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Finnisches Blut

Finnisches Blut

Titel: Finnisches Blut
Autoren: Taavi Soininvaara
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vor dem Passat stoppte an der Ampel.
    »Verflucht, bleib nicht hier stehen! Siren entkommt uns! Fahr trotz Rot weiter!« schrie Wrede aus vollem Halse.
    »Diese Rampe ist nur für Taxis«, antwortete der Fahrer.
    »Gottverdammter Idiot. Wenn du jetzt nicht sofort losfährst, dann schieße ich!«
    Die Reifen kreischten, als der Fahrer eine Lücke im Fahrzeugstrom entdeckte und den Passat beschleunigte.
    Wrede mußte unbedingt sehen, was Siren anhatte, bevor er im Menschenmeer auf dem Bahnhof untertauchte. Sein Herz schlug immer heftiger.
    Der Passat näherte sich dem Mercedes in vollem Tempo und war noch etwa hundert Meter von ihm entfernt, als Sirens Wagen anhielt und die Hintertür aufging. Die Gestalt des Generalmajors war Wrede so vertraut, daß er ihn sofort von hinten erkannte. Ein langer brauner Popelinemantel verdeckte die |342| anderen Kleidungsstücke. Seine blauen Segeltuchschuhe paßten nicht zu dem Mantel.
    Siren betrat den Bahnhof, während der Fahrer in das Mikrofon sprach und die Erkennungszeichen aufzählte. Wrede schnappte sich das Autotelefon, stieg aus und rannte los. Die schwere Brille hüpfte auf seiner Nase. Er stürmte durch die offene Tür hinein und blieb in der Halle stehen. Auf dem Bahnhof waren im Berufsverkehr höllisch viele Leute unterwegs. In der Mitte der Bahnhofshalle befanden sich die Gleise und ringsum überall Cafés, Restaurants, Geschäfte und vor allem Menschen. Wrede schaute sich um, Siren konnte noch nicht weit weg sein. Sein Puls hämmerte wie ein Asphaltbohrer. Jetzt durfte er nicht in Panik geraten. Es mußte einfach gelingen, Siren zu finden.
    Gerade als Wrede glaubte, die Nerven zu verlieren, sah er Siren etwa fünfzig Meter entfernt am Infoschalter vorbei zum Ende des Gleisbereichs gehen.
    Das Gedränge war so dicht, daß Wrede nicht rennen konnte. Er kam nur ruckweise voran, mußte zwischendurch zur Seite treten und schob manchmal die Menschen beiseite, bis er den Infoschalter erreichte. Er schaute auf das wogende Menschenmeer vor ihm und die Gleise hinter ihm und entdeckte einen blonden Haarschopf. Siren war schon weit weg und lief trotz des Gewühls rasch auf einen Mann zu, der einen schwarzen Anzug und ein schwarzes Basecap trug und vor John Menzies Zeitungsladen stand. Wrede sprintete los, den Blick auf Siren geheftet. Jetzt würde er sich den General schnappen.
    Siren stand hinter dem Mann mit dem Basecap, nahm aus der Innentasche seines Mantels einen Briefumschlag, schob ihn dem Mann unter die linke Achsel und nahm aus dessen rechter Hand einen Pilotenkoffer. Er schaute kurz in den Koffer |343| hinein und rannte dann los. Der dunkel gekleidete Mann drehte sich nicht um.
    Siren nahm Kurs auf die Treppe zur U-Bahn, Wrede war noch etwa dreißig Meter von ihm entfernt. Für einen Augenblick hatte er freie Sicht auf den General und fluchte, daß er nicht schießen konnte.
    Am Anfang der Rolltreppe wäre Wrede fast mit einem dunkelhaarigen, bärtigen Mann zusammengestoßen, der ihn kraftvoll beiseite stieß, mit großen Schritten die Treppe hinunterlief und dabei die Leute wegschob. Wrede folgte in seinem Fahrwasser. An den Ticketschaltern für die U-Bahn blieb Wrede stehen. Siren war nirgendwo zu sehen und Unterstützung auch nicht. Wrede schaute auf die Metrokarten an der Wand. In Paddington verkehrten vier verschiedene U-Bahn-Linien, jede in zwei Richtungen. Das waren acht Gleise. Acht Alternativen. Siren war verschwunden. Wredes Schultern sanken nach vorn, als ihm klar wurde, daß er versagt hatte. Wie viele Menschen würden seinetwegen leiden müssen.
    Wrede riß sich zusammen und unterrichtete über sein Handy Tissari, der versprach, die Informationen an Howell und Ketonen weiterzuleiten. Plötzlich hörte er oben auf dem Bahnhof einen undefinierbaren Lärm, so als würden Frauen kreischen. Er schaute hinauf und sah den Mann im Hawaihemd und in hellen Jeans nicht, der etwa zwanzig Meter links von ihm an der Fahrscheinkontrolle vorbeiging, zum Bahnsteig der Circle-Linie lief und ein Basecap trug, einen Rucksack und blaue Segeltuchschuhe.

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    In der Ferne war ein dumpfes Donnergrollen zu hören, und die Windböen kündigten einen Sturm an. Das Wetter interessierte Ratamo jedoch nicht, er lief mit hängendem Kopf in Richtung Hernesaari. Auf dem ganzen Weg von Hietalahti bis hierher hatte er krampfhaft nachgedacht, damit ihm irgend etwas einfiel, um zu verhindern, daß der SVR mit ihm und Nelli machte, was er wollte. Ihm standen jedoch keine anderen Waffen zur
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