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Felidae Metamorphosis (German Edition)

Felidae Metamorphosis (German Edition)

Titel: Felidae Metamorphosis (German Edition)
Autoren: Markus Kastenholz
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Oberfläche eingebrannt zu sein. Es waren nur Berge und Krater, sie wusste das: geologische Unebenheiten. Im Gegensatz zu einigen Astronauten war sie niemals auf ihm gewandelt. Dennoch, vermutlich niemand auf Erden hatte mehr Stunden damit zugebracht, den leuchtenden Mond anzustarren.
    So abstrus es auch klang: Felicia hätte Stein und Bein geschworen, dort oben lebte jemand. Oder etwas!
    Etwas, das alle vier Wochen die Nacht regierte und die junge Frau allein durch seine Anwesenheit verspottete.
    „Bleib doch hier“, bat McArthur. Er wusste, sie würde sich zwar bald verwandeln, doch aus ihr würde keine reißende Bestie werden. Felicia veränderte sich vorwiegend nur äußerlich.
    „Lieb von dir“, nickte sie, „aber ich glaube, ich werde einen kleinen Streifzug durch die Wälder machen.“
    „Hältst du das für klug?“
    „Keine Ahnung, ob es klug ist“, zuckte sie mit den Schultern. „Aber ich hab mich lange genug bei Vollmond eingeschlossen.“
    Der Arzt schwieg. Ihm war klar, besonders wenn aus Felicia die Wer-Katze wurde, verstärkten sich ihre animalischen Instinkte. Sie wurden von ihrer Intelligenz unterdrückt, jedoch niemals völlig. Es lag nicht in ihrer Natur, sich in einem Keller zu verkriechen, obwohl ihr in Boston bei Vollmond meistens keine andere Wahl geblieben war.
    „Pass bloß auf, es gibt hier Jäger.“
    „Ich werde auf unserem Gelände bleiben.“
    „Versprochen?“
    „Ja, versprochen“, lächelte sie.
    Das war für sie das Zeichen, aufzubrechen. Sie hatte keine Eile, die Metamorphose würde frühestens in zwei Stunden beginnen, und es waren nur acht Meilen bis nach Hause.
    Als sie sich von der Couch erhob, merkte sie bereits, wie leicht ihr das fiel. Die Katze in ihr war erwacht und verlangte nach ihrem Recht.
    „Du kommst morgen?“, fragte der Arzt, während sie ihm eine flüchtige Umarmung und einen ebenso flüchtigen Kuss auf die Wange schenkte.
    „Keine Sorge, ich werde dir in nächster Zeit ziemlich auf die Nerven fallen. Außerdem musst du mir zeigen, wo man hier einkauft.“
    „Wird mir ein Vergnügen sein.“ Er freute sich darauf, wie sie ihm auf die Nerven fallen würde. Sie war für ihn so etwas wie die Tochter, die er weder je gehabt hatte, noch je haben würde. Ihre Leben waren vom Schicksal miteinander verknüpft worden. Und was für ihn noch viel wichtiger war:
    Er hatte Felicia fürchterlich vermisst!
     
    ***
     
    Ja, dort oben wohnte jemand.
    Sie war fest davon überzeugt. Ebenso wie sie davon überzeugt war, wem immer sie davon erzählen würde, man würde sie verhöhnen. Der Mond werde ständig erforscht, Astronauten seien bereits dort gewesen. Dort könne niemand leben, es gebe keine Luft und kein Wasser …
    Ausreden! Ausreden, die Felicia nicht im Geringsten kümmerten.
    Ein Gefühl sagte ihr, dort oben lebte etwas.
    Fragte sich nur, handelte es sich um den bösen Mann im Mond oder um die elegante Frau Luna? Vermutlich beide. Der Mond hatte zwei Seiten, Yin und Yang. Das Eine existierte nicht ohne das Andere.
    Bereits seit heute Abend, genau um 18:34 Uhr, als der Vollmond am Horizont erschienen war, spürte sie ihn deutlich. Meinte sie, ständig leichten, jedoch unangenehmen Stromstößen ausgesetzt zu werden. Das lag allein an ihr. Sie hielt den Zwang, sich zu verwandeln, zurück. Noch konnte sie das, noch hatte er seine volle Macht noch nicht entfaltet. Bald schon würde das anders sein, ganz gleich, wie sehr sie sich anstrengte und konzentrierte. Irgendwann, wie in jeder Vollmondnacht, würde es aus ihr hervorbrechen.
    Wie in genau diesem Moment!
    Sie hatte sich auf die oberste Stufe der Veranda gesetzt. Dreimal hatte sie kontrolliert, dass das Tor geschlossen war. Sie brauchte keine Zeugen, die ihre Beobachtungen mit Phantastereien ausschmückten, die sich wichtig machten und deren Lügengeschichten sich wie ein Lauffeuer verbreiteten.
    Es begann mit einem Schmerz in ihren Schultern. Wie jedes Mal. Ihr war, als würden ihr glühende Lanzen in den Körper getrieben werden. Tief, ganz tief, bis zum Anschlag. Um dann genüsslich langsam in ihrem Fleisch umgedreht zu werden. Weitere imaginäre Spieße schienen in sie gerammt zu werden. In ihren Kopf, in den Rücken, in die Gelenke … Vor allem in die Gelenke. Ihr Körper verwandelte sich, und absurderweise kam ihr ausgerechnet jetzt die Weisheit in den Sinn, Veränderungen seien immer schmerzhaft.
    Die Qualen trieben ihr die Tränen in die Augen. Doch kein Schrei verließ ihre Lippen. Sie wusste, die
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