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Ferdinand Graf Zeppelin

Ferdinand Graf Zeppelin

Titel: Ferdinand Graf Zeppelin
Autoren: Gunter Haug
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überdimensionale Insekten auf den Boden fielen. Zum guten Glück handelte es sich an dieser Stelle um weichen Ackerboden, so dass keiner von ihnen außer ein paar blauen Flecken und Hautabschürfungen an den Händen ernstere Verletzungen davon trug.
    Nur einen Wimpernschlag später erschallte der nächste Schreckensschrei: »Seht! da drüben! Der Anker! Um Gottes Willen!«
    Das Luftschiff hatte bei seinem plötzlichen Aufstieg auch die mit einem langen Halteseil am Bug befestigte schwere Ankeregge mit ihren 64 spitzigen Widerhaken aus dem Boden gerissen und schleifte das gefährliche Metallstück nun mitten durch die teilweise am Boden liegende Menschenmenge. Ein Anblick, der den schreckensstarren Beobachtern das Blut in den Adern gefrieren ließ. Im selben Moment war es passiert: dem ersten Angstschrei folgten mehrere durch Mark und Bein gehende Schmerzensschreie, als die messerscharfen Ankerspitzen die Oberschenkel zweier Zuschauer zerfetzten und sich danach in der Kleidung einer Frau verfingen, die mehrere Dutzend Meter mitgeschleift wurde, bis der Kleiderstoff glücklicherweise zerriss und der Anker sich löste. Die Frau blieb bewusstlos liegen, war aber bis auf die Ohnmacht glimpflich davon gekommen, während die beiden Männer später mit schweren Verletzungen ins Katharinenhospital nach Stuttgart gebracht werden mussten.
    Unterdessen überschlugen sich die Ereignisse.
    »Da ist noch jemand in der Gondel!«
    »Da! Tatsächlich! Er ist in der vorderen Gondel!«
    Jetzt plötzlich sahen sie alle die winzige Gestalt in der vorderen Gondel, die verzweifelt mit den Armen ruderte. »Es ist ein Monteur von den Daimlerwerken. Spring runter Mann, spring endlich ab!«
    Tausendfach schallte die Aufforderung hinter dem sich rasch entfernenden Luftschiffkoloss her: »Spring, sonst bist du verloren!«
    Mit dem Mut der Verzweiflung hing der Mechaniker mit seinem Oberkörper über der Brüstung der Gondel … schien einen kurzen Augenblick zu zögern, als er in die gähnende Tiefe blickte …
    »Spring Mann! Jetzt! Sofort!«
    »Da! Er springt tatsächlich!« Der Menge stockte der Atem. Gut und gerne fünf Metern Höhe hatte die Gondel bereits erreicht, als sich der Mechaniker mit dem Mut der Verzweiflung endlich heraus stürzte und mit einem gellenden Schrei auf dem Boden aufschlug, wo er nach dem Aufprall lange regungslos liegen blieb.
    »Ist er tot?«
    »Höchstwahrscheinlich! Aus dieser Höhe …«
    »Wahrscheinlich hat er sich das Genick gebrochen.«
    »Nein, schaut doch, er bewegt sich!«
    Tatsächlich! Mühsam rappelte sich der Mann jetzt auf und schwankte leicht, während er zum Zeichen, dass er den Absprung erstaunlicherweise glimpflich überstanden hatte, zitternd die Hände vor sich in die Höhe streckte. »Gott sei Dank! Es scheint ihm nicht viel passiert zu sein!«
    Schlagartig wandte sich die Aufmerksamkeit der Masse wieder dem Luftschiff zu.
    Es mochten inzwischen tausende sein, die dem führerlosen Zeppelin hinterher jagten. Und gleich wieder mussten sie eine furchtbare Beobachtung machen: »Da ist ja noch einer! Dieses Mal in der hinteren Gondel!«
    »Spring ab Mann! Schnell!«
    Aber der unfreiwillige Passagier schien gar nicht daran zu denken. Ganz im Gegenteil sogar!
    »Was macht der Kerl denn da?«
    »Das gibt es doch gar nicht!«
    »Ist der denn verrückt geworden?!«
    Doch die Person in ihrem ölverschmierten Monteursanzug war alles andere als wahnsinnig. »Das ist der Schwarz, einer von unseren eigenen Leuten!« stammelte der leichenblasse Oberingenieur Dürr, als er erkannte, um wen es sich bei dem tollkühnen Mann handelte, der gerade über den Rand der hinteren Gondel geklettert war und nun auf dem Laufsteg balancierend, einen Schritt um den anderen nach setzte, um den Verbindungsgang zur vorderen Gondel zu erreichen, während das Luftschiff weiterhin mit wachsender Geschwindigkeit nach Südosten abdriftete. In diesem Augenblick begriff Dürr, was der Mechaniker mit seinem waghalsigen Manöver im Sinn hatte. »Er will offenbar versuchen, Gas abzulassen. Dazu muss er aber in die Gondel am Bug gelangen. Denn dort ist der Führerstand mit den Gaszügen.«
    In der Tat war Schwarz, der in der hinteren Gondel mit Wartungsarbeiten beschäftigt gewesen war, von den Ereignissen völlig überrascht worden, hatte aber dennoch einen kühlen Kopf bewahrt, als der Zeppelin durch den Windstoß aus seiner Verankerung gerissen wurde und nun mit seinem unfreiwilligen Passagier, den es durch den plötzlichen Ruck zu
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