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Feindbild Islam - Thesen gegen den Hass

Feindbild Islam - Thesen gegen den Hass

Titel: Feindbild Islam - Thesen gegen den Hass
Autoren: Juergen Todenhoefer
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Region von anderen Regionen der Welt und macht sie zum Nährboden des sogenannten muslimischen Terrorismus.
    Wer den Terrorismus muslimischer Extremisten verstehen will, muss versuchen, die Welt einmal aus der Sicht eines Muslims zu betrachten. Ein junger Muslim, der regelmäßig Fernsehnachrichten verfolgt, sieht Tag für Tag, Jahr für Jahr, wie im Irak, in Afghanistan, in Pakistan, in Palästina und anderswo muslimische Frauen, Kinder und Männer durch westliche Waffen, westliche Verbündete und westliche Soldaten sterben.
    Terrorismus ist immer unentschuldbar. Aber objektiv betrachtet ist der »muslimische Terrorismus« die gewalttätige Antwort einer winzigen extremistischen Minderheit auf die gewalttätige Politik westlicher Mehrheiten.
    Die große Mehrheit der Muslime bevorzugt ganz andere Wege, um sich aus ihrem Elend zu befreien. Die Volksaufstände in der arabischen Welt, die ich intensiv miterlebt habe, unterstreichen das eindrucksvoll. Die Mehrheit der Muslime in Tunesien, Ägypten, Libyen, Marokko und allen anderen muslimischen Ländern will Freiheit und Würde, nicht Gewalt und Terror. Sie distanziert sich bei jeder Gelegenheit mit großem Nachdruck von terroristischen Organisationen. Al-Qaida spielt bei der »Arabellion« nicht einmal eine marginale Rolle. Es sind unsere unsinnigen Kriege, die terroristischen Minderheitsorganisationen wie Al-Qaida immer wieder neues Leben einhauchen.
    Der extremistische Islamismus war zu Beginn des Jahres 2001 weltweit am Ende. Der Traum, die innenpolitischen Probleme des Iran oder Afghanistans durch radikale Islamisierung zu lösen, war zum Albtraum verkommen (Gilles Kepel). Verbittert realisierten die Muslime, dass die rigorosen Mullahs aus ihren Ländern trostlose Religions-Polizeistaaten gemacht hatten. Im Blitzkrieg der USA hat das afghanische Volk die Taliban demonstrativ allein gelassen – in der Geschichte Afghanistans ein ungewöhnlicher Vorgang.
    Angesichts dieses offenkundigen Scheiterns des muslimischen Extremismus war der Angriff von Al-Qaida auf New York und Washington nicht nur ein Racheakt, sondern auch der Versuch eines Befreiungsschlags: Er sollte durch diabolische Kühnheit und geniale mediale Inszenierung den Extremisten die Sympathien der Massen zurückgewinnen. Er sollte sie aus ihrer Außenseiterrolle wieder ins Zentrum der Diskussion rücken. Er sollte die USA zu einer Überreaktion provozieren, die dem muslimischen Extremismus wieder Rückenwind geben würde.
    Dass die Falken der US-Regierung auf eine solche Gelegenheit geradezu sehnsüchtig gewartet hatten, macht alles nur noch absurder. Al-Qaida wollte provozieren, und die Bush-Administration wollte provoziert werden.
    Zumindest die Provokations-Rechnung von Al-Qaida ist voll aufgegangen. Al-Qaida bombte sich auf die Titelseiten der Medien, und der folgende Raketenhagel der USA sorgte dafür, dass Al-Qaida dort blieb. Die unzähligen Bomben auf die Häupter talibanmüder afghanischer Zivilisten haben dem am Boden liegenden muslimischen Extremismus wieder auf die Beine geholfen. Die Afghanen wollten zwar die von den Geheimdiensten der USA, Saudi-Arabiens und Pakistans mitgeschaffenen Taliban und Al-Qaida gerne wieder loswerden. Aber dass dafür Tausende afghanischer Zivilisten zu Tode gebombt wurden und ihr Land erneut von ausländischen Soldaten besetzt wurde, verstanden sie nicht.
    Die Afghanen verstehen diesen Krieg bis heute nicht. Genauso wenig die Iraker. Keiner der Terroristen, die das World Trade Center angegriffen hatten, stammte aus Afghanistan oder dem Irak. Sie kamen aus Saudi-Arabien, Ägypten, den Vereinigten Arabischen Emiraten, dem Libanon – und aus Deutschland.
    Um ihr ideologisches Oberhaupt, den Saudi-Araber Bin Laden, auszuschalten, hätte es effektivere und intelligentere Methoden gegeben als die Bombardierung Kabuls. Der Kommandoeinsatz von Abbottabad am 2. Mai 2011 hat das trotz aller rechtlichen Probleme und Unzulänglichkeiten unter Beweis gestellt. Eine ähnliche Kommandoaktion wäre schon im Winter 2001 in Tora Bora möglich gewesen. Der Erfolg von Abbottabad hat den gesamten Afghanistankrieg ad absurdum geführt.
    Doch die US-Führung wollte Krieg. So konnten muslimische Extremisten, wie bereits beim sowjetischen Einmarsch 1979, erneut weltweit zum Kampf gegen fremde Invasoren aufrufen und Hass gegen den Westen schüren. Die Wahlsiege Ahmadinedschads und der Hamas, der Aufstieg des muslimischen Extremismus im einst säkularen Irak und das Wiedererstarken der
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