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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein
Autoren: Diana Gabaldon
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mir war völlig klar, welche Konsequenzen es haben würde, nichts zu tun.
    Konnte der Gang der Ereignisse verändert werden? Vielleicht. Ich tastete nach meiner linken Hand und strich müßig über den goldenen Reif an meinem Ringfinger. Mir fiel ein, was ich, rasend
vor Zorn und Entsetzen, im Kerker des Wentworth-Gefängnisses zu Jonathan Randall gesagt hatte.
    »Ich verfluche dich mit der Stunde deines Todes.« Und ich hatte ihm gesagt, wann er sterben würde, das Datum, das Frank in den Stammbaum eingetragen hatte: den 16. April 1746. Jonathan Randall würde in der Schlacht von Culloden sterben, dem großen Gemetzel, das die Engländer anrichten würden. Aber es war anders gekommen. Er war unter den Hufen meiner Rache zertrampelt worden.
    Und er war als kinderloser Junggeselle gestorben. Jedenfalls dachte ich das. Der Stammbaum, dieser verdammte Stammbaum, hatte den Tag seiner Heirat angegeben, irgendwann im Jahre 1744. Und bald darauf die Geburt seines Sohnes, Franks fünffachem Urgroßvater. Wenn Jack Randall tot war und keine Nachkommen hatte, wie konnte Frank dann geboren werden? Und doch war sein Ring immer noch an meiner Hand. Frank hatte existiert, würde existieren. Ich tröstete mich mit diesem Gedanken und rieb den Ring, als könnte er einen Geist herbeirufen, der mir Rat geben würde.
    Etwas später fuhr ich mit einem Schrei aus dem Schlaf hoch.
    »Psst. Ich bin es.« Die große Hand hob sich von meinem Mund. Ohne Kerze war es stockdunkel im Zimmer. Ich tastete blind herum, bis meine Hand etwas Festes spürte. Meine Finger glitten über glattes, kaltes Fleisch. »Du frierst ja!«
    »Natürlich friere ich. Ich habe nichts an, und auf dem Gang ist es eiskalt. Läßt du mich zu dir ins Bett?«
    Ich rückte auf der schmalen Liege so weit wie möglich zur Seite, und er schlüpfte neben mich unter die Decke und preßte sich an mich, um sich zu wärmen. Sein Atem ging ungleichmäßig, und er zitterte wohl ebenso vor Schwäche wie vor Kälte.
    »Wie warm du bist! Gut, dich endlich wieder zu spüren, Sassenach.«
    Ich fragte ihn nicht, was er wollte, denn das war offensichtlich. Ich fragte ihn auch nicht, ob er sicher sei. Ich hatte meine Zweifel, sprach sie aber nicht aus, weil ich nichts herbeireden wollte. Ich drehte mich vorsichtig zu ihm um.
    Dann kam der plötzliche, überraschende Moment der Vereinigung. Zuerst fremd; doch sofort wieder vertraut. Jamie seufzte tief auf vor Wonne und Erleichterung. Wir lagen einen Augenblick still
beieinander, als fürchteten wir, unsere zerbrechliche Verbindung könnte gestört werden, wenn wir uns bewegten. Jamie liebkoste mich mit der gesunden Hand, tastete im Dunkeln langsam über meinen Körper, die Finger ausgebreitet wie die Schnurrhaare einer Katze, um jede Schwingung aufzufangen. Er bewegte sich einmal, als wollte er eine Frage stellen, und ich antwortete ihm in derselben Sprache.
    Wir begannen ein zartes, langsames Spiel, einen Gleichgewichtsakt zwischen seinem Begehren und seiner Schwäche, zwischen Schmerz und wachsender Lust. Irgendwo in der Dunkelheit kam mir der Gedanke, daß ich Anselm sagen sollte, es gebe noch einen anderen Weg, die Zeit anzuhalten, aber vielleicht doch lieber nicht, denn dieser Weg stand einem Priester nicht offen.
    Ich hielt Jamie in den Armen, meine Hand ruhte leicht auf seinem vernarbten Rücken. Er bestimmte den Rhythmus, überließ aber mir die Kraft der Bewegung. Als ich spürte, daß er müde wurde, zog ich ihn tief in mich hinein, kam ihm mit meinem Bekken entgegen und brachte ihn so zum Höhepunkt. »Jetzt«, flüsterte ich, »komm zu mir. Jetzt!« Er legte die Stirn auf meine und überließ sich mir mit einem zitternden Seufzen.
    Die Viktorianer sprachen vom »kleinen Tod«, und das mit gutem Grund. Er lag so schlaff und schwer auf mir, daß ich geglaubt hätte, er wäre tot, wenn ich nicht sein Herz gegen meine Rippen hätte schlagen fühlen. Es dauerte lange, bis er sich rührte und etwas an meine Schulter murmelte.
    »Was hast du gesagt?«
    Er drehte den Kopf, und ich spürte seinen warmen Atem am Hals. »Ich habe gesagt, daß meine Hand im Moment überhaupt nicht weh tut.«
    Mit der gesunden Hand strich er zärtlich über mein Gesicht und wischte mir die Feuchtigkeit von den Wangen.
    »Hattest du Angst um mich?« fragte er.
    »Ja. Ich glaube, es war zu früh.«
    Er lachte leise. »Das war es auch; es hat mich fast umgebracht. Ich hatte auch Angst. Aber ich bin aufgewacht, weil meine Hand so schmerzte, daß ich nicht mehr
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