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Ferdinand Graf Zeppelin

Ferdinand Graf Zeppelin

Titel: Ferdinand Graf Zeppelin
Autoren: Gunter Haug
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gesunken«, schüttelte Zeppelin beim Lesen des galligen Depescheninhalts einigermaßen fassungslos den Kopf.
    Nachdem er dem Kaiser jedoch in einem sofort versandten Antworttelegramm versicherte, dass eine öffentliche Brüskierung Seiner Majestät genauso wenig in seiner Absicht gestanden habe, wie überhaupt eine Fahrt nach Berlin von ihm in Erwägung gezogen worden sei, er zur Wiedergutmachung aber anbiete, das nagelneue Schwesterschiff »LZ 6« sofort nach seiner Fertigstellung, also hoffentlich noch im August, bei der ersten Erprobungsfahrt gleich vor der kaiserlichen Familie zu präsentieren, war der Burgfriede zwischen Berlin und Friedrichshafen bald wieder hergestellt.
    Schon am 25. August 1909 verließ das neue Luftschiff die Montagehalle in Manzell und unverzüglich begab man sich auf die – dieses Mal rechtzeitig angekündigte – Fahrt nach Berlin. Und dies, ohne zuvor noch ausführliche Testfahrten durchgeführt zu haben. Ein sträflicher Leitsinn, der beinahe ins Auge gegangen wäre! Noch Monate später schüttelte Zeppelin ungläubig seinen Kopf, wenn er daran zurückdachte, zu welch überhasteter Aktion er sich hatte überreden lassen. Um ein Haar hätte sich eine neue Katastrophe ereignet – und diese hätte dann das sichere Ende bedeutet. »Gestern noch ganz oben, heute so nahe am Abgrund! Das wird mir für mein restliches Leben eine eindringliche Lehre sein. Nie wieder soll mir solch ein Leichtsinn widerfahren!«
    Vor allem der neuartige Stahlbandantrieb hatte schon in der Montagehalle für manches Kopfzerbrechen gesorgt und dennoch war, nicht unbedingt zur Freude von Oberingenieur Dürr, entschieden worden, das »minimale Risiko« einzugehen und »LZ 6« ohne weitere Erprobungsflüge sofort auf die Reise nach Berlin zu schicken. Das Kalkül ging zunächst auf, und das, obwohl sich unterwegs ein Propeller aus seiner Verankerung löste und verloren ging. Die Monteure hatten an Ort und Stelle einen neuen Propeller anbringen können: eine höchst respektable Leistung dieser Männer. Somit glückte es Zeppelin und seiner Mannschaft also doch noch, ihr Luftschiff zum angekündigten Zeitpunkt am Himmel über Berlin erscheinen zu lassen und sich direkt über den Häuptern der kaiserlichen Familie, sowie des gesamten Hofstaates und den begeisterten Berlinern zu präsentieren. Mit einem wahren Jubelsturm wurde der Graf empfangen, als er vom Kaiser persönlich auf den Balkon des Schlosses geführt wurde, um hier die Ovationen entgegenzunehmen. Der Kaiser zeigte sich – wieder einmal – tief beeindruckt: sowohl von dem imposanten Anblick, den das über seinen Kopf hinwegschwebende Luftschiff bei ihm hinterlassen hatte, als auch von der beinahe schon abgöttischen Verehrung, die Zeppelin von der Bevölkerung entgegengebracht wurde. Die Verstimmung vom Frühjahr war wie weggeblasen, wieder einmal herrschte eitel Sonnenschein, »… und wenn es einen noch höheren Orden in Preußen geben würde, dann hätte mich Seine Majestät höchstwahrscheinlich auch damit noch dekoriert«, resümierte Zeppelin am Abend nach dem triumphalen Empfang.
    Die Rückfahrt hätte jedoch beinahe in einer Katastrophe geendet: bereits drei Stunden nach ihrem Abschied aus Berlin hatte sich über der Ortschaft Bülzig in der Nähe von Wittenberg wieder ein Propeller gelöst! Dieses Mal war er jedoch nicht einfach abgefallen, sondern hatte zunächst die Hülle aufgeschlitzt und dann sogar noch eine Gaszelle durchschnitten! Wie durch ein Wunder war es dabei nicht wie seinerzeit in Echterdingen zu einer statischen Entladung gekommen! Der hochentzündliche Wasserstoff war lediglich zischend aus der Gummizelle geströmt, aber Gott sei Dank besaß das Fluggas ja die Eigenschaft, nach oben zu steigen! »Motoren Halt. Sofort!« Die anschließende Notlandung klappte problemlos – genau wie in Echterdingen. Wieder strömten die Menschen in Massen auf das Luftschiff zu, während eine Kompanie Soldaten aus Wittenberg für dessen Sicherung sorgte und die Zaungäste auf Distanz hielt.
    Und jetzt das!
    »Exzellenz! Sehen sie nur!«
    Zeppelin vermeinte, seinen Augen nicht trauen zu können. Dort hinten am Horizont näherte sich ihnen mit hoher Geschwindigkeit eine dunkle Wolkenwand! Ein Gewitter! Sollte sich die Geschichte ein Jahr später wiederholen?! »Die Erdbohrer überprüfen! Zusätzliche Pflöcke einschlagen! Weitere Soldaten an die Halteleinen! Den Bug genau in Windrichtung ausrichten!« brüllte Dürr mit sich überschlagender Stimme.
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