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Finnisches Blut

Finnisches Blut

Titel: Finnisches Blut
Autoren: Taavi Soininvaara
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ist.«
    »Der SVR kann Nelli nicht töten. Womit soll er dich danach erpressen?«
    Pirkko hörte sich besorgt an. Trotz seiner schrecklichen Lage fand Ratamo Trost bei dem Gedanken, daß sich jemand um ihn Sorgen machte. »Vielleicht lassen sie uns gehen, wenn ich ihnen die Formel des Gegenmittels überlasse und sage, daß ich sie auch der Polizei gegeben habe. Dann nützt es dem SVR nichts, wenn er mich umbringt.« Ratamo begründete so seine Entscheidung gegenüber Pirkko und gewissermaßen auch vor sich selbst.
    »Das ist Unfug. Glaub mir. Der SVR will dich hinrichten. Solange du lebst, kannst du die Formel für das Gegenmittel immer auch anderen geben.«
    Ratamo begriff plötzlich, daß Pirkko gar nichts von den Ereignissen am Morgen wußte. Er erzählte es ihr kurz.
    Pirkko dachte einen Augenblick nach.
    »Vielleicht hört dich auch die Aufklärungsabteilung ab. Geh los, Arto. Man kann dich während deiner Telefongespräche anpeilen und weiß, wo du bist. Glaub mir, ich habe die Möglichkeit, das alles in Ordnung zu bringen. Wir reden …«
    »Du kannst das nicht in Ordnung bringen, und ich will nicht, |333| daß du in Lebensgefahr gerätst. Ich hole jetzt Nelli nach Hause.«
    Ratamo beendete das Gespräch und schaltete das Handy aus. Er schwitzte so, daß die Weste auf seiner Haut klebte, aber tief in ihm lag ein eiskalter Stein.
    Ihn plagte ein quälendes Verlangen nach Kautabak.

|334| 58
    Es war kurz vor zwölf. Ketonen hatte eine Zigarette nach der anderen geraucht und das schon so lange, daß sein Zimmer an eine Rauchsauna erinnerte. Musti lief unruhig und mit hängendem Kopf umher. Ketonen öffnete das Fenster und stellte überrascht fest, daß dunkle Wolken den Himmel bedeckten und Wind aufgekommen war. Ein Gewitter mußte schon sehr nahe sein.
    Er machte sich Vorwürfe, weil er Vairiala so spät zum Verhör hatte holen lassen. Jetzt war es unwahrscheinlich, daß Wrede Siren rechtzeitig fand. Der Spruch »Wer sucht, der findet« dürfte diesmal nicht zutreffen. War er schon zu alt, um harte Entscheidungen zu treffen oder diesen höllischen Streß auszuhalten?
    Plötzlich hinkte Tissari herein, ohne anzuklopfen. Er sah aus, als hätte er den Verstand verloren.
    Als Ketonen hörte, was der Mann zu berichten hatte, sah er genauso bestürzt und fassungslos aus. Zwei Säufer hatten mitten im Freizeitpark von Uutela Ebola-Helsinki-Blut gefunden. In der Hoffnung auf einen Finderlohn hatten sie die Kühlbox ins Krankenhaus von Herttoniemi gebracht. Was für ein Ungeheuer war dieser Siren eigentlich? Der Mann hatte Minen mit Killerviren in Finnland ausgelegt. Gab es noch mehr? Ketonen erstarrte, als ihm klar wurde, daß man Siren kein Haar krümmen durfte, bevor er nicht gesagt hatte, wo überall Blutröhrchen lagen.
    |335| Das Telefon klingelte. Ketonen meldete sich gereizt, beruhigte sich aber, als er wie auf Bestellung Wredes Stimme hörte. Siren war gefunden. Er hatte gerade das Hotel verlassen. Ketonen schaute instinktiv auf seine Uhr, es war elf Uhr neunundvierzig. Sie hatten Siren tatsächlich kurz vor Toresschluß entdeckt. Er befahl Tissari ans Telefon und sagte ihm, er solle alles, was er von Wrede hörte, auf einer anderen Leitung an Howell vom SAS weitergeben. Tissari sollte auch klarstellen, daß Siren auf keinen Fall getötet werden durfte.
    Warum passierte immer alles zur gleichen Zeit, stöhnte Ketonen. Außerdem mußte er noch Arto Ratamo retten. Er bat seine Sekretärin, ihn mit der Ärztin zu verbinden.
    Die berichtete, das Gegenmittel gegen die Thiopental-Mixtur wirke gut, aber Vairiala habe während der letzten zwölf Stunden so viele Arten von Gift erhalten, daß sein Organismus völlig durcheinandergeraten sei.
    Die Ärztin war in der Regel übervorsichtig, also vermutete Ketonen, daß Vairiala bei vollem Bewußtsein war. Er bat die Ärztin, mit dem Wachposten in Vairialas Zelle zu kommen.
    Vairiala lag im Trainingsanzug auf der Pritsche. Er war kreidebleich und erinnerte sich von dem Augenblick an, als die Ärztin ihm das Wahrheitsserum gespritzt hatte, an nichts. Hatte er alle seine Geheimnisse verraten? War seine Karriere zu Ende? Und was geschah wohl inzwischen an der Börse? Warum hatte er nicht wenigstens einen Teil seiner Aktien schon gestern verkauft? Wenn die Börsenkurse jetzt einbrachen, dann stünde er vor dem Nichts. Er fühlte sich wie ein Alkoholiker bei einer Entziehungskur.
    Die Ärztin und der Wachposten blieben an der Tür stehen, als Ketonen in der Zelle erschien und
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