Unten spürte ich, wie sie an meinem Hemd zupfte. Casey zog mich den gewundenen Weg zum vorderen Teil des Ladens entlang. Als wir den Lichtschein des Schaufensters erreicht hatten, blieb sie stehen und wandte sich mir zu.
    »Was hat er mit ihr gemacht?«, fragte sie.
    Aus ihrem Versteck hatte Casey Eileen nicht sehen können.
    »Er hat sie mit Dartpfeilen beworfen. Dreimal.«
    »Ooohhh.«
    »Vielleicht solltest du lieber von hier verschwinden«, sagte ich.
    Sie schlang die Arme um mich und drückte mich fest an sich. Ich streichelte ihr Haar. Es war feucht, wie ihr Nacken. »Ich glaub nicht«, flüsterte sie.
    »Ich kann nicht zulassen, dass du verletzt wirst.«
    »Eileen ist wegen uns da oben.«
    »Es ist nicht unsere Schuld«, sagte ich.
    »Doch. Du warst wegen mir heute Nacht nicht bei ihr. Außerdem spielt es keine Rolle, wer an was schuld ist. Wichtig ist nur, dass wir sie retten müssen.«
    »Ich weiß nicht, wie.«
    »Ein guter Feuerlöscher könnte uns weiterhelfen. Es muss einen geben. Das ist in so einem Laden vorgeschrieben.«

    »Bist du sicher?«
    »Ich bin der Bauinspektor, weißt du nicht mehr?«
    »Ah, klar.«
    »Geschäfte gehören in meinen Zuständigkeitsbereich. Man kann keinen Laden ohne Feuerlöscher betreiben.«
    »Ich weiß nicht, wie wir auf die Schnelle einen finden sollen«, sagte ich. »Vielleicht ist auch gar keiner da, selbst wenn es mal einen gab. Ich glaub nicht, dass Randy das alles spontan organisiert hat. Wahrscheinlich hatte er das meiste schon vorbereitet. Und er hat bestimmt keine Feuerlöscher hier rumliegen lassen.«
    »Vielleicht hat er einen mit hoch genommen«, sagte Casey, »Nur für den Notfall.«
    »Vielleicht.«
    Sie ließ mich los und trat zurück. »Wir gehen lieber wieder hoch.«
    »Du nicht.«
    »Doch.«
    »Casey …«
    »Mach dir keine Sorgen.
    »Ich soll mir keine Sorgen machen?«
    »Ich kann selber auf mich aufpassen.«
    »Berühmte letzte Worte.«
    »Das mach ich schon seit achtzehn Jahren, und ich lebe immer noch. Immer noch gesund und munter - meistens.«
    »Mein Gott, Casey.«
    »Lass uns gehen.«
    Ich wollte sie festhalten, aber meine Hand griff in der Dunkelheit ins Leere. Als ich versuchte, ihr zu folgen, stieß
ich gegen irgendetwas, das mit lautem Geklapper umfiel. In diesem Moment erinnerte ich mich an die Taschenlampe in meiner Hosentasche. Ich zog sie raus, drehte an der Linse, und ein schmaler Lichtkegel schoss heraus.
    Auch damit konnte ich Casey nicht finden.

69
    Mit Hilfe der Taschenlampe fand ich den Weg durch das Labyrinth des Secondhandladens, erreichte die Treppe und stieg hinauf. Auf dem Absatz sah ich Casey im Lichtschein oben vor der Tür stehen und auf mich herabblicken. Ich steckte meine Taschenlampe weg und ging zu ihr hinauf, aber sie wich zurück.
    »Warte«, flüsterte ich.
    Ehe ich oben war, wandte sie sich ab und trat um die Ecke. »Hier bin ich«, sagte sie laut zu Randy.
    Das Katana lag noch dort am Boden, wo ich es zurückgelassen hatte. Ich lief daran vorbei, ging zu Casey und blieb neben ihr stehen.
    Genau vor uns befand sich Eileen. Während wir unten gewesen waren, musste der Pfeil aus ihrer Brust gefallen sein. Er lag auf der Decke neben ihrem linken Fuß. Die anderen beiden Pfeile steckten noch in ihrem Fleisch. Sie hatte sich nicht verändert, bis auf das frische Blut auf ihrer Haut. Vermutlich hatte sie die ganze Zeit unserer Abwesenheit über geweint. Ihre Augen waren rot, das Gesicht glänzte vor Tränen, die Nase lief. Sie schniefte und blinzelte,
als sie uns ansah. Dann schüttelte sie leicht den Kopf, aber ich weiß nicht, was das bedeuten sollte.
    »Wie geht’s dir?«, fragte ich.
    Sie zog einen Mundwinkel hoch, als versuchte sie zu lächeln. »Ging schon mal besser«, sagte sie. Ihre Zunge fuhr heraus und leckte den Rotz ab, der ihr auf die Oberlippe tropfte.
    »Es tut mir leid«, sagte ich.
    »Danke, dass du … versuchst, mir zu helfen.« Sie sah Casey an. »Dir auch. Danke.«
    »Wir holen dich hier raus«, sagte Casey.
    »Reine Angeberei von der Kleinen!« Randys fröhliche Stimme kam von irgendwo rechts hinter Eileen. Während wir unten waren, hatte er sich ein neues Versteck gesucht. »Und wie süß du bist! Kein Wunder, dass Ed Eileen wegen dir abserviert hat.«
    »Niemand hat irgendjemanden abserviert«, sagte ich.
    »Casey, lass mal sehen, wie du ohne deine Klamotten aussiehst.«
    Seine Aufforderung
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