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Fesseln der Sünde

Fesseln der Sünde

Titel: Fesseln der Sünde
Autoren: Anna Campbell
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tödlich. Die Angst lag wie ein Stein in ihrem Magen. Ihr Zufluchtsort erwies sich von Minute zu Minute mehr als eine schlechte Wahl.
    Warum, o Gott, hatte sie ihre Müdigkeit und die Schmerzen nicht einfach ignoriert und war weitergegangen? Selbst eine Hecke hätte ihr sichereren Schutz geboten als dieser Stall hier.
    Der Mann betrat die Box, sein langer, bis zu den Knöcheln reichender schwarzer Mantel umspielte seine Stiefel. Charis wich zurück, bereit sich loszureißen, sollte er nach ihr greifen. Noch einmal brach ihr der kalte Schweiß aus. Er war so viel größer und stärker als sie.
    Doch er griff nur beherzt nach dem Halfter des Tieres, das dies, ohne sich zu widersetzen, geschehen ließ. »Ruhig, Kahn.« Er streichelte die Nase des Wallachs, während seine Stimme eine weiche, verführerische Melodie annahm. Der Mann strahlte ein fast spürbares Selbstvertrauen aus. »Sie müssen sich vor nichts fürchten.«
    Die ausgewogene Mischung aus Autorität und Fürsorge in seinem Ton hätte Charis beruhigen sollen. Stattdessen lief es ihr jedoch vor Angst eiskalt den Rücken hinunter. Sie wusste alles über Männer, die dachten, sie regierten die Welt. Sie wusste, wie sie reagierten, wenn ihren Wünschen nicht entsprochen wurde. Verstohlen suchte sie immer fieberhafter nach einer Waffe.
    Khan, dieses dumme, gutgläubige Geschöpf, beruhigte sich unter den gemurmelten, fürsorglichen Worten seines Herrn. Wenn er schon den Namen des Tieres kannte, musste der Mann wohl dessen Besitzer sein. Dass er kein Stallbursche sein konnte, war selbst für einen Fremden offensichtlich. Dafür zeugte sein Auftreten von einer viel zu großen, selbstverständlichen Vornehmheit, und auch seine Kleidung war zu gut.
    Sie fand keine Waffe.
    Sie müsste also ihren Weg zurück in die Freiheit im Laufschritt erobern und hoffen, ihre steifen, müden Beine würden sie tragen. Verstohlen schob sie sich hoch. Selbst diese kleine Bewegung verursachte ihr höllische Schmerzen. Jeder einzelne Muskel tat ihr weh, und der Arm brannte wie Feuer. Sie biss sich auf die Zähne, um nicht laut zu wimmern.
    »Es gibt keinen Grund zu fliehen.« Sein Blick wich nicht von dem inzwischen lammfrommen Pferd.
    »Doch, gibt es«, hörte sie sich selbst sagen, obwohl sie beschlossen hatte, nichts zu erwidern. Durch ihr geschwollenes Gesicht klang ihre Stimme ungewohnt rauchig, doch ihre vornehme Sprache und Ausdrucksweise machten aus ihr ein Objekt des Interesses. Ein bemerkenswertes, unvergessliches Objekt.
    Ein Ziel .
    Unbeholfen bemühte sie sich, aufzustehen, um sich nicht ganz so ausgeliefert zu fühlen. Dabei stieß sie gegen die Bretterwand und unterdrückte einen gellenden Schrei. Sie kämpfte gegen den schwindelerregenden Schmerz an und hielt den pochenden Arm wiegend vor sich.
    Ihre ungelenke, ruckartige Bewegung versetzte den Fuchswallach in Angst. Er begann wieder zu tänzeln und zu schnauben. Ihr Vater hatte sich mit Pferden gut ausgekannt, und so war Charis sofort aufgefallen, dass Khan aus bester Zucht stammte und edles Blut in seinen Adern floss.
    Ganz wie der Mann, der noch immer den Kopf des Tieres hielt.
    »Ich weiß, dass Sie Angst haben.« Zuerst dachte sie, er spräche zu Khan. Er widmete seine Aufmerksamkeit weiterhin dem Pferd. »Ich weiß, dass Sie Hilfe brauchen.«
    Hilfe, um sie dem Gesetz zu übergeben, dachte sie bitter. »Warum sollte das Ihre Sorge sein? Sie sind ein Fremder.«
    »Das stimmt. Doch wenn Sie sich die Box meines Pferdes aussuchen, dann wählen Sie damit auch mich.«
    »Das war reiner Zufall.«
    Endlich schaute er sie direkt an. Es war sicherlich nur dem heimtückischen Licht der Laterne zuzuschreiben, dass seine Augen über diesen ausgeprägten Wangenknochen so dunkel und glänzend leuchteten. »Das ganze Leben ist ein Zufall.«
    Charis erschauerte unter seinem taxierenden, tiefschwarzen Blick. Irgendwie schien dieser Moment bedeutungsvoll zu sein, obwohl er es eigentlich gar nicht sein konnte. Sie schüttelte das eigenartige, unheimliche Gefühl ab und reckte das Kinn vor. Ihr reichten schon die Probleme im Hier und Jetzt, sie musste sich nicht auch noch mit dem Metaphysischen auseinandersetzen.
    »Bitte treten Sie beiseite, mein Herr. Ich muss mich auf den Weg machen.«
    »Für eine Dame ist das Reisen ohne Begleitung eine äußerst unsichere Angelegenheit.« Er rührte sich nicht von der Stelle, und seine Stimme klang ruhig, doch blieb sie unerbittlich.
    Als ob seinen mahnenden Worten Nachdruck verliehen werden
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