Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fesseln der Sünde

Fesseln der Sünde

Titel: Fesseln der Sünde
Autoren: Anna Campbell
Vom Netzwerk:
dass er keine Gefahr bedeutete. Endlich war der Weg frei für sie, um die Beine in die Hand nehmen zu können.
    Sie zögerte.
    Sie biss sich auf ihre Unterlippe, wünschte sich dann aber sofort, es nicht getan zu haben, als das aufgesprungene Fleisch anfing zu stechen. Der Fremde hatte recht. Wie groß waren ihre Chancen, weiter als über den Hof des Gasthauses zu kommen? So nah an ihrem Zuhause würde sie sicherlich erkannt werden.
    Als ob er ihre Gedanken lesen könnte, verschwand die Wachsamkeit aus seinen Augen. »Ich heiße Gideon.«
    Selbst als Charis an Khan vorbei in den Gang humpelte, blieb sie weiterhin auf Flucht eingestellt, sollte dieser Mann - Gideon - sich ihr nähern. Seine Haltung jedoch wirkte entspannt, und er ließ ihr genügend Raum. Zitternd atmete sie ein und prüfte so ihre geprellten Rippen. Mit jeder Sekunde, in der er sie nicht anfasste, fühlte sie sich sicherer.
    »Sie sind verletzt.« Er klang ruhig, doch in seinen Augen flammte ein dunkles Zornesfeuer auf, während er sie mit einem kurzen, schweifenden Blick von Kopf bis Fuß betrachtete.
    Sie war sich bewusst, wie eine heruntergekommene Schlampe aussehen zu müssen. Die Schamesröte kroch ihr den Hals hoch, und sie hob die rechte Hand, um ihr zerfetztes Oberteil zu umklammern. Hubert, ihr Stiefbruder, hatte es zerrissen, als er sie festgehalten hatte. Nun klaffte der Ausschnitt auseinander und gab den Blick auf den Spitzenrand ihres Unterkleides frei.
    Ihr Gesicht fühlte sich an, als wäre es von tausend Wespen gestochen worden. Ihr blaues Kleid war zerrissen und schmutzig und für diese eisige Nacht vollkommen ungeeignet. Ihre Arme, die unter den Flügelärmeln hervorragten, waren übersät von Kratzern und Blutergüssen. Zeugnisse der erlittenen Schläge und ihrer wilden Flucht durch die Felder und Wälder. Ihr Haar sah wie ein verfilztes Vogelnest aus. Die meisten Haarnadeln hatten sich gelöst, als sie sich den Weg durch die Hecken um Holcombe herum erkämpft hatte.
    Bevor Gideon ihr Fragen stellen oder, noch schlimmer, sein Mitleid zum Ausdruck bringen konnte, das unter seiner Empörung wie ein Geist lauerte, setzte sie zu der von ihr vorbereiteten Geschichte an. »Ich war auf dem Weg zu meiner Tante nach Portsmouth … als mich Wegelagerer überfielen.«
    Dieses verfluchte, verräterische Stocken. Lügen waren ihr noch nie leicht über die Lippen gekommen. Er würde ihr kein Wort glauben. Was bedeutete, dass das Spiel für sie aus und vorbei war.
    Gespannt und atemlos wartete sie darauf, von ihm als Heuchlerin und Ausreißerin beschimpft zu werden, doch er riss sich lediglich den Mantel von den Schultern und trat näher.
    Voller Angst wich sie mit schnellen, stolpernden Schritten zurück, bis sie gegen einen dicken Pfosten stieß. Der Aufprall fuhr wie ein gezackter Blitz durch ihren Arm, und sie erstickte einen Schrei. Sie beugte sich unwillkürlich etwas vor, und er ergriff die Gelegenheit, ihr den Mantel über die zitternden Schultern zu legen.
    »Hier.« Er trat wieder zurück.
    Langsam ließ ihre panische Angst nach, und sie richtete sich unter der Last des Mantels auf, durch dessen Wärme sie sich wieder mehr wie ein Mensch fühlte. Sie ging in dem riesigen Kleidungsstück, das auf dem Boden schleifte, fast unter. Der Stoff roch angenehm nach frischer Luft, aber auch sauber und leicht nach Moschus, was auf seinen Besitzer zurückzuführen sein musste.
    Er war klug genug, sie nicht zu bedrängen. Dennoch blieb sie weiterhin nervös und war sich seiner stattlichen Größe und des muskulösen, schlanken Körpers, der nun in einem schwarzen Jackett, einem weißen Hemd und braunen Kniehosen steckte, unter denen sich wunderbar lange, starke Beine abzeichneten, bewusst. Von den blank polierten Stiefeln bis hin zu dem einfachen, weißen Halstuch zeugte seine Kleidung von höchster Qualität.
    »Da…danke«, sagte sie durch ihre klappernden Zähne.
    Sie unterdrückte stechende Tränen und hielt die herrlich mollig warmen Falten des Wollmantels wie einen Schild umklammert. Komisch, doch sein freundliches Verhalten erwies sich als die größte Bedrohung ihrer angeschlagenen Nerven.
    »Wie heißen Sie?«
    Ihr den Mantel gegeben zu haben schien im Gegenzug irgendeine Geste des Vertrauens zu verlangen.
    »Sarah Watson«, antwortete sie widerwillig und bediente sich des Namens der mürrischen Gesellschafterin ihrer Großtante in Bath. Sie erinnerte sich an ihre guten Manieren und machte einen steifen Knicks.
    Er kam ihr mit einer
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher