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Fesseln der Sehnsucht

Fesseln der Sehnsucht

Titel: Fesseln der Sehnsucht
Autoren: Lisa Kleypas
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Wasserflecken auf dem Samt hinterließen. Das Zimmer wurde von einem prasselnden Feuer im offenen Kamin erhellt. Lucy sah die Flammen, ohne ihre Wärme zu spüren.
    Ihre Zähne schlugen klappernd aufeinander und das Geräusch mischte sich mit dem Knistern der brennenden Holzscheite.
    »Gleich wird Ihnen warm werden«, sagte Heath und legte neue Scheite nach.
    »N-nie wie-der«, brachte sie stockend hervor, von Kälteschauern geschüttelt.
    Lächelnd legte der Fremde einen Stapel wattierter Decken auf einen Stuhl. »Doch, das wird es. Ich mache es Ihnen so warm, dass Sie bald nach einem Fächer und einem Glas Eistee verlangen.«
    »I-ich spüre nichts m-mehr.« Erneut traten ihr Tränen in die Augen. Der Mann ging vor dem Sofa in die Knie und wischte ihr die nassen Haarsträhnen aus dem Gesicht.
    »Ich sagte doch, Sie sollen nicht weinen … Miss Lucinda Caldwell. So heißen Sie doch, hab ich Recht?«
    Sie nickte zähneklappernd.
    »Ich habe Sie im Geschäft Ihres Vaters gesehen«, fuhr er fort und nahm ihr das triefend nasse Kopftuch ab, das ihr um den Hals hing. »Ich heiße Heath Rayne. Sie werden mir zwar nicht glauben, Lucinda, aber ich will Sie schon lange kennen lernen. Die Umstände lassen zu wünschen übrig, aber wir müssen eben das Beste daraus machen.« Er knöpfte ihr den Mantel mit geschickten Fingern auf, während sie große Augen bekam und ihre Zähne noch heftiger aufeinander schlugen. »Lucinda. Sie verkriechen sich wie eine Schnecke vor mir. Sie müssen mir schon ein bisschen helfen. Drehen Sie sich auf den Rücken.«
    »N-nein …«
    »Ich tu Ihnen nichts. Ich will Ihnen nur helfen. Machen Sie es mir nicht so schwer, Lucy. Drehen Sie sich um. ja, so ist es gut …« Geschickt öffnete er die lange Knopfleiste im Rücken ihres nassen Kleides. Lucy wollte erschrocken zurückweichen. Noch nie hatte ein Mann sie entkleidet. Doch sie musste die nassen Sachen loswerden und selbst war sie dazu nicht in der Lage. Mühsam unterdrückte sie ihren Wunsch, sich gegen den Fremden zur Wehr zu setzen. »Nur gut, dass die Strömung im Winter so schwach ist«, stellte er sachlich fest. »Wäre sie stärker gewesen, hätten die vielen Unterröcke und all die Rüschen Sie unweigerlich in die Tiefe gezogen.«
    Lucy schloss die Augen; sie bemerkte die Tränen nicht, die ihr immer noch über die Wangen liefen, bis Mr. Rayne sie mit einem Zipfel der Decke wegwischte. Rasch schälte er sie aus dem Kleid, entfernte die modische Tournüre, die Krinoline und all ihre gerüschten Unterröcke. Als er ihr die Stiefel aufband, sprangen ein paar Knöpfe ab; er fluchte leise, als sie über die Holzdielen kullerten. Die nasse Verschnürung ihres Korsetts ließ sich nicht lösen. Mit einer Grimasse zog er ein Jagdmesser aus der Westentasche und schnitt die Verschnürung auf. Das Fischbeinkorsett klaffte auf und Lucy japste bei dem messerscharfen Schmerz, der ihren Rippenbogen durchzuckte. Heath zögerte nur eine Sekunde, ehe er seine Finger in die Träger ihres dünnen Unterhemds hakte. Lucy versteifte sich noch mehr. Das konnte nur ein Albtraum sein, es war die einzige Erklärung für das, was mit ihr geschah.
    »Tut mir Leid«, murmelte er und schälte sie aus dem dünnen Hemd und den spitzenbesetzten langen Batisthosen.
    Sie glaubte zu hören, wie sein Atem sich beschleunigte, das Geräusch mochte aber auch vom Rascheln der wattierten Decken kommen, die er um sie legte. Er wickelte sie von Kopf bis Fuß darin ein wie eine Seidenraupe, bis nur noch ihr Gesicht zu sehen war. Die Kälte war ihr so tief in die Knochen gefahren, dass sie vor Schmerz stöhnte. Heath hob das gewickelte Bündel mühelos hoch, setzte sich mit ihr auf einen Stuhl vor das Feuer und hielt sie umfangen. Durch die Schichten der Decken spürte sie seine harten, muskelbepackten Arme.
    »Daniel. Ich will zu Daniel«, murmelte sie und eisige Tränen liefen ihr übers Gesicht. Sie vergaß, dass er nicht wissen konnte, wer Daniel war.
    »Lassen Sie sich von mir helfen.« Eine große warme Hand strich ihr über die Stirn, wischte ihr das wirre Haar aus dem Gesicht und legte sich sanft auf ihre brennende Wange.
    »Meine Beine tun weh. Meine Knie schmerzen …«
    »Ich weiß. Ich habe so etwas auch erlebt.«
    »Nicht so w-wie d-das …«
    »Und ob.« Er lächelte auf sie herab. »Und ich habe es überlebt. Also besteht auch für Sie Hoffnung.«
    »Wann …?«
    »Vierundsechzig. Bei der Belagerung von Richmond. Ich musste mich vor Scharfschützen in Sicherheit
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