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Feenkind

Feenkind

Titel: Feenkind
Autoren: E Zeißler
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sich fassungslos vor die Nase. Es roch etwas merkwürdig, doch zweifellos nach Gras! Eine Zeitlang lag sie einfach nur da und versuchte, dieses Wunder zu begreifen, das sie in Sekundenschnelle aus tiefstem Wasser an die Oberfläche gebracht hatte, bis ihr plötzlich auffiel, wie still es in dem Park war. Da war kein Vogelgezwitscher, kein Surren der Insekten zu hören. Enttäuscht erkannte Dhalia, dass alles nur eine Täuschung sein musste. Die Pflanzen waren zwar echt, doch die Sonne und der Himmel waren es nicht. Es waren bloß Kunstwerke, geschaffen von Feenmagie, um die Erinnerung an eine längst vergessene Welt aufrecht zu erhalten.
Entschieden stand Dhalia auf und klopfte sich die Grashalme von der Kleidung. Sie wollte nur noch raus von dort, nicht einmal das Gras schien ihr mehr echt zu sein.
"Hier bist du also", ertönte plötzlich eine Stimme in ihrem Kopf.
Dhalia drehte sich um und sah Fiona im Eingang stehen. Die junge Frau schien sehr vergnügt und erfrischt zu sein. "Schade, dass du nicht mitgekommen bist. Ich habe eine neue Muschel gefunden!" Strahlend hielt sie Dhalia ihren perlmutt glitzernden Fund hin. "Vater kann mir daraus bestimmt einen hübschen Kamm basteln. Er versteht sich sehr gut auf solche Dinge. Wenn du auch mal eine schöne Muschel findest, macht er dir vielleicht auch was." Fiona plapperte so schnell vor sich hin, dass Dhalia gar nicht dazu kam, einen klaren Gedanken zu formulieren. "Naja, vielleicht kannst du nächstes Mal mitkommen. Hier hast du bestimmt nicht viel Spaß gehabt." Sie rümpfte ihr Näschen und blickte sich unbehaglich um. "Ist es dort, wo du herkommst, wirklich so?" fragte sie schließlich.
"Bist du etwa noch nie an der Oberfläche gewesen?" fragte Dhalia erstaunt zurück.
"Doch, einmal", antwortete Fiona zögernd. "Aber das ist schon sehr, sehr lange her und ich fand es scheußlich!"
"Wieso denn?"
"Alles war so grell und heiß ... und trocken." Sie sprach das letzte Wort so aus, als wäre es das schlimmste, das sie sich vorstellen konnte.
"Aber hier ist es doch auch trocken", wandte Dhalia ein.
"Schon, doch das Wasser ist nur eine Armlänge entfernt!" Fiona sprang in den Flur hinaus und streckte ihren Arm durch das Kraftfeld. Als sie ihn wieder herein zog, spritzte sie Dhalia eine Handvoll Wasser ins Gesicht.
"Bist du denn gar nicht neugierig?" fragte Dhalia hastig weiter, in der Befürchtung, ihre Freundin könnte bald zur nächsten Wassertour aufbrechen.
"Worauf denn?" Fiona schien aufrichtig überrascht. "Hier habe ich alles, was ich mir wünschen könnte - Freunde, Spaß, schöne Dinge. Wenn ich will, kann ich bis zum großen Meer schwimmen."
"Hast du das schon mal gemacht?"
"Nein, aber ich könnte, wenn mir mal langweilig wird. Es gibt nichts, was mir die Oberwelt noch bieten könnte."
"Wenn dieser Ort euch so unangenehm ist, wieso gibt es ihn überhaupt?"
Fiona zuckte die Achseln. "Er war schon immer hier gewesen. Noch vor meiner Geburt. Als ich klein war, war da zumindest noch der Brunnen, doch der ist schon sehr lange trocken."
"Ein Brunnen? Wozu braucht man unter Wasser einen Brunnen?"
"Keine Ahnung." Fiona zuckte wieder gleichgültig mit den Achseln und schaute sehnsüchtig zum Ausgang der Kuppel. "Du kannst ihn dir gern mal ansehen", schlug sie Dhalia vor. "Wenn du fertig bist, findest du mich bestimmt im großen Saal bei den anderen."
Noch bevor Dhalia sich erkundigen konnte, wo der große Saal überhaupt lag, hatte Fiona sich schon umgedreht und war wieder davon gerauscht.
Nachdenklich starrte Dhalia ihr nach. Sie glaubte nicht länger, dass Fionas Geist verwirrt war. Ihr Benehmen war nach Dhalias Begriffen für eine junge Frau zwar überhaupt nicht angemessen, eher schon für ein verzogenes Kind, doch lag das vermutlich daran, dass Fiona nicht
    wollte
, und nicht daran, dass sie nicht anders handeln
    konnte
.
Das, was sie im See gefunden hatte, war definitiv nicht das, was Dhalia zu finden erwartet hatte. Sie hatte gehofft, Hinweise auf den Teil des Feenvolkes zu finden, der der Frau ins Wasser gefolgt war. Und wie es nun aussah, hatte sie nicht nur Hinweise, sondern gleich das Volk selbst gefunden. Doch das Ergebnis war mehr als enttäuschend. Sie wollten nichts von den Menschen wissen, dieser Teil der Geschichte stimmte schon. Dennoch hatte Dhalia sich die Feen immer als weise, mächtig und den Menschen überlegen vorgestellt. Nicht wie kleine Kinder, die sich nicht länger als zehn Minuten auf eine Sache konzentrieren konnten und nur an ihre
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