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Fehlschuss

Fehlschuss

Titel: Fehlschuss
Autoren: Anna Geller
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„Knappe Viertelstunde!“
    „Dann los, mein Alter! Vielleicht holen wir ihn noch ein!“
     
    Sie kamen zunächst gut voran über die A 57. Susanne hatte das mobile
Blaulicht aufs Wagendach geknallt und „Halt drauf, Heinz“ befohlen. Doch die
Innere Kanalstraße war ein einziger Stau. Trotz Sirene und blau kreisender
Lampe ging es kaum weiter, denn die Fahrer vor ihnen hatten kaum die
Möglichkeit auszuweichen. Die Wagen standen Stoßstange an Stoßstange,
Parklücken gab es keine, und aus den Seitenstraßen drängten noch mehr Autos herein.
    „Wir hätten schon viel früher auf ihn kommen können“, sagte Hellwein
dumpf gegen die Windschutzscheibe, während sie Meter um Meter vorwärts krochen.
    „Red keinen Scheiß, Heinz!“
    „Doch! Du hast Müller und mir gesagt, wir sollen die Firmen checken,
eine Verbindung zur Lautmann suchen. Wir haben die Inhaber überprüft, die
Geschäftsführer. Aber ich habe nicht an stille Teilhaber gedacht. Vielleicht …
wenn wir von Eickbooms Existenz gewusst hätten … Vielleicht wären wir auf seine
Leidenschaft für Kameras gestoßen, hätten von dem schwarzen Hund gewusst. — Ich
war nicht sorgfältig genug!“
    „Und ich war die leitende Beamtin und hätte eure Arbeit prüfen müssen,
okay?“
    „Du kannst dich nicht um alles kümmern. Dafür bin im Zweifelsfall ich
da!“
    „Also gut, Heinz! Zieh dir von mir aus den Schuh an!“, explodierte
Susanne. „Aber tu es in drei Teufels Namen, wenn wir die Scheiße hier hinter
uns haben! Sind die denn alle zu blöd, eine Gasse zu bilden?“
    Sie löste den Sicherheitsgurt, zog den Blazer aus und warf ihn nach
hinten auf die Rückbank. Die rote Bluse klebte feucht auf ihrer Haut. Unter den
Brüsten hatte sich Schweiß gesammelt und lief ihr mit kitzelnden Tropfen über
den Bauch. Für den Bruchteil einer Sekunde gestand sie sich ihre Angst ein.
    Dann griff sie entschlossen zum Funkgerät. „Ich informiere Maurer“,
murmelte sie. „Ich denke, er sollte das SEK in Marsch setzen. Wer weiß, was uns
blüht. Eine Geisel hat er schon. Wenn er jetzt auch noch Chris …“
    Wie erwartet, stellte der Kripochef keine überflüssigen Fragen,
sondern handelte. Susanne bekam die Zusicherung, dass das SEK und er selbst in
spätestens einer Stunde am westlichen Rand des Industriegebiets Stellung
beziehen würden. Susanne und Hellwein mussten „nur“ noch den genauen Einsatzort
lokalisieren.
    Auf der Aachener Straße stand der Grund für den Superstau. Quer über
der Kreuzung eine Straßenbahn, die einen PKW aufgespießt hatte. Mehrere
Rettungsfahrzeuge und ein paar Dutzend Gaffer blockierten die Straße
zusätzlich. Ein uniformierter Kollege lotste Hellwein über den Bürgersteig
vorbei.
    „Achter Stock!“, klärte der Pförtner im Amtsgericht sie über die
Räumlichkeiten auf. „Aber Sie sollten sich beeilen, die haben gleich
Feierabend!“
    „Wie viel Vorsprung hat Chris jetzt?“, fragte Susanne im Aufzug.
    „Fast ´ne halbe Stunde“, quetschte Hellwein hervor, ohne auf die Uhr
zu sehen. „Dieser Scheißstau!“
    Der einzige noch anwesende Mensch war alles andere als begeistert.
Eigentlich hatte er Feierabend, außerdem war das Computersystem runtergefahren
und überhaupt.
    „Jetzt hör mir mal gut zu!“ Hellwein langte über den Schreibtisch und
wollte dem vertrockneten Männlein an den Kragen.
    „Heinz!“, schaltete sich Susanne warnend ein. Den Beamten fragte sie
überaus freundlich: „Wie heißen Sie?“
    „Krebel“, quetschte der Mann hervor und sah Hellwein misstrauisch an.
Sein schmaler Hals ruckte nach vorn.
    „Gut, Herr Krebel! Sie haben jetzt zwei Möglichkeiten. Sie können
diesen verdammten Computer einschalten und mehrere Menschenleben retten. Oder
aber Sie gehen nach Hause, und ich kriege Sie dran wegen unterlassener
Hilfeleistung. — Sind wir uns einig?“
    Er murrte, machte sich aber an die Arbeit und schimpfte dabei über all
die Hektiker, die heute schon genervt hatten.
    Susanne horchte auf. „Hektiker? So´n eher schmächtiger Blonder vielleicht
auch? War kurz vor Feierabend hier?“
    Die Augen von Krebel leuchteten plötzlich auf. Er strahlte sie an wie
ein Weihnachtsbaum. „Sie meinen Doktor Sprenger?! Der war hier, ja. Ich kenn
ihn noch aus seiner Studienzeit. Feiner Kerl. Damals hatten wir ja alles noch
auf Mikrofilm. Bis man da …“
    „Wann war er hier?“, unterbrach Susanne ihn schroff.
    „Wird ´ne halbe Stunde her sein. Weiß auch nicht, was mit dem los war.
So was von
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