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Feuerscherben

Feuerscherben

Titel: Feuerscherben
Autoren: Jasmine Cresswell
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Benommenheit abschütteln. Aber sie brachte es nicht fertig.
    Roger.
    Mit einer ungeheuren Anstrengung, bei der sie am ganzen Körper in Schweiß ausbrach, öffnete sie die Augen und entdeckte den Steinfußboden.
    Also habe ich Recht gehabt, dachte sie und schloss die Augen wieder. Ich liege nicht am Strand. Ich bin in meinem Atelier.
    Roger.
    Ohne zu überlegen, weshalb es so schrecklich wichtig war, zwang Claire sich erneut, die Augen zu öffnen. Wie ein Fötus lag sie zusammengerollt auf dem Boden ihres Ateliers, an Händen und Füßen mit Klebeband gefesselt. Entsetzt begann sie zu keuchen. Nur kam kein Ton heraus, denn ihr Mund war ebenfalls verklebt.
    Plötzlich befiel sie ein heftiger Brechreiz. Doch der angeborene Überlebensinstinkt bewahrte sie davor, dem Bedürfnis nachzugeben. Sie durfte sich auf keinen Fall erbrechen. Da ihr Mund verklebt war, würde sie sich verschlucken und unweigerlich ersticken.
    Claire schloss die Augen und wartete, bis der Reiz vorüber war. Dann öffnete sie die Augen äußerst behutsam zum dritten Mal.
    Diesmal dauerte es nur Sekunden, bis sie sich orientiert hatte. Sie lag unter ihrer Werkbank mit dem Gesicht zu dem kleinen Schmelzofen, in dem sie die Quarzsandmischung für ihre flüssige Glasmasse erhitzte. Der Schmelzofen war eingeschaltet.
    Er brannte auf höchster Stufe und machte jenes Geräusch, dass sie in ihrem halb bewusstlosen Zustand für die rauschende Brandung gehalten hatte.
    Die Temperatur im Schmelzofen konnte mühelos tausend Grad und mehr erreichen. Unmittelbar vor dem Gerät war es unerträglich heiß. Zum Glück war der Ofen neu und mit den modernsten Sicherheitsvorrichtungen versehen. Eine ganze Reihe von Thermostaten und Öffnungen nach außen verhinderte, dass das Feuer außer Kontrolle geriet.
    Vielleicht bekomme ich einen Hitzschlag, dachte Claire. Aber Andrew oder Ben werden bald hier sein und mich retten. Mir kann nichts passieren.
    Es sei denn, der Schmelzofen explodiert vorher.
    Mit einer Ruhe, die aus der Erkenntnis wuchs, dass sie sich unmittelbar am Rand des Todes befand, überlegte Claire, dass ihr Schmelzofen zwar neu und mit allen Sicherheitsvorrichtungen versehen sein mochte. Trotzdem würde er nicht halten, falls. Roger irgendwelche Veränderungen an ihm vorgenommen hatte. Ihr Bruder war Bauingenieur. Gewiss besaß er genügend technische Kenntnisse, um einen Thermostat außer Kraft zu setzen und die anderen Kontrollmechanismen abzumontieren, die den Ofen vor dem gefährlichen Überhitzen schützen sollten.
    Gab es eine bessere Möglichkeit, seine Halbschwester zu töten, als sie bei einem tragischen Unglück in ihrem eigenen Atelier ums Leben kommen zu lassen? Wahrscheinlich hatte Roger das ganze Sicherheitssystem entfernt, den Ofen auf höchste Kraft gestellt und war davongeeilt, um sich ein felsenfestes Alibi für den Moment zu besorgen, wo das Atelier in die Luft flog.
    Was nach der Temperatur zu urteilen ziemlich bald sein dürfte, überlegte Claire. Jeden Moment konnte eine der Leitungen, die den Schmelzofen mit der Propangasflasche verbanden, am Gewinde schmelzen. Das Gas würde durch die schadhafte Stelle in den Raum dringen, und der nachfolgende Brand würde reichen, um ihr gesamtes Haus zu zerstören und die halbe Straße dazu.
    Kein Wunder, dass Roger sich keine Gedanken darüber gemacht hatte, ob die Kriminalpolizei später das Betäubungsmittel in ihrem Blut oder die Reste des Klebebands an ihren Handgelenken und ihren Füßen finden würde. Wenn sie hier Hegen blieb und der Ofen in die Luft flog, würde man keinen Sarg für ihre Beerdigung brauchen. Man würde Wochen benötigen, bis man die verkohlten Überreste ihres Körpers beisammenhatte.
    Wie in der Hölle, dachte Claire mit einem lebensrettenden Wutanfall. Sie musste verrückt sein, wenn sie einfach liegen blieb und wartete, bis sie in tausend Stücke zerrissen wurde.
    Der Entschluss, sich zu retten, war schnell gefasst. Die Ausführung war erheblich schwieriger. Claire merkte bald, dass sie zu stark gefesselt war, um auf den Ellbogen und den Knien über den Boden zu kriechen. Zur Seite rollen konnte sie sich ebenfalls nicht, weil unter der Werkbank nicht genügend Platz war, um sich um den kochend heißen Ofen herumzuschlängeln. Es half alles nichts, sie musste die Klebestreifen durchschneiden. Und das war kein unüberwindliches Problem, falls sie an eines ihrer scharfen Werkzeuge auf dem Tisch herankam.
    Schwitzend und keuchend hinter dem Pflaster auf ihrem Mund, drehte
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