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Felicity Gallant und Das Auge des Sturms (German Edition)

Felicity Gallant und Das Auge des Sturms (German Edition)

Titel: Felicity Gallant und Das Auge des Sturms (German Edition)
Autoren: Melanie Welsh
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durch die Tür, in der Hand einen selbst gestrickten Topflappen. »Ich komm schon zurecht, Alice«, sagte sie. »Trinkst du auch Tee, Henry?«
    Henry nickte. Alice fuhr unbeeindruckt fort: »Seid ihr oft zusammen, du und Felicity?«
    Während er noch überlegte, was er ihr antworten sollte, redete sie schon weiter: »Sie sollte ein bisschen mehr aus sich herausgehen und Kontakt suchen, findest du nicht?«
    Felicity brachte auf einem Tablett Tassen und Teller, die Teekanne, Milch, Zucker, Löffel und einen Kuchen. Sie warf Alice einen strafenden Blick zu. Sicher, die alte Dame meinte es gut, aber Felicity fand solche Gespräche trotzdem peinlich.
    »Das ist Dattelkuchen«, sagte sie zu Henry, um das Thema zu wechseln. »Eine Spezialität von Alice. Schmeckt köstlich.«
    Als alle Tee und Kuchen hatten, plauderten sie über die verschiedensten Dinge, die ihnen gerade in den Sinn kamen: über Konstantinopel, den Schmelzpunkt von Magnesium, warum bestimmte Plätzchen immer abbrechen und runterfallen, sobald man sie in heiße Getränke eintunkt … Henry hätte nie gedacht, dass es so unterhaltsam sein könnte, bei einer alten Dame Tee zu trinken.
    Plötzlich fiel Felicity der Mann in der Bibliothek wieder ein.
    »Mir ist neulich was Komisches passiert«, begann sie. Während sie von dem Erlebnis erzählte, holte sie das Buch aus ihrer Schultasche hervor und zeigte es Alice und Henry. »Es ist eine Art Geschichtensammlung. Die Verfasser sind in der Welt herumgereist und haben alles aufgeschrieben, was sie über eine bestimmte Figur erfahren konnten.« Sie las eine Passage aus dem Kapitel »Mündliche Überlieferung« vor:
    »… bis eines Tages die älteste Tochter für eine Weile von zu Hause fortmusste. Und als sie zurückkam, war nur noch die jüngste da, und die wollte nicht sagen, wo die beiden anderen Schwestern waren. Sie verriet es nicht, sondern lächelte nur. Und schließlich fing sie laut zu lachen an. Und da wusste die älteste Schwester, dass sie verloren war.«
    Felicity blickte auf. Sie fand das alles ungeheuer aufregend und hoffte, dass die beiden ihre Begeisterung teilten.
    Henry nahm das Buch und blätterte darin. »Der Mann, der dir das gegeben hat, war groß und dunkel und fremdartig gekleidet?«, fragte er.
    »Ja.« Felicity nickte. »Und er sagte: Die Sturmwolke kommt. Komisch, nicht?«
    Henry runzelte die Stirn. Alice hatte die ganze Zeit geschwiegen. Sie war ziemlich blass. »Ach, du meine Güte«, sagte sie. »Ist es wirklich schon so spät? Entschuldige, Felicity, aber ich muss ins Altenheim. Ich darf die Leute nicht enttäuschen.«
    Henry sah sie verwirrt an. »Ins Altenheim? Ich dachte, Sie wohnen hier?«
    »Alice geht zu Besuch dorthin«, erklärte Felicity. »Sie liest den richtig alten Leuten vor.« Ihr Blick sagte ihm, dass er diese Aussage bloß nicht kommentieren solle.
    »Sie freuen sich doch immer so, wenn ich komme«, sagte Alice heiter. Hektisch schwirrte sie im Zimmer umher, nahm eine angebrochene Packung Kekse, ein Knäuel Wolle und ein Taschenbuch, von dem der Umschlag abgerissen war, und stopfte alles in eine winzige Handtasche.
    Am nächsten Tag, als der Unterricht aus war, schlenderten Felicity und Henry gemeinsam durch das Gewimmel von Kindern auf dem Schulhof zum Ausgang.
    »Alice ist wirklich großartig, findest du nicht?«, meinte Henry.
    Felicity nickte. »Eine tolle Frau.«
    Kaum hatte sie das gesagt, tauchte die alte Dame mit einer flotten Tweedmütze auf dem Kopf am Steuer eines grünen Autos auf. Der Wagen holperte mit einem Rad über den Bordstein und kam ganz knapp vor Felicitys Zehen abrupt zum Stehen. Alice drückte kurz auf die Hupe.
    »Ein MG Zweisitzer!« Henry schnappte nach Luft. Er sah aus, als platzte er gleich vor Begeisterung. Er flitzte aufgeregt um das Auto herum und bewunderte es in allen Einzelheiten.
    Alice schien bester Laune zu sein. »Deine Mutter hat gesagt, dass du hier bist«, rief sie durch den Lärm des Motors. Felicity musste lächeln. Wo sollte sie an einem gewöhnlichen Schultag auch sonst sein? »Sie meinte, du musst zu noch einer Besprechung, wegen dieser Regatta. Wenn du willst, fahr ich dich hin.« Sie wandte sich an Henry. »Zur Not passt du auch noch mit rein.«
    Henry grinste: Die Gelegenheit, in so einem schicken Wagen mitzufahren, konnte er sich nicht entgehen lassen. Fröhlich stieg er hinter Felicity ein und schloss die Tür. »Das ist ein Flachkühlermodell«, erklärte er ihr.
    »Wie war’s in der Schule?«, schrie Alice,
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