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Feuer der Rache

Titel: Feuer der Rache
Autoren: Ulrike Schweikert
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worden waren.
    Ein tiefer Friede breitete sich in ihr aus: Es war vorbei. Das alles ging sie nichts mehr an. Vielleicht sollte sie gleich morgen einen Brief an den Kriminaloberrat schreiben und ihm mitteilen, dass sie nicht mehr zurückkehren würde. Unschlüssig betrachtete sie den Umschlag in ihrer Hand, dann, mit einer raschen Bewegung, riss sie ihn auf.
    Ein Stapel DIN-A4-Seiten fiel heraus. Sie wirkten irgendwie amtlich und waren alle mit einem Stempel „Kopie" versehen. Sabine runzelte verwirrt die Stirn. Was sollte das denn? Wer sonst als Peter konnte das hier auf ihr Bett gelegt haben?
    Ihr Blick glitt über die Briefköpfe. Dr. Richter, Psychologe und Psychiater? Auf dem zweiten Bündel stach ihr der Briefkopf: Charite Berlin, Campus Benjamin Franklin, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, entgegen. Sie überflog den Bericht, der von einem Oberarzt Dr. Lober unterschrieben war. Was schrieb er über sie? Intensive Gespräche? Ausführliche Untersuchungen? Sie kannte diesen Arzt doch gar nicht! Sie war nie in Berlin gewesen!
    Und der andere Bericht? Aus Köln? Zweites Gutachten, das die Ergebnisse des Berliner Kollegen bestätigte? Sabine sammelte die Berichte ein, erhob sich und ging in ihr Arbeitszimmer. Sie breitete die Kopien auf ihrem Schreibtisch aus und begann sorgfältig zu lesen. Es war mühsam, sich durch das Fachchinesisch dieser Arzte zu arbeiten, doch wenn sie als Laie das richtig verstand, dann bescheinigten ihr diese beiden Psychologen, die sie nie gesehen hatte, eine hervorragende seelische und geistige Gesundheit und empfahlen, sie wieder in den aktiven Dienst der Kripo zu übernehmen. Wie war so etwas möglich?
    Sabine nahm den Umschlag noch einmal zur Hand. Ein kleineres Blatt fiel heraus, auf dem sie Peter von Borgos schwungvolle Handschrift erkannte.
    Mein Herz, schrieb er. Ich habe deine Worte gehört und in meinem Geist bewegt. Du darfst nicht denken, dass ich nicht mehr in der Lage bin, Gefühle zu empfinden, obwohl es mich selbst überrascht, wie sehr dein Leid meine Gedanken beschäftigt. Ich gebe gern zu, dass es ein Fehler war, meine Hoffnung auf dein Unglück zu bauen, und ich bin bereit, diesen Irrtum zu korrigieren.
    Es war nicht einfach, an alte Gutachten, Stempel-und Unterschriftsvorlagen heranzukommen, aber -ohne mich loben zu wollen -ich muss sagen, ich habe mich inzwischen mit der Welt der Computer und des Internets hinreichend vertraut gemacht. Ich gehe davon aus, dass die Beamten des LKA in Hamburg keine Zweifel an der Echtheit dieser Gutachten hegen und sich schon in Kürze bei dir melden werden, um dich wieder in ihren Dienst zu nehmen.
    Ich hoffe, deine nun wieder mit menschlichen Verbrechen angefüllten Tage lassen dir dennoch genügend Kraft und Zeit, mich in meiner Welt zu besuchen und mich ein Stück in meinerfinsteren Ewigkeit zu begleiten.
    In freudiger Erwartung
    dein Feter von Borgo.
     
    Sabine ließ den Brief sinken. Etwas begann in ihr zu glühen und breitete sich lodernd heiß in ihrem Leib aus. Sie zitterte. Bilder huschten durch ihre Gedanken, und es war ihr, als könne sie ihn riechen. Der metallische Geschmack von Blut rann über ihre Zunge. Ihr Blick glitt zum Fenster, und sie fühlte die Enttäuschung, die Sonne am Himmel zu sehen. Wie lange noch? Wann würde sie untergehen? Sabine schloss die Augen und atmete tief durch.
    Sie würde niemals von ihm loskommen. Niemals. Er hatte ihr Schicksal an das seine gebunden -bis zu ihrem Tod?
    Oder bis zu dem Augenblick, da sie einwilligte, von seinem Blut zu trinken und sein finsteres Dasein mit ihm zu teilen -für alle Ewigkeit.
     

Epilog

Ein neuer Anfang
    Lange stand Sabine reglos da und starrte auf das Grab. Die Blumenkränze waren inzwischen weggeräumt worden. Die Familie hatte eine Rose mit kleinen roten Blüten, ein paar Margeriten und Vergissmeinnicht gepflanzt. Sabine steckte die grüne Plastikvase neben das Holzkreuz mit der Aufschrift ,,Iris Stoever" in die Erde und ließ den bunten Sommerstrauß ins Wasser gleiten.
    Wie einfach wäre es, wenn sie nun ein Gebet sprechen könnte, doch die Zeiten, da sie sich einem väterlichen Gott anvertraut hatte, waren schon lange vorbei. So sah sie nur auf das Kreuz hinab, die Blumen und die frische, schwarze Graberde und versuchte, nicht mehr darüber nachzugrübeln, ob es hätte anders verlaufen können. Müsste sie der Toten nicht irgendetwas mitteilen? Ihr Bedauern ausdrücken oder ihr sagen, dass sie das nicht hätte tun dürfen, es nicht hätte tun
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