Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Titel: Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)
Autoren: Lev Grossman
Vom Netzwerk:
Jollybys Stelle sterben sollen. Es war seine Bestimmung gewesen, auf diese Lichtung zu gehen und dort zu sterben. Aber er hatte es nicht getan, und so musste Jollyby stattdessen sein Leben lassen.
    »Vielleicht gibt es gar keine Erklärung«, sagte er laut. »Vielleicht ist es einfach ein Mysterium. Wieder nur eine weitere verrückte Station auf Fillorys Magical Mystery Tour. Ohne Grund, aus heiterem Himmel. Unerklärlich.«
    Eliot gab sich damit nicht zufrieden. Zwar war er noch immer derselbe Eliot, der träge Säufer von Brakebills, doch als Oberkönig von Fillory hatte er einen unbekannten Wesenszug enthüllt, nämlich eine erschreckende Strenge.
    »Wir können keinen unerklärlichen Todesfall in unserem Königreich dulden«, verkündete er. »Kommt gar nicht in Frage.« Er räusperte sich. »Wir werden folgendermaßen vorgehen: Ich werde den Fenwicks für alle Fälle Angst vor Ember einflößen. Das sollte kein Problem sein, schließlich sind das alles schwule Schlappschwänze. Ich muss es wissen, schließlich bin ich selbst einer.«
    »Und wenn es nicht funktioniert?«, fragte Janet.
    »Dann, Janet, wirst du die Lorians unter Druck setzen.« Die Lorians waren Fillorys Nachbarn im Norden, und Janet war verantwortlich für außenpolitische Beziehungen. Quentin nannte sie deswegen Fillory Clinton. »In den Büchern stecken die immer hinter allem Bösen. Vielleicht wollen sie die Macht an sich reißen, diese idiotischen, lächerlichen Pseudowikinger. Aber jetzt lasst uns bitte mal für einen Moment über etwas anderes reden.«
    Doch sie hatten nichts anderes zu bereden, und so verfielen sie in Schweigen. Keiner war besonders glücklich über Eliots Plan, am wenigsten Eliot selbst, aber sie hatten keinen besseren, ja, nicht einmal einen schlechteren. Sechs Stunden nach dem Vorfall waren Julias Augen noch immer schwarz von dem Zauber im Wald. Der Effekt war beunruhigend. Sie hatte keine Pupillen, und Quentin fragte sich, was sie sehen mochte, das ihnen verborgen blieb.
    Eliot kramte in seinen Unterlagen, auf der Suche nach weiteren Tagesordnungspunkten, aber die machten sich rar.
    »Es wird Zeit«, sagte Julia. »Wir müssen ans Fenster gehen.« Jeden Tag nach ihrem Treffen traten sie auf den Balkon, um den Menschen zuzuwinken.
    »Verdammt«, entfuhr es Eliot. »Na schön.«
    »Vielleicht sollten wir es heute lieber seinlassen«, schlug Janet vor. »Ich finde es irgendwie unpassend.«
    Quentin wusste, was sie meinte. Der Gedanke, dort draußen auf dem schmalen Balkon zu stehen und mit gefrorenem Lächeln auf ihren Gesichtern majestätisch die Einwohner von Fillory zu grüßen, die sich für das tägliche Ritual zusammengefunden hatten, kam ihm schräg vor. Dennoch.
    »Ich finde, wir sollten es tun«, riet er. »Gerade heute.«
    »Wir nehmen Huldigungen für das Nichtstun entgegen.«
    »Wir vermitteln den Leuten Kontinuität angesichts der Tragödie.«
    Nacheinander begaben sie sich auf den schmalen Balkon. Im Schlosshof tief unten, am Fuße des schwindelerregend hohen Turms, hatten sich einige hundert Bewohner Fillorys versammelt. Aus dieser Höhe sahen sie unwirklich aus wie Puppen. Quentin winkte ihnen zu und seufzte: »Ich wünschte, wir könnten mehr für sie tun.«
    »Was denn?«, erwiderte Eliot. »Wir sind Könige und Königinnen eines magischen Utopias.«
    Jubel stieg zu ihnen auf, schwach, blechern und fern wie das Geschepper einer musikalischen Grußkarte.
    »Wie wäre es mit einigen Reformen zur Modernisierung? Ich möchte den Menschen gerne irgendwie helfen. Wäre ich einer unserer Untertanen, würde ich mich als aristokratischen Parasiten absetzen.«
    Als Quentin und die anderen den Thron bestiegen hatten, besaßen sie nur eine vage Vorstellung dessen, was sie erwartete. Quentin war irgendwie davon ausgegangen, sie hätten zeremonielle Pflichten zu erfüllen, müssten eine führende Rolle in der Politik spielen und Verantwortung für die Wohlfahrt der Nation tragen, über die sie herrschten. Doch in Wahrheit gab es nicht viel Konkretes zu tun.
    Sonderbarerweise vermisste Quentin genau das. Er hatte erwartet, dass Fillory ähnlich wie ein mittelalterliches England aussähe, oberflächlich betrachtet zumindest. Seine Vorstellungen waren von der europäischen Geschichte geprägt, soweit er sich daran erinnern konnte. Er war angetreten, das bewährte aufgeklärte humanistische Weltbild zu vertreten, nichts Außergewöhnliches, nur die Greatest Hits, und als treibende Kraft im Einsatz für das Gute in die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher