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Fessel Mich

Fessel Mich

Titel: Fessel Mich
Autoren: Nora Wolff
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Moment zur dritten Unterrichtsstunde und Patrick hätte vor Wut, Frustration und Enttäuschung am liebsten aufgeschrien. Irgendetwas musste er eindeutig verbrochen haben, dass er mit so besonders viel Pech geschlagen war. Wenigstens war er nicht der Einzige, der jetzt wieder Unterricht hatte. In Gedanken flehte er darum, dass die aus seiner Parallelklasse jetzt bei irgendeinem ganz besonders pünktlichen und strengen Lehrer Unterricht hatten und augenblicklich zum Klassenraum aufbrechen würden. Er selbst würde dann eben einfach zwei, drei Minuten zu spät kommen, was machte das schon? Seine Deutschlehrerin konnte ihn gut leiden.
    Angestrengt lauschte er auf irgendwelche Geräusche und nachdem er einige Zeit lang nur unverständliches Getuschel vernehmen konnte, hörte er tatsächlich sich entfernende Schritte und das leise Quietschen der schweren Toilettentür.
    »Wir sehen uns in der zweiten Pause, du Oberfeigling. Jetzt kennen wir ja dein Geheimversteck!«
    Mit einem lauten und ebenso endgültig klingenden Krachen landete die Tür wieder im Schloss.
    Scheiße.
    Entmutigt schloss Patrick die Augen und ließ den Kopf nach links an die Wand mit seiner geschriebenen Unterhaltung sinken. Er hatte doch geahnt, dass das heute nicht sein Tag werden würde. Erst Viktor, dann seine aufgeplatzte Lippe, die nicht fortgesetzte Unterhaltung seines unbekannten Klowandgesprächspartners, die Typen aus der Parallelklasse und schlussendlich diese hässliche Drohung.
    Patrick seufzte schwer. Wenn sich wenigstens sein Gesprächspartner zu erkennen geben würde. Er müsste ja nicht neben ihm stehen und die Prügel mit einstecken, aber er könnte ihm wenigstens zuhören und, nun… einfach da sein. Er war es so satt, sich diesem Terror ständig allein stellen zu müssen. Sein Vater hielt ja doch nichts von ihm und die Lehrer an dieser Schule waren entweder blind, bestechlich oder beschränkt, wenn sie das alles als kleine Jungenstreiche abtaten. Wahrscheinlich alles zusammen. Und obendrein war Patrick niemand, der petzte. Das konnte er sich nun wirklich nicht auch noch leisten. Und auf der Klowand verewigte er seine Schulprobleme mit Viktor und Konsorten ganz gewiss auch nicht. Jetzt, wo die Typen aus der Parallelklasse wussten, dass er sich gerne hier versteckte, wäre das reiner Selbstmord.
    Als es zum zweiten Mal läutete, traute Patrick sich endlich, die Tür aufzuschließen. Er war noch nicht einmal ganz aus der Kabine herausgetreten, da wurde er unvermittelt am Arm gepackt und grob herausgezerrt.
    Ein hämmernder Schmerz explodierte in seiner Schulter, als er gegen den Türrahmen einer gegenüberliegenden Kabine flog. Patrick konnte sich nicht ganz ein schmerzhaftes Aufkeuchen verkneifen, das gleich darauf in ein atemloses Ächzen umschlug, als ihn eine geballte Faust in die Seite traf.
    Mit zusammengekniffenen Augen, damit sich nicht unverhofft irgendwelche Tränen daraus hervor stehlen konnten, hielt er sich am Türrahmen fest, um nicht auch noch hinzufallen.
    Sie hatten ihn reingelegt! Sie waren gar nicht gegangen und hatten stattdessen hinterhältig auf ihn gewartet!
    »Das hast du jetzt davon, uns so anzumachen. Wenn die Klotür weg ist, bist du eben doch nur eine feige Schwabbelbacke.«
    Schon wieder hämisches Lachen, das mittlerweile in seinen Ohren brannte wie Säure.
    »Beeil dich, sonst kommst du noch zu spät zum Unterricht, Mainer.«
    Als sie sich feixend in Richtung Toilettentür aufmachten, versetzte ihm einer noch einen derben Stoß, so dass er durch den Türrahmen in die Kabine hineintaumelte. Etwas ungelenk schaffte er es, nicht über die Kloschüssel zu stolpern. Mit dem Rücken lehnte er sich gegen eine der Seitenwände und hielt eine Hand auf seine pochende linke Seite gepresst, während erneut die Toilettentür aufging und seine Mitschüler dieses Mal auch tatsächlich hindurchgingen.
    Patrick blieb in der Stille zurück und schloss die Augen. Auch wenn er damit dieses Mal die Tränen nicht ganz zurückhalten konnte.
     
     
     

 
    1
     
    Mein Magen zog sich unangenehm zusammen, als sich das kühle Metall der Handschelle um mein rechtes Handgelenk legte. Das Klicken klang erschreckend endgültig in meinen Ohren, so, als könnten weder brachiale Gewalt noch ein wenig Fingerspitzengefühl und geeignetes Werkzeug das Schloss jemals wieder aufknacken.
    Ich hätte mich nicht überreden lassen sollen. Oder vorher wenigstens darauf bestehen sollen, dass mir gesagt wurde, wohin es ging. Das hatte ich nun davon.
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