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Finnisches Blut

Finnisches Blut

Titel: Finnisches Blut
Autoren: Taavi Soininvaara
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noch mal!« schimpfte Ketonen und starrte Pirkko Jalava aus kaum zwanzig Zentimetern Entfernung an.
    Pirkko Jalava sagte, sie habe nur versucht, Ratamo und das Kind zu schützen, wie es Ketonen befohlen hatte. Alle anderen hätten nur an die Viren und an die Formel des Gegenmittels gedacht.
    |350| »Schau dich mal um, meine Liebe. Glaubst du, man hätte die Situation besser klären können?« Ketonen wies mit der Hand auf das brennende Auto.
    Ratamos erstarrte Miene verzog sich nicht, als er aufstand und die dunklen Augen der Frau suchte, die seinem Blick auswich. Ratamo zuckte zusammen, als Feuerwehrautos vorfuhren und die Feuerwehrmänner losrannten, um das immer noch brennende Auto zu löschen.
    Ketonens Handy schrillte, und er meldete sich blitzschnell. »O nein, verdammt. Wie ist das möglich!« schrie er ins Telefon und stöhnte. »Sag Howell, daß er, wenn es sein muß, die ganze britische Armee nach Siren suchen lassen soll. Aber töten darf man ihn nicht. Er ist der einzige, der sagen kann, ob in Finnland noch Virusminen liegen!« Tissaris Anruf machte klar, wie brisant und explosiv die Situation weiterhin war. Ketonen zündete sich eine Zigarette an.
    Der Ort des Geschehens war von der Polizei mit einem gelben Band abgesperrt worden, dahinter hatten sich schon Dutzende Schaulustige eingefunden, die sich nun, nachdem keine Schüsse mehr zu hören waren, näher herantrauten. In den weiter entfernten Geschäftshäusern und Industriegebäuden sah man neugierige Gesichter in den Fenstern.
    »Kommen Sie mit. Wir bringen Sie zu Ihrer Tochter«, sagte eine freundliche Polizistin zu Ratamo. Ein erster Regentropfen fiel ihm auf die Nase, gerade als er nickte.

|351| 61
    Der überfüllte Metrozug ratterte durch den dunklen Tunnel. Siren schwankte auf seinem Sitz hin und her und hielt den Griff des Pilotenkoffers fest in der Hand. Es fiel ihm schwer, ein Lachen zu unterdrücken. Sein Plan war aufgegangen, niemand hatte es geschafft, ihm zu folgen.
    Nach der Karte an der Wand des Wagens würde die Metro noch siebenmal halten, bis sie den Victoria-Bahnhof erreichte. Von dort wollte er mit dem Victoria-Expreß zum Flughafen von Gatwick fahren und dann nach Kolumbien verschwinden.
    Der Lärm verstummte, als der Zug an der Station Bayswater hielt. Ein paar Fahrgäste schlängelten sich durch die Menge hinaus und ein junges Paar zwängte sich herein. Die Türen wurden jedoch nicht geschlossen. Siren schreckte aus seinen Träumen auf und fragte sich, was der Grund für die Verzögerung sein könnte. Eine Durchsage aus dem Lautsprecher sorgte für Ruhe, das Stimmengewirr erstarb: »Achtung, liebe Fahrgäste. Aus Sicherheitsgründen sind wir leider gezwungen, die Station Bayswater zu räumen. Wir bitten alle Fahrgäste, den Bahnhof auf dem kürzesten Weg unverzüglich zu verlassen. Bitte rennen Sie nicht. Eine unmittelbare Gefahr besteht nicht.«
    Siren konnte einfach nicht glauben, was er da hörte. Handelte es sich um eine Bombendrohung, oder wurde er jetzt gefaßt? Der Zug leerte sich schnell, und die Durchsage wurde mehrmals verlesen. Jemand rannte voller Angst durch den |352| Wagen, und Siren half einem alten Mann, den man zu Boden gestoßen hatte, wieder auf die Beine.
    Als der Zug leer war, blieb Siren auf seinem Platz sitzen und schaute durch das Fenster hinaus auf den Bahnsteig. Er stopfte sich fünf Diapam in den Mund, holte aus seinem Rucksack eine Flasche Malt-Whisky Glenmorangie und spülte die Tabletten hinunter. Der Versuch zu fliehen wäre sinnlos. Wenn die Station wegen ihm geräumt wurde, dann würde man alle Fahrgäste an den Ausgängen kontrollieren. Danach würden die Soldaten des Einsatzkommandos jeden Winkel der Station durchsuchen. Genau wie auf allen anderen Stationen, die er erreicht haben könnte. Siren wußte, wie die Profis arbeiteten. Er würde mit Sicherheit gefaßt werden. Es war klüger, im Zug zu warten. Wenn er einen Trupp für die Bombenentschärfung sah, wäre er in Sicherheit.
    Die Wirkung des Medikaments setzte schnell ein, und Siren entspannte sich. Er war überzeugt, daß es sich nicht um eine Bombendrohung handelte. Es wäre unsinnig, sich in den letzten Minuten seines Lebens selbst zu betrügen. Wer hatte ihn bloß verraten? Oder war Ketonen schlauer gewesen als er und dahintergekommen, was er plante? Auf jeden Fall war er im allerletzten Augenblick entlarvt worden, sonst hätte man ihn bereits auf dem Bahnhof Paddington verhaftet. Er war der Freiheit schon sehr nahe gewesen und hätte
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