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Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)

Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)

Titel: Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)
Autoren: Kera Jung
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nickt. »Den wünsche ich Ihnen auch.«
    »Ja.« Allerdings unternimmt sie keine Anstalten zu gehen, sondern mustert ihn ein wenig … verwundert? Möglicherweise.
    »Zu den Aufzügen geht es dort entlang«, informiert er die junge Frau und weist ihr den korrekten Weg – direkt unter dem überdimensional großen Pfeil mit der Aufschrift:
    Zu den Aufzügen
    Etwas desorientiert sieht sie in die von ihm gezeigte Richtung. Doch dann blinzelt sie zweimal heftig und setzt sich unvermutet in Bewegung.
    Nicht einmal zwei Meter weit kommt das seltsame Mädchen, bevor es erneut den Halt verliert und verzweifelt mit den Armen rudert, um das Gleichgewicht zurück zu erlangen.
    Diesmal ist er vorbereitet und greift schneller zu. »Haben Sie Schwierigkeiten beim Laufen?«, erkundigt er sich interessiert.
    »Nein, Sir.« Es klingt bissig und sie unterhält sich längst wieder mit dem düsteren Asphalt.
    Weshalb schaut sie ihn denn nur nicht an? Andrew neigt den Kopf, um sie genauer in Augenschein zu nehmen. »Miss Kent?«
    Es kostet sie sichtlich Überwindung, ihn endlich mit ihrer visuellen Aufmerksamkeit zu beehren, aber wenigstens tut sie es. »Nein, Sir, ich bin nur ausgerutscht.«
    »Das ist mir nicht entgangen«, nickt er langsam. »Geschieht so etwas häufig?«
    Rasch erstellt er eine Kalkulation der finanziellen Begleiterscheinungen, welche die Einstellung einer Person mit solchen Makeln zwangsläufig mit sich bringt: unvorhersehbare Arztbesuche, aufwendige Untersuchungen, Krankenhausaufenthalte, Fehlzeiten.
    Gesamturteil: ineffizient.
    Nun ja, höchstwahrscheinlich kann sein Unternehmen eine unproduktive Kraft für eine begrenzte Dauer verschmerzen.
    Wieder signalisiert ihre Mimik grenzenlose Ablehnung. »Nein, Sir! « Sie betont es, als wolle sie in Wahrheit ‚ Nein, Arschloch!‘ sagen. »Ich stolpere nicht ständig! Hier ist es ziemlich glatt, und ich trage wohl die unpassenden Schuhe.«
    Andrew blickt an ihrer Jeans hinab – Himmel, wann hat sich das letzte Mal jemand derart gekleidet in dieses Gebäude gewagt? – und sieht spitz zulaufende Halbstiefel, die über die Hosensäume ragen. Stiefel im ewigen Sommer Floridas. Dieser Anblick ist ihm vollkommen neu.
    »Nun«, beginnt er zögernd und schürzt die Lippen. »Mit dieser Vermutung dürften Sie richtig liegen.«
    Hektisch streicht sie eine Strähne hinter ihr Ohr, die sich bei ihrem unfreiwilligen Stunt aus dem Zopf gelöst hat. »Ich bin erst vor Kurzem nach Florida gezogen!«, bemerkt sie schnippisch.
    »Und ...?«
    »Ich hatte noch keine Gelegenheit, mich dem Klima entsprechend neu einzukleiden!« Jetzt verschwindet der Hass, und ihre Wangen färben sich rot. Eine ausnehmend liebliche Veränderung in dem sonst so blassen Gesicht.
    Ich hatte kein Geld , um mich dem Klima entsprechend neu einzukleiden .
    Das wollte sie eigentlich sagen, und Andrew verachtet sie deshalb keineswegs. Sie ist pleite, kommt wahrscheinlich frisch vom College und befindet sich offensichtlich auf Jobsuche. Demnach versucht sie, etwas an ihrer desaströsen Situation zu ändern. Problematisch ist nur, dass sie nach wie vor in dieser Tiefgarage steht und keinerleiAnstalten unternimmt, sich zu ihrem Vorstellungsgespräch zu bemühen. Daher fasst er sich kurz. »Sollten Sie Interesse an einer Beschäftigung in diesem Unternehmen haben, würde ich Ihnen empfehlen, sich langsam zu den Aufzügen zu begeben! Unpünktlichkeit wird hier nicht toleriert!«
    Die Augen werden groß. Unvermutet macht sie kehrt und eilt davon. Erstaunt beobachtet Andrew, wie sie zehn Schritte später schlitternd zum Stehen kommt – die Arme verwandeln sich wieder in Windmühlenflügel – und zu ihm herumfährt. »Ähm, bitte entschuldigen Sie, Sir ... Mr. Norton. Auf Wiedersehen!«
    Als Antwort tippt er auf seine Uhr und nickt mit erhobenen Augenbrauen. Eine erneute tatsächlich gefährlich anmutende Kehrtwende erfolgt. Beinahe überzeugt, dass ihr gesteigertes Tempo sofort den nächsten Unfall provozieren wird, schaut er der schmalen Gestalt nach, bis sie die kleine Treppe erreicht. Dort angelangt sieht sie noch einmal über ihre Schulter zu ihm. Das Rot verschwindet, so schnell es aufgetaucht ist, sie fährt hastig herum und betritt endlich jenen Fahrstuhl, den ihr zukünftiger Chef nur wenige Minuten zuvor genutzt hat.

    Kaum haben sich die Türen vor ihr geschlossen, bewältigt er die verbliebenen Meter bis zu seinem Wagen.
    Im Gehen nimmt Andrew das Handy aus der Tasche. Sein Blick fällt auf Johnson, der ihm
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