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Fesseln der Sehnsucht

Fesseln der Sehnsucht

Titel: Fesseln der Sehnsucht
Autoren: Lisa Kleypas
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verlockend, obwohl er zu breit war, um wirklich schön zu sein, und eine Spur zu eigenwillig. Ihre dunklen Augenbrauen waren schräg geschwungen. Der Kontrast dieser energischen Merkmale in einem runden weichen Gesicht gaben ihr das Aussehen eines eigensinnigen Kindes. Je länger Heath in ihren Anblick versunken war, desto mehr faszinierte sie ihn. Wie konnte ein Mann dieser Zerbrechlichkeit und Süße, den Gegensätzen in ihrem bezaubernden Gesicht widerstehen?
    Lucy drehte sich stöhnend auf die andere Seite. Als sie es wagte, die Augen zu öffnen, durchfuhr sie ein stechender Kopfschmerz. Blinzelnd spähte sie durch das schwach erhellte Schlafzimmer zu den geschlossenen Vorhängen.
    Durch einen Spalt in der Mitte drang ein dünner Strahl Tageslicht.
    »Vater?«, krächzte sie, als sie hörte, wie jemand das Zimmer betrat. »Bin ich …« Beim Anblick des Fremden verschlug es ihr die Stimme und plötzlich war die Erinnerung an die Geschehnisse des gestrigen Abends wieder wach. Lucy erbleichte. »Oh! Sie sind es … Mr. …«
    »Heath Rayne«, half er ihrem Gedächtnis auf die Sprünge und näherte sich dem Bett. Lucy wich entsetzt zurück, zog die Decke bis zum Kinn und sah aus wie die Karikatur einer entrüsteten Jungfrau, bei deren Anblick es um seine Mundwinkel zu zucken begann.
    »Sagen Sie bloß nicht, Sie haben kein Vertrauen zu mir, Lucinda. Für die untadelige Zurückhaltung, die ich mir gestern auferlegt habe, verdiene ich einen Orden, nicht Ihr Misstrauen.« Bevor sie Protest erheben konnte, legte er ihr seine große Hand auf die Stirn, um ihre Temperatur zu prüfen. Sein Daumen strich dabei sanft über den pochenden Pulsschlag an ihrer Schläfe, ehe er die Hand zurückzog. Die vertrauliche Art, wie er sie anfasste, gefiel ihr nicht – als gehöre sie ihm. »Fieber. Kein Wunder nach allem, was Sie gestern ausgestanden haben.« Mit diesen Worten machte er es sich auf einem Stuhl bequem und streckte die langen Beine von sich.
    Lucy brauchte eine Weile, um ihre wirren Gedanken zu ordnen. »Sie haben mich aus dem Fluss gezogen …«
    »Richtig.«
    »Und ich … ich habe mich noch nicht dafür bedankt.«
    »Es war keine große Mühe, ein Leichtgewicht wie Sie an Land zu ziehen.«
    »Aber Sie sind Südstaatler und ich bin …« Er sah sie in gespielter Entrüstung an. »Denken Sie etwa, ein Südstaatler würde nicht die Hand nach jemandem in Not ausstrecken, wenn dieser Jemand ein Yankee ist?«
    »Nun …«
    »Ersparen Sie sich die Antwort«, unterbrach er sie mit einem wehmütigen Lächeln. »Eines sollten Sie mir glauben, Lucinda. Selbst ein Feind der Union hielte es für unverzeihlich, ein so reizendes Geschöpf, wie Sie es sind, den Fischen zum Fraß zu überlassen.«
    Sie war sich ziemlich sicher, dass er sich über sie lustig machte, wusste aber nicht, wie sie ihm antworten sollte. Es war höchst beunruhigend, von einem Fremden so vertraulich behandelt zu werden, als kenne er sie seit Jahren.
    Egal, was er für sie getan hatte oder welche Zurückhaltung er sich letzte Nacht auferlegt hatte, der Mann machte sie beklommen.
    »Ich möchte jetzt nach Hause«, forderte sie zaghaft.
    »Ich weiß, was Sie gerne möchten. Bedauerlicherweise haben Sie Fieber, Lucinda. Ich könnte Sie genauso gut wieder in den Fluss werfen, wenn ich Sie jetzt in die Kälte hinausschicke. Im Übrigen kann keiner von uns das Haus verlassen. Es schneit immer noch. Einer dieser berüchtigten Schneestürme tobt sich aus und es hat nicht den Anschein, als würde sich daran so schnell etwas ändern.«
    »O nein. Ich kann nicht hier bleiben. Ich kann nicht!«
    »Macht sich jemand auf die Suche nach Ihnen? Ihr Vater vielleicht?«
    »Nein, er denkt, ich sei immer noch zu Besuch bei meinem Onkel in Connecticut. Er weiß nicht, dass ich mich entschlossen habe, zwei Tage früher nach Hause zu kommen. Ich bin vom Bahnhof zu Fuß losmarschiert.«
    »Und sind im Fluss eingebrochen. Gibt es denn niemand, der auf Sie aufpasst, Süße?«
    »Mein Vater und mein Verlobter Daniel Collier. Keinem von beiden würde es gefallen, dass Sie mich so nennen.«
    »Aber es passt zu Ihnen, Süße.« Er legte besondere Betonung auf den Kosenamen, um sie zu reizen, und in seinen blauen Augen blitzte ein schalkhaftes Lächeln. »Vermutlich würde es den beiden auch nicht gefallen zu wissen, dass Sie die Nacht in meinem Bett verbracht haben.«
    »Sie werden es nicht erfahren. Ich muss aufbrechen. Es wird doch eine Möglichkeit geben …«
    »Glauben Sie
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