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Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12

Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12

Titel: Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12
Autoren: Akif Pirinçci
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waren.
    Auch ihr Segen sollte mir willkommen sein. Durch
die großen Kuppelfenster sah ich mächtige Blitzverästelungen aufleuchten, die
die Stadt für einen Atemzug erhellten.
    Rom lag mir nun zu Pfoten. Der Blick reichte vom
Petersplatz bis zu den Albaner und Sabiner Bergen und in den Staat der
Vatikanstadt hinein, der ringsum von einer hohen Mauer umgeben war. In der
Ferne brannten die Obelisken, das Kolosseum und die Metropole, und auf der
einsamen Campagne funkelte in vielfachen Windungen der Tiber. Und als wäre dies
nicht mein Untergang, sondern so etwas wie meine Wiederauferstehung, entdeckte
ich weit, weit weg im finsteren Bauch des Himmels den ersten purpurnen Strahl
der Morgenröte. Zur Stunde meines Todes würde also die Sonne aufgehen. Na wenn
das nicht ein Abgang mit Stil war!
    Antonio sprang aus dem Schacht in den Laternengang,
erblickte mich auf der anderen Seite der Galerie und kam trotz seines
erledigten Zustands sofort zu mir herüber.
    Völlig außer Atem und ziemlich derangiert standen
wir uns nun neben dem Spalier der Geländerstäbe gegenüber.
    Unser Fell war völlig zerzaust und unsere Ohren
hingen wie durch den Sturm geknickte Zweige tief herab. Im kohlrabenschwarzen
Gesicht des Orientalen erkannte ich eine Mischung aus Kummer und einem Rest von
Verbissenheit.
    »Du stirbst für eine gute Sache, Francis«, sagte
er.
    »Durch deinen Tod werden Tausende, vielleicht sogar
Millionen überleben. Auch von unserer Art.«
    »Danke für die tröstenden Worte, Antonio, das ist
sehr freundlich von dir«, erwiderte ich. »Es wäre mir aber viel lieber gewesen,
wenn du die Rolle des Märtyrers übernommen hättest. Sie hätte dir, wie soll ich
sagen, irgendwie besser gestanden als mir.«
    Das kochende grüne Magma in seinen Augen ruhte noch
ein letztes Mal nachdenklich auf mir. Merkwürdig, ich mochte ihn immer noch –
obwohl ich ihm seine Strafe freilich nicht erlassen konnte.
    »Intoleranz, Francis, gehört ausgerottet, und all
die Monster, die anderen befehlen wollen, wie sie zu leben haben, müssen
getötet werden! Doch letzten Endes: Das Leben ist schön – die Menschen sind
häßlich. Ich bitte dich, mir zu vergeben.«
    Mit einem ohrenbetäubenden Heulen schoß der
Flugkörper aus dem Ausgang hervor und bog, ohne sich beirren zu lassen, wie ein
flinkes Tier in den Laternengang ein. Seine Manövrierfähigkeit war wirklich
unglaublich, und seine Gewandtheit, im kleinsten Radius ruckartig eine Kurve zu
nehmen, ja quasi von einem Moment zum nächsten die Spur zu wechseln, erinnerte
in der Tat an das blitzartige Hakenschlagen unserer Art. Er flog immer lauter
werdend die Kuppel entlang, bis er schließlich nur noch wenige Meter von uns
entfernt war.
    »Ciao, Francis! Wir werden uns irgendwann
Wiedersehen – in einer besseren Welt …« sagte Antonio und wollte sich
zurückziehen, um für das explosive Finale Platz zu schaffen.
    »Warum so lange warten, il mio amico !«
erwiderte ich, stürzte mich auf ihn und bohrte mich mit sämtlichen Krallen in
sein Fell. Solcherart ineinander verkeilt, rollten wir zum Geländer, bis wir
durch die Lücke zwischen zwei Stäben hindurchbrachen und gemeinsam in die Tiefe
stürzten …
    Im freien Fall überschlugen wir uns mehrmals und
drehten uns immer wieder um unsere eigene Achse. Dabei kam auch der angeborene
Fallschirm-Reflex zum Einsatz, der unsere Beinmuskulatur bei maximaler
Absturzgeschwindigkeit veranlaßt, in eine Muskelerschlaffung überzugehen. So
glichen wir einem natürlichen Fallschirm, der sich der Bremswirkung der Luft
bedient. Den Schwanz benutzten wir zum Austarieren des Gleichgewichts, und die
Köpfe drehten sich automatisch in Richtung des Bodens. Trotz solcher kleinen
Tricks hütete ich mich jedoch davor, von Antonio abzulassen, denn ich wußte,
daß der Sturz aus solcher Höhe ohne sein zukünftiges Opfer in den sicheren Tod
führen würde. Wie er sich auch von mir loszureißen versuchte, sich drehte und
wandte, meine Krallen blieben tief in seinem Pelz stecken.
    Doch die alte Gefahr war mitnichten überwunden.
    Gleich nach dem Fall ins Leere hatte ich aus den
Augenwinkeln registriert, daß Miracolo durch die veränderte Situation
keineswegs in eine Sinnkrise gestürzt war und als fairer Sportsmann die Jagd
für beendet erklärt hatte. Der Flugkörper war einfach über das Geländer gehuscht,
als wäre nichts gewesen, und hatte eine scharfe Kurskorrektur nach unten
vollzogen. Nun schoß er wie ein herabsausendes Messer senkrecht auf uns zu
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