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Finnischer Tango - Roman

Finnischer Tango - Roman

Titel: Finnischer Tango - Roman
Autoren: Taavi Soininvaara
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Tür – Saari.
    In der zweiten Etage öffnete Eeva ihre Wohnungstür, betratden engen Flur und bemerkte zu ihrer Überraschung, dass Kirsi endlich einmal daran gedacht hatte, die Wohnzimmertür zu schließen. Das war gut so, denn jetzt roch man den orientalischen Pfeifentabak, den ihr Nachbar, ein arbeitsloser Musiker, rauchte, nur im Flur. Durch welches Loch gelangte der Geruch bloß in ihre Wohnung?
    Eeva setzte ihren Hut ab, zog die Stiefel aus und griff gerade nach dem Reißverschluss ihres Mantels, als sie im Wohnzimmer etwas hörte. Ein metallisches Geräusch. War Kirsi doch schon zu Hause? Sie öffnete die Wohnzimmertür und schaute in das schwarze Auge eines Pistolenlaufes. Eeva schrie auf und wandte sich zur Flucht, aber eine kräftige Hand packte sie an der Schulter und drehte sie herum.
    Der Mann zog sie an sich heran, ihre Blicke trafen sich, und Eeva wich das Blut aus dem Kopf. Der Eindringling mit der Waffe in der Hand war ein Araber. Hing das irgendwie mit Adil zusammen?
    Der breitschultrige Mann zerrte sie ins Wohnzimmer, und wieder stieß Eeva einen Angstschrei aus: Vor dem Bücherregal standen ein paar Meter voneinander entfernt zwei Metallstangen, zwischen denen, mit Ketten befestigt, ein Mensch hing wie ein X. Der nackte und bewusstlose Mann war an den Ketten gespannt wie ein Tierfell zum Trocknen. Einen Schenkel und die linke Schulter bedeckten rot verfärbte Verbände, und unter ihm war eine Plastikplane ausgebreitet.
    Eeva schluckte und spürte ihren Herzschlag im Hals. Sie traute ihren Augen nicht. Genau solche Sinnestäuschungen hatte sie in der Amphetaminpsychose gehabt. Das konnte doch nicht wahr sein, sie hatte seit über einem Jahr keine Drogen genommen. Panik befiel sie, ihr war schwindlig. Was würde man ihr antun? Wie …
    Der dunkelhaarige Mann drückte sie grob auf das Sofa und setzte sich selbst in einen Sessel.
    »Ich habe einen Auftrag für Sie«, sagte er auf Englisch mit verblüffend weicher Stimme.
    Eeva begriff überhaupt nichts mehr, der Mann hörte sich regelrecht freundlich an. »Was zum Teufel geschieht hier? Was wollen Sie? Hängt das mit Adil zusammen?«
    »Wir wissen alles über Sie, auch den Namen ihres ehemaligen Freundes. Doch Adil al-Moteiri hat mit meinem Besuch nichts zu tun. Sie können mich ›den Türken‹ nennen, den Namen sollten Sie sich merken«, erwiderte er.
    Eeva überlegte, in welchem Teil der Welt Englisch mit solch einem Akzent gesprochen wurde. Und warum sah das Gesicht des Mannes so fleckig aus? Sie ballte die Fäuste, dass es schmerzte, ihre Beine zitterten, und der Schweiß floss in Strömen. Sie öffnete den Reißverschluss ihres Wintermantels.
    »Ich möchte, dass Sie den Behörden gewisse … Informationen übermitteln.« Der Türke zündete sich eine filterlose Zigarette an und drehte sie zwischen den Fingern.
    »Hören Sie jetzt ganz genau zu. Dieser Kerl da ist ein unbedeutender Drogendealer …« Er zeigte mit der Zigarette voller Abscheu auf den gekreuzigten Mann. »… aber sein Arbeitgeber Wassili Arbamow ist gerade dabei, auf schnellstem Weg den europäischen Drogenmarkt zu erobern. Arbamow hat sich tausend Kilogramm Heroin beschafft, mit denen er zur Zeit den gesamten europäischen Markt überschwemmt. Der Russe wendet eine alte und gut funktionierende Taktik an: Zunächst verkauft er den Stoff zu einem Spottpreis, um für eine gewaltige Menge Drogenabhängiger zu sorgen, und wenn er den Heroinmarkt dann erobert und Tausende dieser armen Schweine geködert hat, erhöht er den Preis seiner Ware allmählich. Eine einfache, aber wirkungsvolle Methode.«
    Verblüfft stellte Eeva fest, dass sie keine Angst vor dem Türken hatte. Sein Blick war freundlich, der Ton, in dem ersprach, ruhig, und in seinem ganzen Benehmen lag nicht die Spur von Aggressivität. »Wie … was hat das alles mit mir zu tun?«
    »Überhaupt nichts, wir wollen nur, dass Sie den finnischen Behörden berichten, was Sie eben gehört haben.«
    »Warum sollte ich …«
    »Arbamow erobert zur Zeit mit seinem preisgesenkten Heroin auch den finnischen Markt. Und es geht um viel Geld. Wir reden von Hunderten Millionen Euro. Sie verstehen sicherlich, dass die finnischen Behörden für diesen Tipp dankbar sein werden.« Der Türke fuhr sich ungeduldig durch sein pechschwarzes, kurzgeschnittenes Haar.
    »Ich kann doch nicht …«
    »Dieses Aas heißt Arkadi Kirilow.« Der Türke deutete mit einer Kopfbewegung auf den Mann, der an den Ketten hing, und wiederholte dann in aller
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