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Felidae Metamorphosis (German Edition)

Felidae Metamorphosis (German Edition)

Titel: Felidae Metamorphosis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kastenholz
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schien ihm fast ein wenig peinlich zu sein, dass er ihr nichts Beeindruckendes präsentieren konnte. „Aber trotzdem hab ich etwas, das Sie interessieren dürfte.“
    Er winkte sie, ihm zu folgen. Anstandslos trat sie um seinen Schreibtisch herum und kam ihm hinterher, quer durch einige aufgestellte Regalwände unterschiedlicher Größe. Alles war mit Büchern geradezu überfüllt: unterschiedliche Größe, Farbe, Umfang und Inhalt. Die Klassiker durften hier ebenso wenig fehlen wie Jugendliteratur, Belletristik, Sachbücher und Bildbände.
    Schon von Weitem entdeckte Felicia, was er ihr zeigen wollte: An der Querwand hing ein großformatiges Foto ihres Vaters. Im Rahmen, unter Glas. Es stammte noch aus der Zeit weit vor ihrer Geburt, er war darauf noch ein junger Mann von höchstens dreißig. Aus einer Zeit, in der er seine ersten Erfolge gefeiert hatte. Sein Haar war damals noch kurz gewesen, später hatte er es einfach wachsen lassen. In einem Ledersessel sitzend berührten die Fingerspitzen seiner einen Hand nachdenklich die der anderen.
    Er wirkte wie jemand, der wusste, was er tat. Selbst wenn sich das den meisten anderen Menschen nicht erschloss.
    Darunter hatte Frank mindestens zwei Dutzend Bücher ihres Vaters liebevoll drapiert.
    Er blieb davor stehen. Wehmut schimmerte in seinen Augen.
    Sie wusste nicht, welche Reaktion er von ihr erwartete. Sollte sie ihm freudenstrahlend-dankbar um den Hals fallen? Ihr war nicht danach. In ihr löste das Bild lediglich Trauer aus, die ihr Herz umklammerte.
    Zwei Jahre waren nun nach seinem Tod vergangen, und sie hatte den Verlust noch immer nicht überwunden. Es tat nicht mehr so schlimm weh, dafür aber ständig. Jetzt und für den Rest ihres Lebens.
    „Jedes Buch Ihres Vaters steht hier“, erklärte er nicht ohne Stolz. „Um ehrlich zu sein, es war nicht ganz leicht, das hier durchzusetzen. Er hat schließlich nur “ – er betonte dieses Wort ironisch – „phantastische Literatur geschrieben. Das zählt bei einigen Spießbürgern hier nicht allzu viel.“
    Sie wusste, was er damit meinte. Von diesem Verhalten hatte Dad ihr oft genug erzählt. „Außerdem zählt der Prophet im eigenen Land ohnehin in der Regel kaum.“
    „Genau das“, bestätigte er. „Richtige Literatur schreiben nur diejenigen, die man nicht kennt und die sich unnahbar geben. Nicht jemand aus der Nachbarschaft. Dem missgönnt man seinen Erfolg höchstens. Sie werden sehen, viele werden Ihnen mit Neid begegnen. Immerhin sind Sie sowas wie prominent.“
    „Unsinn“, machte sie, mit einer Stimme, als sei jedes ihrer Worte in Stein gemeißelt. „Ich habe nichts geleistet, das besonders wäre.“
    „Sie sind die Tochter von …“
    „Nicht mein Verdienst“, wehrte sie ab. „Ich konnte mir meine Eltern genauso wenig aussuchen wie sie mich.“
    Frank wurde auffallend still. Das konnte nicht nur an der Enttäuschung liegen, dass Felicias Reaktion auf den kleinen Altar ihrem Vater zu Ehren nicht überschwänglicher ausfiel.
    „Was ist?“ Sein Verhalten war zu auffällig, als dass es ihr entgehen konnte.
    „Ich war schon immer eine Leseratte“, gestand er. „Ich hätte mir nichts mehr gewünscht, als ihn zum Vater zu haben.“
    Dankbar nickend lächelte Felicia.
    „Er war der beste Vater, den man sich wünschen kann. Aber für mich war er eben Vater. Nicht der Schriftsteller.“
    Ob Frank begriff, was sie damit sagen wollte, wusste sie nicht.
    „Ich habe Ihren Dad ein paarmal gesehen“, meinte er und verwob seine Arme vor der Brust. „Ich war damals noch ein Kind, ich hatte keine Ahnung, wer er war. Aber ich erinnere mich noch sehr gut an ihn. Er … darf ich ehrlich sein?“
    „Ich bitte sogar darum.“
    „Er …“ Es fiel ihm schwer, es auszusprechen. „Er wirkte auf mich wie ein gebrochener Mann. Wie jemand …“
    „… der mit dem Leben abgeschlossen hat“, ergänzte sie. „Ja, ich weiß.“
    Ihre Stimme war zu einem Flüstern geworden. Die Erinnerung an ihren Vater wurde allmählich trüber. Ohne die zahlreichen Aufnahmen von ihm hätte sie sich kaum noch seiner Stimme erinnert. Doch seine gebeugte Haltung und dass sie ihn niemals aus vollem Herzen hatte lachen sehen – das würde sie niemals vergessen.
    „Obwohl er atmete … irgendwie war er schon tot. Ohne Lebenswillen.“
    „Genau das meinte ich“, bestätigte er. „Er versuchte unauffällig zu sein. Als gäbe es ihn gar nicht. Gerade deshalb fiel er mir auf.“
    „Er wollte nicht erkannt werden“, stellte sie

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