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Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen

Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen

Titel: Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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2001.
     
    *
     
    »Sie sind doch Polizist?«, fragt der braune Lockenkopf mit aufgesetzt
charmantem Lächeln. Der dickleibige Mann sitzt neben Jan Swensen auf der
Holzbank, trägt ein knallbuntes Hawaiihemd, weiße Shorts, weiße Socken und
Sandalen. Swensen nickt knapp. Im Stillen bedauert er gleichzeitig, der Urlaubsbekanntschaft
jemals etwas von seiner Arbeit bei der Husumer Kripo erzählt zu haben. Er
schaut auf die krummen Männerbeine, die in einer viel zu engen Hose stecken und
ahnt sofort, was auf ihn zukommt. Irgendein alberner Witz über Polizisten, den
er überhaupt nicht lustig finden wird. Am liebsten würde er laut » ich bin im
Uuurlaub « schreien, aber wer kann zu aufdringlichen Landsleuten schon so
unhöflich sein. Also lässt er dem, was kommt, einfach seinen Lauf.
    »Ich
wette, das werden sie nicht glauben, nech Peter!«, verkündet die zierliche
Blondine, die neben dem Lockenkopf sitzt, als dieser gerade den Mund öffnen
will.
    Peter
und Doris Heinzmann kommen aus Düsseldorf. Swensen und Anna Diete hatten das
aufdringliche Ehepaar gleich am ersten Tag nach der Ankunft aus Deutschland am
Strand von Dalyan getroffen. Den beiden war es mit ihrem direkten
Befragungsstil in Nullkommanix gelungen, alle privaten Details von Anna und Jan
offenzulegen, zum Beispiel, dass sie sich den Türkeiurlaub gemeinsam geschenkt
hatten, weil sie am gleichen Tag Geburtstag haben, dem 2. September. Dass sie
seit sieben Jahren in einer festen Beziehung leben, Jan vierundfünfzig Jahre
alt und Anna acht Jahre jünger ist und eine psychologische Praxis betreibt.
    Nach
der Begegnung war es schwer geworden, den Heinzmanns nicht mehr über den Weg zu
laufen. Sie trafen das Ehepaar überall im Ort, und die Düsseldorfer klebten an
ihnen wie Sekundenkleber. Vor einer Viertelstunde hatten die beiden wie
zufällig an der Anlegestelle der Dolmusboote gestanden und spontan beschlossen,
mit Jan und Anna an Bord zu kommen.
    Jetzt
sitzen sie direkt neben ihnen auf einer Holzbank im Heck, und Heinzmann
reagiert auf die Unterbrechung seiner Frau sichtbar genervt.
    »Doris,
ich erzähl das hier jetzt!«, fährt er ihr über den Mund.
    Oliver
Hardy und Stan Laurel, denkt Swensen. Er wirft Anna einen spöttischen Blick zu,
doch die schaut demonstrativ an ihm vorbei zum Bootssteg. Langsam füllen sich
die Holzbänke des kleinen Kahns. Die tratschende Gesellschaft besteht zum größten
Teil aus Türken und einigen Engländern. Alle warten darauf, dass der Holzkahn
ablegt und die Tour zu den Badebuchten an der Küste endlich startet. Das
Ehepaar Heinzmann, Anna und Swensen bleiben anscheinend die einzigen Deutschen
an Bord.
    »Also«,
beginnt der Lockenkopf seine unvermeidliche Geschichte, »ich habe i hnen doch schon davon erzählt, dass
man gleich nach der Ankunft bei uns eingebrochen hat. Unsere Ferienwohnung
liegt nämlich im Parterre, und der Dieb brauchte das Fliegengitter nur
wegzubiegen und war schon drin. Wir hatten dummerweise das Fenster offen
gelassen, wegen der Hitze hier. Fünfhundert Mark in bar hat der mitgehen
lassen. Und nun passen Sie auf! Vor drei Tagen haben sie den Ganoven
geschnappt, in flagranti, beim Einbruch in eine andere Ferienwohnung. Und wer
war’s? Ein Deutscher aus Viersen! Ein Landsmann, der bei uns gleich um die Ecke
wohnt. Und jetzt halten Sie sich fest!«
    » Ho s geldiniz (Herzlich willkommen)!«, unterbricht ihn ein athletisch gebauter Türke in
ausgefransten Jeans. Seine schwarzen Haare sind akkurat kurz geschnitten. Aus
dem halboffenen, beigefarbenen Hemd protzt der behaarte Oberkörper hervor. » Ismin (ich heiße) Faruk! Faruk Özalp!«, sagt er und deutet mit dem Zeigefinger der
rechten Hand auf seine Brust, während er mit der linken die Fahrscheine
hochhält. »Bilet!«
    Swensen
hält ihm zwei Finger vor die Nase und deutet auf Anna und sich. Der junge Türke
zieht Zettel und Filzstift aus der Hosentasche und schreibt 22.000.000 auf den Zettel. Anna kramt aus ihrem Stoffbeutel ein kleines Vokabelbuch
hervor, in dem sie den Wechselkurs von Türkischer Lira zu DM notiert hat, und
verkündet nach kurzem Rechnen »so um die dreißig Mark«. Swensen blättert dem
Sohn des Bootsführers die Scheine in die Hand, der Düsseldorfer schließt sich
ihm an.
    »Also
wie gesagt, ein Landsmann hat uns beklaut«, setzt er erneut an, nachdem Faruk
weitergezogen ist. »Und nun halten Sie sich fest! Die türkische Polizei
schleppt den Kerl doch tatsächlich leibhaftig in unsere Ferienwohnung und lässt
sich von
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