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Ferdinand Graf Zeppelin

Ferdinand Graf Zeppelin

Titel: Ferdinand Graf Zeppelin
Autoren: Gunter Haug
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am Morgen des 4. August 1908 mit seinem LZ 4 aufgebrochen. Und nun kehrte er als alter, gebrochener Mann am späten Abend des 5. August in das immer noch zu seinen Ehren festlich geschmückte Friedrichshafen zurück, wo seine Ehefrau Isabella auf dem Bahnsteig des Hafenbahnhofs schon seit geraumer Zeit die Einfahrt des Eilzuges aus Stuttgart mit klopfendem Herzen erwartete – trotz der vorgerückten Abendstunde begleitet von vielen hundert Bürgern, die »ihrem Luftgrafen« nach dem Unglück von Echterdingen in den schwersten Stunden seines Lebens unbedingt ihre Anteilnahme bezeugen wollten. Wie ein Lauffeuer hatte sich die Katastrophe von Echterdingen innerhalb weniger Stunden in ganz Deutschland herumgesprochen – und erst recht natürlich in Friedrichshafen. Keine Zeitung, die nicht – zum zweitenmal an diesem Tag – ein Extrablatt heraus gegeben hätte, um ihre Leser über die sensationelle Fahrt des Luftschiffes zu unterrichten. Erst die Meldung von der geglückten Landung des LZ 4 auf der Filderebene, der ersten Bodenlandung eines Luftschiffes überhaupt – und dann, nur wenige Stunden später, die Schlagzeilen mit der Schreckensnachricht vom explodierten Zeppelin. Das ganze Land hatte voller Entsetzen den Atem angehalten.
    »Macht doch endlich Platz für seine Exzellenz!«
    Auf ausdrücklichen Wunsch der Gräfin hielten die Menschen auf dem Bahnsteig einen respektvollen Abstand, als Graf Zeppelin mit gesenktem Kopf aus einem der vorderen Waggons stieg. Der sichtlich geknickte Mann mit seinem imposanten schneeweißen Schnurrbart hob nur leicht seine rechte Hand, um der Menge flüchtig die Referenz zu erweisen, dann nahm er Blickkontakt mit seiner Ehefrau Isabella auf, die ihn aus sorgenvollen Augen eindringlich musterte. Es brach ihr beinahe das Herz, an Ferdinands fest aufeinander gepressten Lippen und dem leichten Beben seiner Nasenflügel erkennen zu müssen, wie schwer es ihm fiel, auch noch in dieser Situation eine würdevolle Haltung an den Tag zu legen. Denn trotz aller Niedergeschlagenheit kam es für den altgedienten Offizier selbstverständlich nicht in Frage, vor aller Welt seine wahren Gefühle zu offenbaren. Aber wie jammervoll mochte es tief in seinem Innersten wohl aussehen? Innerhalb von nicht einmal zwei Tagen, die seit ihrem Abschied vergangen waren, schien ihr geliebter Ferdi um viele Jahre gealtert. Sie holte tief Atem, dann machte Isabella von Zeppelin einen entschlossenen Schritt auf ihn zu und legte ihm sachte ihre rechte Hand auf die Schulter. »Wie geht es dir denn, Ferdi?« flüsterte sie rau. »Gott sei Dank bist du dem flammenden Inferno heil entkommen, das ist mir das allerwichtigste!«
    »Es ist vorbei!« Graf Zeppelin schluckte trocken und bedachte seine Ehefrau dabei mit einem flehentlichen Blick, der ihr mehr sagte, als tausend weitere Worte. »Lass uns rasch von hier weg gehen. Bitte Bella. Ich möchte mit dir alleine sein.«
    »Dann lass dich von mir führen, da drüben steht schon unser Wagen.«
    Wenig später hatten sie sich ihr Spalier durch die Menschenmenge gebahnt und das am Hafenbahnhof bereit stehende Automobil erreicht, wo ihnen Luftschiffkapitän Bernhard Lau schon die Wagentüre geöffnet hatte. Lau war als allererster aus der kleinen, niedergeschlagenen Gruppe von Luftschiffern, die Zeppelin bei seiner Rückfahrt begleitet hatten, aus dem Stuttgarter Zug geeilt und hatte dem verdutzten Automobil-Chauffeur mit wenigen Worten klipp und klar die Anweisung gegeben, sofort seinen Platz zu räumen, denn er, der Kapitän persönlich, würde nun als Wagenlenker fungieren, Unter keinen Umständen hatte Bernhard Lau es sich nehmen lassen wollen, seinem verehrten Grafen in dessen düsterster Stunde zur Seite zu stehen. Er würde Zeppelins Austro-Daimler eigenhändig an das gewünschte Ziel steuern. Niemand sonst. Ehrensache!
    Im Gegensatz zu ihren sonstigen Gepflogenheiten entbot er seinen Passagieren keinen militärischen Gruß, sondern nickte lediglich knapp, als das Ehepaar Zeppelin das Fahrzeug erreichte.
    Der Graf stutzte, als er den Luftschiffkapitän, der doch eben noch mit ihm im selben Zug gesessen hatte, jetzt am Wagen stehen sah. »Lau – du bist schon hier?«
    »Natürlich. Es ist mir ein Bedürfnis, Sie eigenhändig zum Hotel chauffieren zu dürfen. Bitte sehr, Exzellenz! Steigen Sie ein.«
    In Freude wie in Leid vereint, so musste es sein. Bernhard Lau spürte, wie sich ein trockener Kloß in seiner Kehle auszubreiten begann. Rasch schloss er die Wagentür
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