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Ferne Verwandte

Ferne Verwandte

Titel: Ferne Verwandte
Autoren: Gaetano Cappelli
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tröstliche Stimme: »Mein armer, armer Kleiner.« Mit einer unvergleichlich größeren physischen Erleichterung spürte ich, wie sie mein Gesicht gegen das ersehnte Objekt - ihren großen, weichen Busen - presste. Diese zärtliche, ungestüme Umarmung war eine weitere, unverhoffte Bestätigung der Vorteile, die sich aus dem Status eines armen Waisenkindes ergaben, und das unerreichbare Vorbild künftiger Anwendungsmöglichkeiten. Natürlich konnte ich nicht ahnen, dass dieses Bollwerk der Gewissheiten kaum ein paar Stunden später in seinen Grundfesten erschüttert werden sollte.
    Der anbrechende Morgen wirft gerade sein erstes Licht auf die verblichenen Muster der Tapete, als sich mit einem Ruck die Tür öffnet und Nonnilde auf der Treppe zum Zimmer steht, kerzengerade, mit bleichem Gesicht und zerzaustem Silberhaar, das Gewand von Mehl fluoreszierend, ein wahrer Racheengel: Statt des Schwertes schwingt sie eine Terrine Tagliolini mit Milch und Zimt, die, wie es am Himmelfahrtstag Brauch ist, frühmorgens den Armen und nahen Verwandten serviert werden - in Befolgung dieses eindrucksvollen Brauchs hatte sie sich die Nacht um die Ohren geschlagen.
In einer aufsteigenden Woge der Angst wird mir bewusst, dass ich nicht nur neben meiner Cousine geschlafen habe - und folglich gegen eines der wenigen Verbote verstoßen habe, die trotz des gegenwärtigen Wohlwollens der Großmutter für mich gelten -, sondern sogar zwischen ihren Titten. Tatsächlich haben Tea und ich uns in dieser Mutter-Kind-Position vom Schlaf übermannen lassen, und obwohl ich an Polypen leide, war ich nicht nur nicht in der Atmung behindert worden, sondern habe, im Entzücken dieser Umarmung, auch noch vergessen, mich rechtzeitig auf meinen Platz zurückzudrehen. Und Tea, die sich schlagartig aufgesetzt hat, erbringt einen weiteren Beweis unserer Schuld: Von der Taille aufwärts ist sie nackt! Heilige Muttergottes, was für Titten! Sie sind wirklich sehenswert, und auf denen bin ich eingeschlafen! Aber mir bleibt nur die Zeit, mich zu beglückwünschen, als etwas passiert, was ich nie wieder vergessen sollte.
    Augenblicklich war Nonnilde bei uns, packte Tea, stieß ihren Kopf gegen das Bett und schrie zu meiner Tante hinüber: » Ineees , du schläfst, und in der Zwischenzeit … Deine Tochter, sieh sie dir an, ganz nackt mit Carlino, sieh sie dir an, diese Schlampe!« Nachdem sie ihr einen weiteren mörderischen Stoß versetzt hat, bin ich an der Reihe. Sie nimmt die Terrine Tagliolini mit Milch und Zimt vom Nachttisch und lässt mich, vom Zorn überwältigt, den ganzen Inhalt hinunterschlingen. Es ist nur natürlich, dass ich es zunächst, des unlängst errungenen Erfolges eingedenk, auch bei ihr versuche und zwischen zwei Löffeln heule: » Mam - miiina , ich will zu meiner Mam - miiina !« Aber je mehr ich plärre, desto mehr stopft sie mich voll - seither kann ich Zimt nicht einmal mehr riechen, ohne mich zu übergeben.
    Nun könnte es einem Außenstehenden unverständlich erscheinen, dass selbst eine eher sexualfeindliche Großmutter es so schlimm findet, wenn sich eine ihrer Enkelinnen in einer derartigen Hitze ein wenig entblößt - einer Hitze, die so drückend ist, dass sie schon für ein böses Omen gehalten wird - und so neben ihrem kaum siebenjährigen Cousin, einem vater- und mutterlosen Cousin
zudem, einschläft. Um das besser begreifen zu können, muss man sich an die Stelle der alten Dame versetzen.
    Sie betritt also das Zimmer ihrer Tochter Ines mit jener Fröhlichkeit und gesunden Geistesverfassung, die ihr ein von Natur aus herber Charakter zugesteht - hatte sie nicht in Vorfreude auf diesen triumphalen Auftritt stundenlang gearbeitet? -, und erkennt in den Augen ihres einzigen männlichen Enkelkindes, des letzten Stammhalters - in meinen schlaflosen Augen also -, statt des kindlichen Staunens über die feierliche Huldigung, tiefbetrübt jene Lüsternheit wieder, die sie so viele Male in den Augen ihres Ehemannes und - schmerzlicher noch, angesichts seines tragischen Endes - in denen ihres Sohnes Enrico, meines Vaters, hatte aufscheinen sehen. Wie pervers musste meine Natur sein, dass ich mich, noch nicht einmal geschlechtsreif, zwischen die Titten ihrer Enkelin gelegt hatte, und ich bin mir sicher, dass sie in diesem Moment die lauernden Gefahren bedachte und auch die möglichen Gegenmaßnahmen, die zu ergreifen waren, um eine x-te und dieses Mal definitive Schmach für die Familie abzuwenden. Die erste dieser Maßnahmen war -
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