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Feine Milde

Feine Milde

Titel: Feine Milde
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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Typ.«
    Toppe zog seinen Jüngsten zu sich heran und knuddelte ihn. »Hilfst du mir mit der Kräuterbutter für die Crevetten?«
    Beim Essen war die Atmosphäre noch immer geladen, obwohl Astrid und Oliver sich alle Mühe gaben, die beiden anderen zum Reden zu bringen. Toppe nahm schließlich stillschweigend Christians Angebot, beim Abwasch zu helfen, als Entschuldigung an, wünschte sich aber dann ziemlich schnell, er hätte es nicht getan. Der Junge schwieg beharrlich und übte dabei einen provozierend selbstherrlichen Gesichtsausdruck.
    Als Toppe gerade das fettige Abwaschwasser mit den Crevettenschalen aus dem Zelt trug, kam der »Baron« um die Ecke geradelt. Monsieur Chibrac war eine Institution auf diesem Campingplatz. Seit undenklichen Zeiten verbrachte der alte Mann aus Bordeaux die Sommer hier mit seiner Frau. Niemand wußte mehr genau, warum er eigentlich »Baron« genannt wurde, man vermutete aber, daß der Name »Residence« zuerst da gewesen war; seine »Residence«, das große, blaue Zelt, alt zwar, aber makellos gepflegt und absolut perfekt und faltenlos aufgebaut, prangte Jahr für Jahr an derselben Stelle auf einer kleinen Anhöhe.
    Der pensionierte Rheinschiffer hatte Toppe sofort ins Herz geschlossen, obwohl die Verständigung nicht ganz einfach war. Irgendwie wurschtelten sie sich mit einem Gemisch aus Französisch, Deutsch, ein paar Brocken Holländisch und sehr viel Zeichensprache durch. Jetzt aber war der Baron aufgeregt und redete so schnell, daß Toppe nicht einmal eine Ahnung hatte, was der Mann eigentlich wollte. Gott sei Dank kam Astrid zu Hilfe.
    »An der Rezeption liegt eine Nachricht für uns«, übersetzte sie. »Wir sollen sofort zu Hause im Präsidium anrufen.«
    »Avez vous une télécarte?« fragte der Baron.
    Das verstand Toppe und nickte. »Merci, Monsieur.«
    Monsieur Chibrac hob grüßend die Hand und stieg wieder auf sein klapperndes Damenrad.
    Astrid war schon im Zelt verschwunden und hatte ihre Handtasche geholt. »Hoffentlich ist nichts passiert«, murmelte sie.
    »Ach, was«, meinte Toppe beruhigend. »Ist bestimmt bloß Quatsch.« Aber auch er hatte ein beklommenes Gefühl.
    Oliver sprang auf und rannte hinter Astrid her. »Ich komm mit!«
    Christian saß da, die Füße auf dem Tisch, und blätterte in einem Comic.
    »Ich dachte, du wolltest ins Paradou«, fuhr Toppe ihn an.
    »Später«, kam es gelangweilt zurück.
    Toppe zündete sich eine Zigarette an und legte sich mit seinem Buch in die Hängematte, aber er konnte sich nicht konzentrieren. Schließlich hörte er Oliver, der wie üblich die Kurve zu eng nahm, über die Zeltschnur stolperte und einen Hering aus dem Boden riß.
    »Einem von deinen Kollegen ist was passiert«, hechelte er.
    »Was?« rief Toppe und stemmte sich aus der Hängematte hoch. »Wem?«
    »Weiß ich nicht. Mehr hab ich nicht mitgekriegt.«
    Astrid war weiß wie die Wand. »Günther ist tot.«
    Toppe sah sie fassungslos an.
    »Ja«, nickte sie. »Er ist überfahren worden.«
    Christian nahm die Füße vom Tisch und stand auf. »Ich hau dann jetzt ab.«
    »Was?« Toppe fuhr zu ihm herum, aber sein Sohn zuckte nur mit den Schultern. »Ist doch nicht mein Problem, wenn der Typ abkackt.«
    Mit einer einzigen Bewegung griff Toppe nach der Schüssel und kippte seinem Sohn das Abwaschwasser ins Gesicht.

5
    Halb Kleve wußte inzwischen, was Breitenegger zugestoßen war, und im Präsidium ging es drunter und drüber. Pausenlos klingelte das Telefon, und selbst viele Kollegen, die dienstfrei hatten, waren da und wollten alles genau wissen. Die meisten reagierten bedrückt und leise, aber es fielen auch Sätze wie: »Wenn ich den zwischen die Finger kriege« oder »Soll sich schon mal warm anziehen, die Sau!«
    Heinrichs und van Appeldorn hatten sich in ihr Büro im ersten Stock zurückgezogen und die Tür hinter sich zugemacht. Sie wollten versuchen, an den Halter des holländischen Transporters heranzukommen. Eigentlich hätte das über BKA und Interpol laufen müssen, aber über den Kleinen Dienstweg ging das sehr viel schneller – eine Hand wusch die andere. Ein kurzes Telefonat mit den niederländischen Kollegen hatte auch heute genügt. Sie würden versuchen, Frans de Witt aufzutreiben, und sich dann wieder melden.
    Heinrichs hatte die Stirn in die Hand gestützt und starrte vor sich hin.
    »Van Gemmern hat nichts gefunden«, brummelte er.
    »Was?«
    »Van Gemmern hat an Günthers Kleidung keine Spuren von dem Auto gefunden, das ihn umgefahren
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