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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ebenmäßiges, im Schatten liegendes Gesicht umrahmte. Er wusste dennoch sofort, wer es war. Angela. Sie stand über ihm wie ein Racheengel, gleichermaßen fern und nah. Natürlich hätte er nicht überrascht sein sollen, sie hier zu sehen, genauso wenig überrascht wie nach ihrer ersten Begegnung, als sie zu ihm nach Hause gekommen und ihn und Reimann mit dem Elektroschocker beinahe gegrillt hätte, und genauso wenig wie in Georgs Etablissement, in dem sie aufgetaucht war, kaum dass er seinen vermeintlichen Freund um Hilfe gebeten hatte. Er war es trotzdem, er war sogar maßlos überrascht, vielleicht aber weniger durch ihre bloße Anwesenheit, die einmal mehr ihre Vorliebe für dramatische Auftritte widerspiegelte, als vielmehr, dass er sich zum ersten Mal bewusst seiner Schwester gegenübersah.
    Und er war nicht nur überrascht, er war auch beunruhigt. Er wusste nicht, wie Angela zu ihrer Nichte, zu Duffy stand, und erst recht wusste er nicht, wie sie zu ihm selbst stand – und was sie mit Georg verband. Der Besuch in Georgs Nachtklub, der Moment, in dem er sie über den Überwachungsmonitor in Georgs Refugium beobachtet hatte, ließ sich in vielfältiger Weise interpretieren; als der Versuch, Georg auf den Zahn zu fühlen, von dessen Gefährlichkeit sie irgendwie Wind bekommen hatte, als die Suche nach dem Bruder, den sie vielleicht zu diesem Zeitpunkt bereits in ihm vermutet hatte – oder auch als der erste Schritt zum Verrat, den sie an ihm, Duffy und Martina hatte begehen wollen. Bevor Will seine Verwirrung überwinden und irgendwie reagieren konnte, beugte sich Angela ein Stück vor, und Will sah eine weiße Zahnreihe aufblitzen; dann winkte sie ihm zu, legte den Finger auf die Lippen, schüttelte den Kopf und deutete auf einen felsigen Pfad auf der anderen Seite und war einen Moment später auch schon wieder hinter dem Felsvorsprung verschwunden.
    Will hätte vielleicht irgendwie darauf reagiert, noch bevor ihn Georg eingeholt hätte, wenn sie es dabei belassen hätte, aber gerade als er sich wieder in Bewegung setzen wollte, erscholl hinter dem Felsen, hinter dem Angela verschwunden war, ein erschrockenes Keuchen, und dann hörte er sie voller Panik schreien: »Nein, nicht! Bleib stehen!«
    Will gehorchte ganz instinktiv und ohne nachzudenken – und vor allem, bevor er auch nur im Entferntesten auf den Gedanken kam, dass Angela jemand anderen meinen konnte als ihn selbst. Das war mehr als ungünstig, denn dadurch bekam Georg die Gelegenheit, die letzten zwei unregelmäßig geformten Felsstufen zu überwinden, die sie noch voneinander trennten. Trotz des Krachens, Berstens und Donnerns um ihn herum glaubte Will ein Keuchen hinter sich zu hören, und als er herumfuhr, sah er ein grässlich entstelltes und vor Wut verzerrtes Gesicht direkt hinter sich – und die blitzende Klinge, mit der Georg drohend herumfuchtelte, noch bevor er mit einem letzten Schritt die Distanz zwischen ihnen endgültig überwunden hatte.
    Will war wie gelähmt, unfähig, auch nur irgendetwas zu tun, und er fühlte sich auf grausame Weise an das fürchterliche Unwetter erinnert, in dem er als noch ganz kleines Kind mitten im Gewitter die Gestalt eines Wesens vor sich im Fenster gesehen hatte, das halb Mensch und halb Wolf zu sein schien. Schon immer hatte er gewusst, dass ihn der Wolfsgesichtige eines Tages holen würde, und jetzt, dessen war er sich sicher, war genau dieser Moment gekommen.
    Vielleicht hätte Will noch eine Abwehrbewegung machen können, um den ersten Messerangriff erfolgreich abzuwehren, aber er konnte es einfach nicht. Er war wieder zu dem kleinen Jungen geworden, der sich vor Wölfen und Ungeheuern fürchtete und den die Angst zu lähmen drohte, wenn sein Vater nicht in der Nähe war. Und das war auch kein Wunder. Das Gesicht, in das er blickte, hatte fast nichts Menschenähnliches mehr. In der Stirn klaffte ein gewaltiger, heftig blutender Riss, der den ganzen Knochen durchschlagen zu haben schien, und das rechte Auge verdiente diesen Namen nicht mehr; die Augenhöhle war fast leer, und ein Gemisch aus Blut und Sekreten lief die Wange hinab über aufgerissene, verbrannte Haut. Der Mund war kaum noch als solcher zu erkennen, die Oberlippe eingerissen und die Unterlippe geschwollen und aufgeplatzt, und in der oberen Zahnreihe fehlten fast alle Zähne. Nur in dem linken Auge war noch Leben, und dort funkelten Hass und Rachsucht und der unbedingte Wunsch, zu töten.
    »Hier, Arschloch!«, schrie eine dünne Stimme

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