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FIDER (German Edition)

FIDER (German Edition)

Titel: FIDER (German Edition)
Autoren: Niels Peter Henning
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von sieben Jahren gerade einmal bis zum Unterführer geschafft. Dabei könnten Sie längst … was sein? Hauptfeldmeister?«
    Petursson schaut noch immer geradeaus, als er antwortet. »Stabsfeldmei ster, nehme ich an.«
    Vieth nickt. »Stabsfeldmeister. Es hat aber nur zum Unterführer gereicht. Dabei hatten Sie ganz andere Ziele, nicht wahr?« Vieth weist kurz mit einer Kante seines Kinns auf den Aktendeckel. »Offizier wollten Sie werden, wenn man diesen Aufzeichnungen Glauben schenken darf. Doch dieses Ziel haben Sie sich seinerzeit gründlich verbaut. Ich möchte gerne wissen, welcher Teufel Sie geritten hat, sich im Alter von nur 16 Jahren mit einem gestohlenen Ausweis bei einem Anwerber zu melden.«
    Petu rsson blickt noch immer geradeaus. »Waren Sie schon einmal in einem Waisenhaus, Herr Vieth? Ich meine damit nicht ein Waisenhaus bei Ihnen im Süden, sondern eines der hiesigen Waisenhäuser.«
    Vieth schüttelt den Kopf. Petursson sieht es offenbar aus den Aug enwinkeln. »Dann können Sie meine Motive auch nicht nachvollziehen.«
    Glowna kommentiert den Satz mit einem kurzen Schnauben. Ob er damit Zustimmung oder Kritik zum Ausdruck bringen will, bleibt sein Geheimnis.
    Vieth grinst kurz und klatscht einmal in die Hände, als wolle er eine Art Aufbruchstimmung erzeugen. »Nun gut, gehen wir nicht näher darauf ein. Sagen wir einfach, Sie hatten keine einfache Jugend. In jedem Fall ist Ihre kleine Schummelei ziemlich bald aufgeflogen und Sie wurden … nun, nennen wir es ›unehrenhaft entlassen‹.«
    »Einen Tritt in den Arsch hat er gekriegt«, poltert Glowna und schaukelt auf seinem Stuhl vor und zurück wie ein kleines Kind, das sich über einen neuen Teddybär freut.
    Vieth schenkt dem Kompagniechef keinerlei Beachtung. Petursson tut es ihm gleich.
    »Sie blieben aber hartnäckig«, fährt Vieth fort. »Bevor Sie es noch einmal versuchten, fingen Sie zunächst eine Lehre als Automechaniker an.«
    »Ich war nur der Handlanger«, wirft Petursson ein. Auch wenn sich in seine Stimme keinerlei Emotion einschleicht, so lässt Petursson doch keinen Zweifel daran, wie er zu seiner Arbeit in der Werkstatt steht. »Gelernt habe ich dort nichts.«
    »Die ehemalige Werkstatt Ihres Vaters«, sagt Vieth. »Die einzige Stelle, die Sie auf die Schnelle hatten bekom men können, nehme ich an. Zwei Jahre lang haben Sie es dort ausgehalten, dann haben Sie einen zweiten Anlauf bei der Volksarmee gewagt, gleich an Ihrem achtzehnten Geburtstag. Diesmal mit Erfolg. Weswegen waren Sie so versessen darauf, Soldat zu werden?« Vieth zögert nur kurz, bevor er die Frage selbst beantwortet: »Es lag an Ihrem Großvater, nicht wahr? Dem heldenhaften Offizier. Ihre Mutter hatte Ihnen als Kind die Geschichten aus dem Teilungskrieg erzählt. Für Sie war er der Größte, nehme ich an. Dabei hatte ihn die eigene Wachmannschaft erledigt, als er nach einem Saufgelage versuchte, sich in die Kaserne zu schleichen. Aber das haben Sie erst viel später erfahren. In jedem Fall konnten Sie sich eher mit Ihrem Großvater identifizieren als mit Ihrem Vater, nicht wahr?«
    Diesmal verzieht Petursson die Mundwinkel. Minimal. Kurz. »Ein versoffener und gewalttätiger Automechaniker, der ständig am Rande des Bankrotts entlang wandert, ist nicht gerade ein erstrebenswertes Vorbild, Herr Vieth. Deswegen war ich auch nicht allzu traurig, als er seiner jämmerlichen Existenz ein Ende setzte.«
    »Verständlich. Schade nur, dass er Ihre Mutter mit in den Tod genommen hat. Und Sie sind nur davongekommen, weil Sie gerade an diesem Tag von der Schule ausgebüxt waren und sich bi s in den Nachmittag hinein irgendwo herumgetrieben hatten. Wären Sie nach dem Unterricht nach Hause gegangen, wie Sie es an jedem Tag getan haben, dann wären auch Sie an der Reihe gewesen. Eine schlimme Geschichte. Aber Sie haben es erstaunlich gut weggepackt und Ihren Weg gemacht. Sie hätten in der Volksarmee Karriere machen können. Aber dummerweise vergisst die Volksarmee nicht so schnell. Deswegen hat man Ihnen Ihre kleine Schummelei mit den gestohlenen Papieren bis heute nicht vergeben. Ansonsten könnten Sie schon lange Offizier sein.«
    »Bei meiner Schulbildung und meiner Vorgeschichte darf ich das sicherlich nicht erwarten.« Erneut gelingt es Petursson, eine Mischung aus Enttäuschung und Verbitterung zum Ausdruck zu bringen, obwohl er alle Emotionen aus seiner Stimme verbannt.
    Vieth faltet seine Hände auseinander und setzt sich wieder aufrecht hin.
    »Herr
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