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Fia die Betoerende

Titel: Fia die Betoerende
Autoren: Connie Brockway
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man rechnen muss.“
    Sie lachte, und der gespenstische Laut war so leicht und flüchtig wie Sonnenstrahlen, die auf dem Wasser glitzern, und lockte ihn, näher zu treten.
    „Ich denke nicht“, antwortete sie, während er auf sie zukam. Sie wandte sich um und schwebte über den steinigen Boden, so anmutig und elegant wie eine Feder auf dem Wasser. Er folgte ihr, geblendet von ihrer Schönheit, gefesselt, so wie er es schon vor vielen Jahren gewesen war, von ihrer Frische, der offensichtlichen Bewunderung, die sie ihm entgegenbrachte.
    „Warte! Was denkst du nicht?“
    Sie warf ihm über ihre Schulter einen Blick zu, winkte ihm, mit ihr zu kommen. „Ich denke nicht, dass das der wahre Grund dafür ist, warum du dich hierher bemüht hast, Ronald.“
    Wie konnte sie es wagen, was er gesagt hatte, infrage zu stellen?
    „Tatsächlich?“ Er sprach dieses eine Wort hochfahrend, aber sie lachte bloß und ging weiter, so dass er sich beeilen musste, mit ihr Schritt zu halten.
    „Ich glaube vielmehr, dass du Thomas umbringen willst, weil, solange er lebt, die McClairen am Ende gewonnen haben!“ flüsterte sie ihm verschwörerisch zu, fast wie ein unartiges Kind, das ein Geheimnis verrät.
    „Sie haben nicht gewonnen!“
    „Aber das werden sie.“ Schließlich blieb sie stehen.
    „Oh doch, Ronald“, sagte eine Frauenstimme.
    Langsam drehte er sich um. Eine alte Vettel stand hinter ihm, unter dem Gewicht ihres schweren grauen Mantels gebeugt, einen schwarzen Schleier verdeckend über die eine Hälfte ihres Gesichtes gezogen, so dass nur die grässlich entstellten Züge der anderen zu sehen waren, eine zerstörte Nase, ein eingesunkenes Auge und ein schlaffer, verunstalteter Mund.
    „Wer bist du?“ verlangte er zu wissen, verärgert darüber, dass sie sein Gespräch mit Janet unterbrochen hatte.
    „Gunna“, sagte sie.
    Er durchforstete sein Gedächtnis. „Du bist Fias Kindermädchen!“
    „Aye.“
    Er schnaubte abfällig. „Himmel, duldet sie immer noch so etwas wie dich in ihrer Nähe? Hat sie denn jetzt völlig den Verstand verloren?“ Er stieß ein grausames Lachen aus und blickte über seine Schulter, um nachzusehen, ob Janet seinen Scherz zu würdigen wusste. Ihr Blick war fest auf das verunstaltete Geschöpf vor ihm gerichtet, und eindeutig war Wiedererkennen in ihren schönen dunklen Augen zu lesen.
    „Nein. Aber ich denke, Sie haben das“, sagte Gunna. Irgendetwas stimmte hier nicht. Die Art und Weise, wie sie sprach . . . Seine Augen weiteten sich entsetzt. Wo war der schwere, beinahe unverständliche schottische Dialekt der Alten geblieben? Warum klang sie mit einem Mal wie Janet?
    „Wer bist du?“
    „Das habe ich Ihnen doch schon gesagt“, erwiderte sie. „Gunna.“
    „Nein.“ Er schüttelte den Kopf und war sich, während er das tat, schmerzlich bewusst, dass Janet ihn nachäffte, ihren Gespensterkopf mit zunehmender Heftigkeit schüttelte, während ihre Lippen die Worte „nein, nein, nein“, formten.
    Gunnas Mund verzog sich zu dem Zerrbild eines Lächelns. „Aber es gab eine Zeit, die lange vorbei und längst vergessen ist, als ich jemand anders war. Jemand, den es nicht länger gibt.“
    „Und wer soll das sein?“ fragte er sie barsch, und ein Schauer der Angst durchlief ihn.
    „Janet McClairen“, lautete ihre leise Antwort.
    Er riss den Kopf herum und schaute zu Janet. Sein Blick traf auf ihr übermütiges Lächeln. Sie zuckte vielsagend die Schultern. „Unmöglich“, stieß er hervor. „Ich habe dich umgebracht. Ich habe dich selbst von . . .“ Er brach jäh ab und schaute sich um, als erwachte er eben aus einem Traum. Erst da fiel ihm auf, wo er sich befand, wo sie ihn hingeführt hatte.
    Er stand auf dem Klippenpfad unterhalb des alten Küchengartens, über den Felsen, auf denen Janet gestorben war. Entsetzt starrte er in die Tiefe, wo die Brandung gegen das steinige Ufer schlug.
    „Du bist tot“, flüsterte er.
    „Nein. Ich wurde verletzt, oh . . . sehr, sehr schwer verletzt. Aber ich besaß noch meinen Verstand. Ich klammerte mich an ein Stück Treibholz. Die Strömung trug mich fort, weit ab vom Ufer, wo zufällig vorüberfahrende Fischer mich fanden und retteten.“
    Er schaute auf, und Unverständnis überschattete das strahlende Blau seiner schönen Augen. Die Alte hob eine Hand und zog an dem Schal. Er fiel herab und enthüllte ein Janusgesicht, eine entsetzliche Verschmelzung von Schönheit und Zerstörung, die umso beunruhigender war, da die entstellte
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