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Fehlschuss

Fehlschuss

Titel: Fehlschuss
Autoren: Anna Geller
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nervös.“
    „Wissen Sie, ob er gefunden hat, was er suchte?“
    Krebel zuckte die Achseln. „Keine Ahnung! Ein Kollege hat das
bearbeitet. Jedenfalls war er kaum hier und auch schon wieder draußen.“ Sein
Blick flog über den Bildschirm. „Ah, da haben wir´s ja. Was wollen Sie denn
wissen?“
    Sekunden später stürzte das System ab. Krebel wiederholte die
Prozedur, schaffte es diesmal tatsächlich, Daten auf den Bildschirm zu holen
und mittels einer Suchfunktion den Namen von Eickboom herauszufiltern. Aber es
hatte Zeit gekostet. Mehrere Minuten.
    Susanne sah es zuerst. „Großer Gott“, murmelte sie. „Witte! Eickboom
ist stiller Teilhaber bei Witte!“

Achtunddreißig
     
    Chris parkte
zwischen zwei LKW-Anhängern, und hoffte, dass sein Wagen von den Fenstern im
ersten Stock so nicht zu sehen war. Das Gelände lag verlassen da. Der Wind
blies ein paar trockene Blätter und Staub über den Parkplatz. Eine magere
schwarze Katze schlenderte gemächlich an der Begrenzungsmauer entlang und
verschwand dann im Grün der Bahnböschung hinter der Halle. Über der gesamten
Straße lag eine seltsame Ruhe. Freitagnachmittag im hintersten Winkel eines
Industriegebiets.
    Er blieb minutenlang sitzen, umkrampfte das Lenkrad mit beiden Händen
und versuchte, ruhig zu atmen, seine widerstreitenden Gefühle unter Kontrolle
zu bringen. Einerseits lag die Angst um Karin wie ein Felsbrocken auf ihm,
andererseits war er wütend. Ungeheuer zornig gegen sich selbst. Da hatte er
sich in die Ermittlungsakten vergraben, alles zerpflückt, nachgedacht, bis ihm
der Kopf qualmte. Und er, der Jurist, hatte es nicht gesehen. Er nicht, die Polizisten
nicht, der Staatsanwalt nicht. Karin würde jetzt fröhlich im Fotoladen stehen,
wenn einer von ihnen geschaltet und die Beteiligungsverhältnisse der Firmen
hier überprüft hätte. Vielleicht hätten sie dann schon vor Wochen eine
Verbindung zwischen Eickboom und Inge hergestellt … Vielleicht …
    Er zwang sich zur Ruhe. Mit Selbstvorwürfen konnte er sich später noch
quälen. Jetzt musste jeder Nerv in ihm funktionieren, wenn er das Spiel
gewinnen wollte, denn in einem hatte Susanne sicher Recht: Eickboom stand mit
dem Rücken zur Wand, und er würde alles versuchen, die Partie noch zu seinen
Gunsten zu entscheiden. Jedes Mittel würde ihm dazu recht sein. Wenn Chris
überhaupt eine Chance hatte, dann nur eine einzige. Und nur ein Schachmatt
würde ihm den Höchstgewinn bringen. Karin!
    Endlich stieg er aus, lugte um den ersten Anhänger herum und taxierte
die langegestreckte Halle. Nichts rührte sich. Stand er an einem der Fenster?
Hatte er den Nissan doch gesehen?
    Chris spurtete zu dem großen Tor an der Vorderfront. Daneben war eine
schmale Eisentür. Vorsichtig drückte er die Klinke nach unten. Offen! Die Tür
war offen! Eickbooms erster Zug.
    Während er in die Halle schlüpfte, zog er die Pistole aus der Tasche
und entsicherte sie so leise wie möglich. Mit angehaltenem Atem blieb er dicht
an der Tür stehen. Nichts. Nur das leise Summen einer Entlüftungsanlage über
seinem Kopf.
    Geräuschlos schlich er weiter, benutzte die hoch gestapelten Paletten
als Deckung. Neben Dutzenden von Kisten mit Wunderkerzen blieb er stehen und
lauschte erneut. Kein Scharren, kein Rascheln, kein Atmen. Vorsichtig lugte er
über die Kisten hinweg und musste sich recken, um etwas sehen zu können. Wer,
um alles in der Welt, brauchte wohl so viele Wunderkerzen? Das mussten
Hunderttausende sein!
    Er war jetzt beinahe sicher, dass sich niemand im unteren Bereich der
Halle befand. Trotzdem war er auf der Hut, als er nach vorn zur Treppe
zurückging und in die erste Etage stieg. Breite Flure, Tür an Tür. Nur der
Mittelgang war hell erleuchtet. Eickboom wies ihm den Weg.
    Chris blieb an der Ecke stehen, bis sich sein Herzschlag halbwegs
beruhigt hatte und wischte die schweißnassen Hände an seiner Hose ab.
    Dann hörte er Stimmen, leise, wie ein Murmeln, irgendwo aus einem der
hinteren Zimmer. Er unterdrückte den Impuls, einfach loszustürmen, sondern
setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen. Der dicke Teppichboden unter
seinen Sohlen schluckte jedes Geräusch.
    Fast am Ende des Ganges stand eine Tür halb offen. Er schob sich
näher, konnte sie mit einem Mal sehen. Karin saß auf einem Stuhl, totenblass,
beinahe grün im Gesicht. Ihre Unterlippe war aufgeplatzt. Vor Erleichterung
hätte Chris am liebsten geschrien. Aber im letzten Moment unterdrückte er ein
Triumphgeheul.
    Seine Gedanken
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