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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein
Autoren: Diana Gabaldon
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liefen an meiner Brust hinunter.« Jamie schauderte kurz. Er atmete tief aus, so daß der duftende Rauch in Bewegung kam, der unter der Decke hing.
    »Ich weiß nicht, warum ich es getan habe. Aber ich habe meine Arme um ihn gelegt, und wir lagen einfach still nebeneinander. Schließlich hörte er auf zu weinen und küßte und streichelte mich. Dann flüsterte er mir ins Ohr: ›Sag, daß du mich liebst.‹
    Zu diesem Zeitpunkt hätte ich ihm die Stiefel abgeleckt und ihn
König von Schottland genannt, wenn er es verlangt hätte. Aber das - nein, niemals. Ich habe es nicht einmal in Erwägung gezogen. Ich habe es einfach nicht gesagt.« Er seufzte.
    »Er mißbrauchte mich wieder - hart. Und immer wieder sagte er: ›Sag, daß du mich liebst, Alex. Sag, daß du mich liebst.‹«
    »Er hat dich Alex genannt?« unterbrach ich ihn.
    »Aye. Ich habe mich auch gewundert, woher er meinen zweiten Namen kannte. Warum er mich damit angeredet hat, weiß ich erst recht nicht.
    Jedenfalls rührte ich mich nicht, und sagte kein Wort, und als er fertig war, sprang er auf und schlug wie wahnsinnig auf mich ein und fluchte und schrie: ›Du weißt, daß du mich liebst! Sag es mir! Ich weiß, daß es wahr ist!‹ Ich hielt die Arme über den Kopf, um mich zu schützen, und dann muß ich wohl wieder ohnmächtig geworden sein, denn der Schmerz in den Schultern ist das letzte, woran ich mich erinnern kann, abgesehen von einer Art Traum von brüllenden Rindern. Dann wachte ich kurz auf und merkte, daß ich bäuchlings über einem Pferd hing, und dann wieder nichts mehr, bis ich in Eldridge zu mir kam und du auf mich heruntergeschaut hast.« Seine Augenlider senkten sich. Er hörte sich träumerisch an, fast unbeteiligt.
    »Ich glaube … wenn ich ihm das gesagt hätte, dann hätte er mich umgebracht.«
    Manche Leute haben Alpträume voller Monster. Ich träumte von Stammbäumen mit dünnen schwarzen Ästen, die voller Namen und Daten hingen. Die Linien waren wie Schlangen, die den Tod im Maul hielten. Und da hörte ich wieder Franks Stimme: Er diente als Hauptmann bei den Dragonern. Eine gute Wahl für den zweitältesten Sohn. Sein jüngerer Bruder wurde Geistlicher, aber ich habe noch nicht viel über ihn herausgefunden … Ich wußte auch nicht viel über ihn, kannte nur seinen Namen. Drei Söhne gab es auf dieser Tafel; die Söhne von Joseph und Mary Randall. Der älteste William, der zweite Jonathan, und der dritte Alexander.
    Jamie fing wieder an zu reden und riß mich aus meinen Gedanken.
    »Sassenach?«
    »Ja?«
    »Erinnerst du dich an die Festung, von der ich gesprochen habe, die ganz da drinnen?«

    »Ja.«
    Er lächelte und griff nach meiner Hand.
    »Ich habe jetzt immerhin eine Hütte. Und ein Dach, um den Regen abzuhalten.«
     
    Müde, aber beruhigt ging ich zu Bett. Ich dachte nach. Jamie würde sich wieder erholen. Bisher hatte ich nur bis zur nächsten Stunde, zur nächsten Mahlzeit, zur nächsten Dosis Medizin gedacht. Jetzt mußte ich weiter voraus schauen.
    Die Abtei war eine Zuflucht, jedoch nur vorübergehend. Wir konnten hier nicht für immer bleiben, bei aller Gastfreundschaft der Mönche. Nach Schottland oder England zurückzukehren, war viel zu gefährlich - sofern Lord Lovat nicht helfen würde, aber das war unter den gegebenen Umständen mehr als unwahrscheinlich. Unsere Zukunft lag auf dieser Seite des Kanals. Nachdem ich Jamies Seekrankheit miterlebt hatte, verstand ich sein Widerstreben, nach Amerika auszuwandern. Was blieb also übrig?
    Am ehesten noch Frankreich. Wir sprachen beide fließend Französisch. Während Jamie ebenso im Spanischen, Deutschen und Italienischen zu Hause war, fehlte mir solch linguistische Vielfalt. Hinzu kam, daß die Frasers hier zahlreiche Verbindungen hatten; vielleicht konnten wir auf dem Besitz eines Verwandten unterkommen und in Frieden auf dem Land leben. Die Vorstellung war durchaus anziehend.
    Aber wie immer blieb die Frage der Zeit. Es war Anfang 1744 - das neue Jahr war erst zwei Wochen alt. Und 1745 würde Bonnie Prince Charlie von Frankreich nach Schottland segeln; der junge Prätendent, der anstelle seines Vaters den Thron forderte. Und mit ihm würde die Katastrophe kommen; Krieg und Gemetzel, die Vernichtung der Clans und damit von allem, was Jamie - und mir - lieb und teuer war.
    Und bis dahin war es nur noch ein Jahr. Ein Jahr, in dem Schritte unternommen werden konnten, um die Katastrophe abzuwenden. Aber wie und mit welchen Mitteln? Ich hatte keine Ahnung, aber
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