Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Filmriss

Filmriss

Titel: Filmriss
Autoren: Olaf Buettner
Vom Netzwerk:
hinguckt.
    Benny hat sich inzwischen hinter uns aufs Sofa gelegt. Als er zum zweiten Mal mit der Zigarette in der Hand einschläft, wecke ich ihn. Wenn Glut aufs Sofa fällt, steht die Bude schneller in Flammen, als wir gucken können.
    »Was ist denn los?« Er stiert mich an, scheint mich aber nicht zu erkennen. »Lass mich pennen. Ich geh nicht in die Schule.« Er hat keine Ahnung, wo er ist.
    »Sollst du auch nicht«, sage ich. »Aber wie wär es mit nach Hause gehen? Du pennst in einer Tour ein.«
    »Na und?« Er hat die Augen längst wieder zu und rollt sich auf der Couch zusammen wie eine Katze. Zuerst kommt es mir so vor, als hätte er die Kippe gleich mit eingerollt, aber dann seh ich sie auf dem Boden liegen. Ich heb sie auf und drück sie im Aschenbecher aus.
    »Lass uns kuscheln, ja?« Marlons Worte sind noch ziemlich klar trotz der Unmengen Alkohol, die er in den letzten Stunden in sich reingekippt hat. Gerade hat er noch Karsten beim Kickern abgezogen und lässt sich auf einen Sessel fallen. »Nun komm schon.«
    Ich bin sauer und will eigentlich nicht, setze mich dann aber doch zu ihm auf die Lehne. Vor allem, weil ich nicht will, dass Frieda sich wieder an ihn ranmacht.
    Plötzlich kommt Benny hoch und wandelt wie ein Schlafwandler zu seinem Laptop, um neue Musik anzustellen.
    Frieda hat sich inzwischen gefrustet auf einen Sessel zurückgezogen und schmollt vor sich hin, weil offenbar sogar dieser blöde Karsten sie abblitzen lässt. Dabei glaub ich eigentlich, dass der sich nur nicht so richtig rantraut. Dummerweise läuft nichts zwischen den beiden.
    Karsten kommt mit offenem Hosenstall von draußen rein.
    »Hast du nicht irgendwas von den Hosen auf deinem Ding da?«, fragt er Benny.
    Der schüttelt nur genervt den Kopf, während Karsten anfängt zu grölen: »Kein Alkohol ist auch keine Lösung! Ich hab es selber ausprobiert!«
    Womit endgültig klar sein dürfte, dass er nicht zufällig die gleiche Frisur hat wie Campino. Nur dass Karsten bestenfalls ein halb so großes Hirn hat wie sein großes Vorbild. Ich würde gern mit jemandem darüber ablästern, aber alle sind inzwischen so voll, dass wahrscheinlich keiner mehr checken würde, was ich überhaupt will.
    »Was hast du gesagt?«, fragt Marlon mich.
    Er zieht mich auf seinen Schoß, nicht gerade sanft. Wir kennen uns schon so lange. Ich weiß, dass er manchmal ausrasten kann. Dann blitzt und funkelt es kämpferisch in seinen Augen. Auch deshalb haben viele Respekt vor ihm. Aber jetzt ist er nicht wütend, nur entschlossen und nicht mehr ganz nüchtern. Der seltsame Augenblick vergeht, und er nimmt mich schon wieder viel zärtlicher in den Arm.
    Meine Selbstgespräche über Erbsenhirne interessieren ihn nicht wirklich. Dafür fängt er sofort an zu knutschen, was ich auch viel besser finde als reden. Dass er in der anderen Hand die Pulle hält, gefällt mir allerdings weniger.
    »Krieg ich auch einen Schluck?«
    Eigentlich so ziemlich das Blödeste, was ich sagen konnte, aber gesagt ist gesagt. Marlon lächelt und hält mir vorsichtig die Flasche an die Lippen.

Teil 2

7
    »Fandst du es denn ganz daneben?« Marlon drückt seine Zigarette im Aschenbecher aus.
    »Quatsch.«
    Es ist Sonntagabend, wir sind allein in der Hütte am Strand, schon seit ein paar Stunden. Wir liegen auf dem Sofa, unter zwei dicke Decken gekuschelt, weil es kalt ist. Auf dem alten Digitalwecker leuchten die Ziffern: 21.02 Uhr.
    »Ich fand es trotzdem schön«, sage ich leise und streichle seine Brust. »Nein, nicht trotzdem: Ich fand es schön. Und find es immer noch schön, dass wir hier zusammen sind.«
    »Das sagst du nur so, oder?«
    Am Nachmittag hatte er mich angerufen. »Ich bin in der Hütte, ganz allein. Magst du kommen?«
    Es klang, als ob irgendwas Besonderes wäre.
    »Klar. In fünf Minuten bin ich da.«
    Ich schlich aus dem Haus. Ich wollte nicht, dass mein Vater etwas mitbekam und mich ausfragte, schließlich war ich erst spät in der Nacht nach Hause gekommen.
    Als ich bei der Hütte ankam, hörte ich schon von draußen Marlons Gitarre und seine Stimme, die dazu sang. In meinem Bauch spürte ich gleich wieder ein Kribbeln. Als ich die Tür öffnete, hörte er auf zu spielen. Offensichtlich hatte er aufgeräumt und etwas sauber gemacht. Mein Herz setzte kurz aus, als ich die Dekoration bemerkte: Überall im Raum waren brennende Kerzen verteilt. Marlon kam auf mich zu und lächelte mich an. Er hatte diese Brille mit dem dunklen Rand auf, die er nur trägt,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher