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Filmriss

Filmriss

Titel: Filmriss
Autoren: Olaf Buettner
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geöffnete Hand hin, starre sie an. Sie überlegt kurz, ob sie mir den Whisky wirklich geben soll, und tut es dann. Ich lasse das Zeug ein bisschen in der Flasche kreisen, bevor ich ansetze.
    Auch ich schlucke dreimal, genau wie Frieda. Was danach passiert, kann ich allerdings nicht mehr kontrollieren. In meinem Mund brennt es zuerst wie Feuer, dann schießen die Flammen runter in meine Eingeweide. Im nächsten Moment springen mir die Augen aus dem Kopf.
    Ich kann nicht aufhören zu röcheln. Das Ganze entwickelt sich zum oberpeinlichen Hustenanfall. Und dann kommt mir das Zeug wieder hoch. Das ist so widerlich. Ich kann es nicht aufhalten und spucke alles in hohem Bogen raus. Von den Bratkartoffeln, die mein Vater heute Abend gemacht hat, kommt gleich auch noch was mit.
    Ich check nichts von dem, was um mich her passiert, höre nur das Lachen der anderen. Als ich die Augen schließlich wieder aufmache, seh ich Benny, der mit Taschentüchern meine Sauerei beseitigt. Die Übrigen gucken nur zu, auch Marlon hilft Benny nur zögerlich.
    »Danke«, sage ich ganz leise zu Benny.
    Ich geh zur Toilette, um mir den Mund auszuspülen, aber obwohl ich das ein paar Minuten lang mache, werde ich den Geschmack nicht wieder los. Es ist nicht einfach, danach zurückzugehen und so zu tun, als sei nichts passiert. Es stinkt alles noch total nach Kotze, aber zu sehen ist nichts mehr.
    Benny hat die Tücher in einer Plastiktüte gesammelt und bringt sie nach draußen. Bei alldem guckt er kein bisschen anders aus der Wäsche. Es scheint fast, dass es ihm nichts ausmacht.
    Ich gehe ihm hinterher und bedanke mich noch mal.
    »Sag mal«, frage ich dann, »was ist denn das für einer?«
    Benny steckt sich eine an.
    »Karsten?«
    Ich nicke.
    »Wenn du mich fragst, ein Vollidiot. Oder einfach nur ein Angeber, wie du willst. Den hat damals irgendeiner aus der Band angeschleppt. Der hat echt von nichts ’ne Ahnung, nur davon, wie man einen auf dicke Hose macht. Tut immer so, als könnte er jede Frau haben. Aber wenn eine auftaucht, ist er der Erste, der wegrennt. Wenn du es genau wissen willst: Der hat die totalen Komplexe.«
    Wir setzen uns auf die kleine Holzbank direkt neben der Tür.
    »Der tut auch immer so Wunder, wen er kennt. Aber das ist alles gelogen. Ich glaub, der wohnt bei seiner Oma, obwohl er über zwanzig ist. Allein kriegt der nix auf die Reihe.«
    Am Himmel kämpft sich die Sonne zaghaft durch die Wolken, verschwindet aber schnell wieder. Es ist ziemlich windig.
    »Was findet Marlon denn an ihm?«, frage ich.
    »Keine Ahnung. Jedenfalls hat Karsten es damals geschafft, sich bei Marlon einzuschleimen. Es muss was vorgefallen sein. Hat mich nicht interessiert. Ich war froh, als wir den los waren.«
    »Kommst du mit rein?«
    Ich steh von der Bank auf.
    »Sofort. Ich rauch nur noch eben zu Ende.«
    Um zwölf ist kaum noch einer nüchtern. Selbst dieser komische Karsten verliert allmählich seine Hemmungen und grölt laut mit: »Sie hat den Monster-Body mit dem Monsterblick!« Beim Mitgrölen ist er nicht alleine, fast alle fallen mit ein.
    Ich glaub, ich bin die Einzige, die nicht voll ist. Das Gekotze gleich am Anfang war mein Glück, danach hab ich kaum noch was getrunken, nur eine halbe Flasche Bier oder so. Ich hatte Angst, dass es wieder nicht drinbleibt. Das war einfach zu peinlich.
    Karsten hat nach dem Whisky noch ein paar andere Flaschen aus seiner Plastiktasche gezaubert. Alles so braunes Zeug, Weinbrand und Rum.
    Frieda und Marlon schütten sich alles von oben in den Hals, so aus zehn, zwanzig Zentimetern Entfernung. Ich kann da nicht hingucken, ohne dass es mir wieder hochkommt. Die beiden haben damit scheinbar kein Problem.
    Wir drei sitzen ans Sofa gelehnt auf dem Boden, Marlon in der Mitte.
    »Wer spielt eigentlich den Tarzan«, fragt Marlon, »wenn du die Jane bist?«
    Es geht wieder mal um dieses Schul-Musical, mit dem Frieda in letzter Zeit dauernd angibt, obwohl noch gar nicht feststeht, ob sie überhaupt mitspielen darf.
    »Keine Ahnung«, sagt Frieda. »Ist mir aber auch egal, wenn du es schon nicht sein kannst.«
    »Nee«, meint Marlon, »selbst wenn ich an deiner Schule wär: Musicals sind absolut nichts für mich. Einfach nicht meine Welt, das weißt du.« Er lacht und winkt ab.
    Frieda steht auf und geht zu Karsten, der in einer Ecke vor sich hin zappelt, soll wohl so was wie tanzen sein. Sie scheint ihn offenbar interessant zu finden. Jedenfalls lässt sie sich von ihm betatschen, gerade jetzt, wo Marlon
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