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Ferien mit Mama und andere Katastrophen

Ferien mit Mama und andere Katastrophen

Titel: Ferien mit Mama und andere Katastrophen
Autoren: Petra Kasch
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komische Fiepen. Wahrscheinlich verständigten sie sich jetzt zum Angriff.
    Mittlerweile war das Boot weiträumig von Flossen und Strudeln umkreist. Nikos beugte sich von der Kajüte herunter. Wollte er jetzt auch noch den Helden spielen? Ich versuchte, ihn zurückzuziehen, doch er wehrte mich lachend ab. Und da kapierte ich endlich, warum er sich so sehr freute. Es waren Delfine! Ein ganzer Schwarm! Ihre hellen Rücken glänzten beim Auftauchen im Sonnenlicht. Ein paar ganz mutige kamen sogar zu uns ans Boot geschwommen, doch näher als zehn Meter traute sich keiner heran. Ein paarmal umkreisten sie uns noch, dann tauchten sie alle wie auf ein geheimes Kommando wieder ab. Enttäuscht setzte ich mich auf.
    »Da!«, rief Nikos plötzlich und zeigte aufs offene Meer.
    Springend und quiekend zogen die Delfine davon.
    Und dann mussten auch wir los. Die Sonne hing schon tief über dem Meer. Irgendwie kam der Abend hier immer ganz plötzlich. Als wir am Ufer anlegten, standen die Lehrer schon alle dort und warteten auf uns.
    Mama schien es wieder besser zu gehen. Da war auf einmal nichts mehr mit Händchenhalten und Wölfi hier und Wölfi dort. Als sie ins Boot kletterte und ein wenig schwankte, wollte Kubasch ihr unter die Arme greifen. Doch sie sagte gleich: »Danke, ich kann schon allein.« Und dann setzte sie sich ans äußerste Ende des Bootes.
    Kubasch verstand die Welt nicht mehr und stellte sich zu Nikos ans Steuer. Der Rest der Mannschaft hatte einen ziemlichen Zacken in der Krone, hätte Oma Inge gesagt. Sie umarmten und küssten Pavlos und seine Frau, bevor wir abfuhren, ganz wie echte Griechen. Mit einem unglaublichen Palaver. Die zwei alten Leute winkten uns noch lange nach.
    Ich setzte mich oben auf die Kajüte und ließ mir den Wind um die Ohren wehen. Nikos fuhr in einem weiten Bogen aus der Bucht heraus. Die Delfine tauchten aber nicht mehr auf. Kubasch hatte in den zehn Jahren, die er nun schon auf der Insel verbrachte, noch keinen einzigen gesehen.
    »Habt ihr ein Glück«, sagte er.
    Keine Ahnung, was für ein Glück das sein sollte. Morgen war unser letzter Urlaubstag und Nikos musste die ganze Zeit bei seinem Onkel aushelfen. Tomaten ernten! So was Blödes! Als ich mich zu ihm umdrehte, zwinkerte er mir zu. Das machte es auch nicht leichter. Wir hatten morgen den ganzen Tag frei. Aber wozu?

Mitten in der Nacht peitschte mich ein höllischer Schmerz aus dem Schlaf. Ich krümmte und wand mich im Bett. In meinem Bauch schien eine Bombe explodiert zu sein.
    »Mama!«, brüllte ich und raste im selben Moment aufs Klo.
    Ich hätte keine Sekunde länger im Bett bleiben dürfen. Es schoss alles aus mir heraus, was Eleni in stundenlanger Arbeit mühsam zusammengekocht und gebacken hatte. Gott, war mir übel. Schwitzend klammerte ich mich an der Klobrille fest. Es hörte überhaupt nicht mehr auf. In meinem Kopf drehte sich alles.
    »Mama!«, heulte ich. »Bitte, hilf mir!«
    Der Schatten, der nach einer Weile an der offenen Badtür auftauchte, war aber auch keine große Unterstützung.
    »Sophie«, flüsterte sie. »Sei doch nicht so laut.« Dann hockte sie sich auf die Türschwelle.
    »Mir ist so schlecht«, wimmerte ich.
    »Mir auch«, stöhnte sie und hielt meinen nackten Fuß.
    So kauerten wir eine ganze Weile, Mama am Boden und ich eine Etage höher. Langsam schien sich mein Bauch wieder zu beruhigen, war ja auch nix mehr drin. Alles platt und leer, nur noch ein hohles Gurgeln. Plötzlich wurde mir eiskalt und so kroch ich zähneklappernd in mein Bett zurück. Mama folgte mir seufzend. Zitternd starrten wir beide an die Zimmerdecke.
    »Ich hab so einen Durst«, sagte Mama nach einer Weile.
    Mir war aber zu kalt, um noch einmal unter der Decke hervorzukriechen. Ich langte zu dem Zahnputzglas hinüber, in dem noch immer Nikos’ Strauß stand, nahm die Zweige heraus und gab ihr das Blumenwasser. Im Dunkeln hörte ich sie gierig trinken. Dann erschreckte mich ein splitterndes Geräusch. Wahrscheinlich hatte sie versucht, das Glas auf dem Nachttisch abzustellen, aber nicht ganz getroffen. Nee, so was sollte mir niemals passieren.
    »Ich verspreche dir was«, flüsterte ich.
    »Was denn?«
    »Ich nehme niemals Drogen.«
    Darauf folgte ein betretenes Schweigen, bis es schließlich aus ihr herausbrach: »Was habe ich denn angestellt, Sophie?«
    »Was willst du denn hören?«, fragte ich sie. »Dass du Kubasch mit deiner Tasche verprügelt hast oder wie du dich an seine Brust gekuschelt …«
    »Oh Gott«,
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