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Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition)

Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition)

Titel: Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition)
Autoren: Melanie Welsh
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Erdklumpen herab. In der Mitte der Höhle tat sich unter ungeheurem Getöse ein breiter Spalt auf. Man sah die verschiedenen Gesteinsschichten und darunter nur noch einen bodenlosen Abgrund.
    Das Beben hörte auf. Die Erdhexe ging zu Felicity, packte sie und schleppte sie zu dem Loch in der Mitte der Höhle. Das Mädchen kreischte und zappelte, aber die Erdhexe war übermenschlich stark. Mit eisernem Griff umklammerte sie Felicitys Knöchel und hob sie hoch, sodass sie mit dem Kopf nach unten hing.
    Felicity schrie in Todesangst. Die Erdhexe streckte den Arm aus und hielt sie über den Abgrund. Zuerst sah Felicity unter sich nichts als nachtschwarze Tiefe, aber dann entdeckte sie in der Ferne ein rot glühendes Pünktchen.
    »Das ist Lava«, sagte die Erdhexe. »Die gerechte Strafe für eine, die es gewagt hat, eine Hüterin zu bestehlen.«
    Felicity versuchte verzweifelt, sich an ihrer Peinigerin festzuklammern. Sie bekam einen Zipfel ihres Kleids zu fassen. »Ich hab das Kettchen nicht gestohlen«, rief sie. »Mein Freund Jeb hat es mir geschenkt. Er hat es von seinem Paten bekommen. Povl Usage lügt, weil er mich hasst.«
    Povl Usage lächelte boshaft, doch das konnte nur Felicity sehen. Sie spürte das Blut in ihrem Kopf tosen. Ihre Freunde waren so nahe, aber sie konnten ihr nicht helfen; sie bekamen gar nicht mit, was mit ihr geschah.
    Die Erdhexe schüttelte Felicity, damit sie ihr Kleid losließ. »Nimm diese verfluchte Kette mit in den Tod«, sagte sie.
    Povl Usages bleiches Gesicht leuchtete auf. »Ja, weg damit! Er hat dich nie so geliebt wie ich.«
    Er hat dich nie so geliebt wie ich.
    Felicity, immer noch kopfüber, drehte den Hals und sah schockiert ihren Lehrer an. Jetzt erst verstand sie es. Natürlich, außer der
Herrin
hatte noch jemand ein Interesse daran, die Erdhexe und ihren Geliebten auseinanderzubringen!
    Eine Stelle in der Geschichte, die in Alices Tagebuch versteckt gewesen war, fiel ihr ein:
    »Als du mir geholfen hast, diese Locke zu stehlen …«
    Und ihr kam in den Sinn, was Povl Usage im Brunnen gesagt hatte: »Niemand wird je ermessen, was sie mir bedeutet.«
    »… es ist nämlich keine Kopie, sondern das Original …«, hörte sie im Geist Jeb sagen.
    »Es gab
zwei
Kettchen«, schrie sie aus vollem Hals. »Ich weiß es von Jeb.«
    Povl Usage fuhr zusammen.
    Felicity sprudelte alles heraus, was ihr zu der Sache einfiel und was zu ihrer Verteidigung dienen konnte. »Vielleicht hat die
Herrin
ein Kettchen gemacht, das genauso aussah wie Ihres. Das hat sie Ihnen dann gezeigt zum Beweis, dass Ihr Schatz Sie nicht mehr liebte. Wahrscheinlich hat Povl Usage der Windhexe geholfen, Ihnen eine Haarlocke zu stehlen. Bestimmt hatte er schreckliche Angst, Sie zu verlieren. Sie müssen doch gemerkt haben, wie viel Sie ihm bedeutet haben. Er war eifersüchtig auf Ihren Geliebten, oder?«
    Die Erdhexe setzte Felicity, die völlig erschöpft nach Atem rang, auf dem Boden ab und wandte sich ihrem Diener zu.
    Povl Usage schluckte, er zuckte nervös. »Alles gelogen«, stammelte er.
    Die Hüterin stand still da, ihr schönes Gesicht sah ganz angespannt aus, als lauschte sie. »Da sind Gedanken in deinem Kopf, die ich nicht lesen kann«, murmelte sie nach einer Weile. »Offenbar verbirgst du etwas vor mir. Was kann das sein?«
    »Ja, Herrin, ich habe gelernt, wie ich ein paar Gedanken für mich behalten kann – ein bisschen Privatleben werden Sie mir doch gönnen. Es sind nur Kleinigkeiten, nichts, was Sie interessieren könnte.« Er schlug schuldbewusst die Augen nieder.
    Die Erdhexe starrte ihn an.
    »Es ist nichts, glauben Sie mir«, versicherte Povl Usage.
    Aber die Erdhexe war ganz offensichtlich entschlossen, jeden Winkel seines Geistes zu durchforschen. Und dann schnappte sie plötzlich nach Luft. Langsam ging sie auf ihn zu, aus ihrem Blick sprach tiefste Bitternis. Povl Usage sank immer mehr in sich zusammen, aber er konnte die Augen nicht von ihr abwenden.
    Dann stand sie vor ihm. Seine Hände fuhren hoch an seinen Hals, aber es half ihm nichts. Die Hüterin schob sie beiseite und fasste unter den Rollkragen seines vor Dreck starrenden Pullovers. Langsam, quälend langsam, zog sie ein Kettchen hervor. Es sah genauso aus wie das von Felicity – ein Kettchen, geflochten aus feinen goldenen Fäden.
    Felicity starrte die beiden staunend an. Tatsächlich, die
Herrin
hatte ihre Schwester getäuscht. Sie hatte sie glauben lassen, dass ihr Schatz sie nach all den Jahren des Wartens nicht mehr
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