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Fatal Error

Titel: Fatal Error
Autoren: Michael Ridpath
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lange«, protestierte Guy. »Wenn wir uns auf dem Markt behaupten wollen, brauchen wir das Geld jetzt. Und noch einmal in einem halben Jahr.«
    »Nicht zu diesen Bedingungen. Auf keinen Fall.« »Woher soll das Geld denn sonst kommen?«, fragte ich.
    »Nackte Haut.«
    »Nackte Haut?«
    »Genau. Sie wissen doch: Bilder von nackten Frauen. Und natürlich auch Männern.«
    Ich zuckte zusammen.
    Tony beachtete mich nicht. »Letzte Woche habe ich einen alten Freund aus den Immobilienzeiten getroffen. Joe Petrelli. Schlauer Bursche. Er hat eine Nase fürs Geldverdienen. Schon immer gehabt. Er sagt, der einzige Sektor im Internet, auf dem gegenwärtig Geld verdient wird, ist nackte Haut.«
    Das hatte ich auch gehört, aber es gefiel mir nicht.
    »Die Leute belasten ihre Kreditkarten bis zum Anschlag, um schmutzige Bilder runterzuladen«, fuhr Tony fort. »Das ist wie Gelddrucken.«
    »Ich weiß nicht, was das mit uns zu tun haben soll«, sagte Guy. Ich war mir sicher, dass er es sehr wohl wusste.
    »Das passt doch zusammen«, sagte Tony. »Ihr lockt die Kunden mit Fußball an und schleust sie dann über entsprechende Links auf Pornoseiten. Joe kann den Kontakt zu Leuten herstellen, mit denen er in LA zusammenarbeitet.«
    Guy und ich saßen da wie versteinert.
    »Was hältst du davon, Patrick?«, fragte Tony.
    »Großartige Idee, Tony«, sagte Hoyle. »Diese Verluste beunruhigen mich. Wir müssen was dagegen tun. Kicken und F... Großartige Kombination.« Hochzufrieden mit seinem geistreichen Wortwitz, lachte er in sich hinein. Ein dumpfes Grollen, unter dem die mächtigen Schultern erbebten. Er war ein riesiger, fetter Mann mit Mehrfachkinn und ständigem Schweiß auf der Stirn. Seine
    Heiterkeit schien die Unappetitlichkeit des ganzen Vorschlags noch zu unterstreichen.
    »Wenn wir eine Porno-Site draus machen, kriegen wir keine anständigen Investoren mehr«, protestierte ich.
    »Die brauchen wir dann auch nicht«, sagte Tony. »Wir verdienen das Geld, das wir benötigen, selbst. Guy?«
    Wir wandten uns alle Guy zu. Ich betete, dass er einen Weg fand, seinen Vater umzustimmen. Nichts reizte mich weniger, als die Kreditkartenzahlungen trauriger Männer zu addieren, die Computerpornografie herunterluden, mochte damit auch noch so viel Geld zu verdienen sein.
    Guy starrte seinen Vater lange an. Es war ein kalter Blick, ohne Zuneigung oder auch nur Respekt. Falls er wütend war, so beherrschte er sich. Es war der Blick eines Menschen, der einen Feind abschätzt, sich dessen Schwächen vor Augen führt, die eigenen Möglichkeiten sichtet.
    Schließlich ergriff er das Wort: »Überlegen wir mal«, sagte er.
    »Als ich dieses Unternehmen plante, war mein Ziel, es zu der wichtigsten Fußball-Website in Europa zu machen. Wenn uns das gelingt, wird sie viele hundert Millionen wert sein, geht man von den augenblicklichen Bewertungen aus. Das ist wichtiger als ein paar Hunderttausend in der Gewinn- und Verlustrechnung. Ich will ja gern glauben, dass ein Link zu einer Porno-Site unseren Einnahmen gut tun würde«, er nickte in Richtung seines Vaters, »aber wir hätten es dann sehr viel schwerer, unser Ziel zu erreichen. Es würde der Site einen billigen Anstrich geben. Deshalb sollten wir die Finger davon lassen. Wir fahren besser, wenn wir uns um Investoren bemühen.«
    »Orchestra?«
    »Ja.«
    »Die Gauner, die mir meinen Anteil klauen wollen?«
    »Tony«, sagte ich, »auf diese Weise kriegen Sie ein kleineres Stück von einem viel größeren Kuchen ...«
    »Hören Sie auf mit diesem Kuchenscheiß«, fuhr Tony mich an.
    »In meinen Immobilientagen hat man ihn mir tausendmal aufgetischt, und ich hab nie drauf gehört. Weißt du was, Guy?« Er wandte sich jetzt an seinen Sohn, und in seiner Stimme war ein stählerner Klang. Ich war für ihn gar nicht mehr vorhanden. »Ich habe den Kuchen immer behalten. Den ganzen Kuchen. Dadurch bin ich reich geworden. Ich glaube, das ist eine Lektion, die du lernen musst.«
    »Also sagst du nein zu Orchestra?«, fragte Guy, mühsam bestrebt, höflich zu bleiben.
    »Ich sage nicht nur nein. Ich sage auch, dass ihr euch an Joe Petrelli wendet und herausfindet, was er macht und wie er es macht. Wir sprechen bei der Vorstandssitzung im nächsten Monat darüber. Von mir aus auch früher, wenn nötig.«
    Das war schlimmer, als wir erwartet hatten. Zwar hatten wir gewusst, dass Tony nicht gerade glücklich über die Verwässerung seines Aktienpakets sein würde, aber wir hatten nicht damit gerechnet, dass
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