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Fata Morgana

Fata Morgana

Titel: Fata Morgana
Autoren: Agatha Christie
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Lewis auf den Plan, mit seiner Passion für die Umerziehung jugendlicher Straftäter. Auf das Problem war er durch seine berufliche Tätigkeit aufmerksam geworden – er hatte die Bücher von Firmen geprüft, in denen einfallsreiche junge Männer Betrügereien begangen hatten. Er kam immer mehr zu der Überzeugung, dass jugendliche Straftäter keineswegs hoffnungslose Fälle, sondern vielmehr hochgradig intelligent und begabt sind und nur auf den richtigen Weg gebracht werden müssen.«
    »Da ist was dran«, sagte Miss Marple. »Aber es ist nicht die ganze Wahrheit. Ich denke da an –« Sie brach ab und schaute auf die Uhr. »Ach, du meine Güte – ich darf den Zug um halb sieben nicht verpassen.«
    »Und du fährst auch wirklich nach Stonygates?«, fragte Ruth Van Rydock sie noch einmal.
    Miss Marple nahm ihre Einkaufstasche und ihren Regenschirm an sich und sagte: »Wenn Carrie Louise mich einlädt, sehe ich –«
    »Sie wird dich einladen. Und du fährst hin? Versprichst du's, Jane?«
    Jane Marple versprach es.

Drittes Kapitel
     
    M iss Marple stieg in Market Kindle aus. Ein freundlicher Mitreisender reichte ihr den Koffer aus dem Waggon, und Miss Marple, die ein Einkaufsnetz, eine verblichene Lederhandtasche und diverse Mäntel und Jacken an sich drückte, zwitscherte ihm ihren Dank zu. »Wirklich sehr freundlich von Ihnen – ja heutzutage kaum noch einen Dienstmann – immer so aufgeregt, wenn ich verreise.«
    Ihr Gezwitscher ging in der dröhnenden Ansage des Bahnhofssprechers unter, der ebenso laut wie unverständlich verkündete, dass der Dreiuhrachtzehnzug auf Bahnsteig eins zum Einsteigen bereitstehe und in Kürze nach verschiedenen unverständlichen Orten abfahren werde.
    Market Kindle war ein großer, leerer, windiger Bahnhof, auf dem kaum Reisende oder Eisenbahner zu sehen waren. Er zeichnete sich dadurch aus, dass er sechs Bahnsteige und ein Abstellgleis hatte, auf dem ein Zug, der nur aus der Lokomotive und einem einzigen Wagen bestand, wichtigtuerisch vor sich hin paffte.
    Miss Marple, wesentlich schäbiger gekleidet als sonst (ein Glück, dass sie das alte Getüpfelte nicht weggegeben hatte), schaute sich unsicher um, als ein junger Mann auf sie zukam.
    »Miss Marple?«, fragte er. Es klang seltsam dramatisch, wie die ersten Worte eines Laienspiels. »Ich komme von Stonygates und soll Sie abholen.«
    Miss Marple sah ihn dankbar an, eine reizende, hilflos wirkende alte Dame mit, wenn er das bemerkt hätte, sehr klugen blauen Augen. Die Erscheinung des jungen Mannes konnte mit seiner Stimme nicht mithalten. Sie war weniger eindrucksvoll, fast hätte man sagen können belanglos. Seine Augenlider flatterten nervös.
    »Oh, danke sehr«, sagte Miss Marple. »Nur dieser Koffer.«
    Der junge Mann nahm den Koffer nicht selbst. Er schnippte mit dem Finger nach einem Träger, der auf einem Handwagen ein paar Kisten vorbeikarrte.
    »Bringen Sie den bitte hinaus«, sagte er, und gewichtig fügte er hinzu: »Der geht nach Stonygates.«
    »Aber klar doch, Chef«, sagte der Dienstmann fröhlich. »Wird prompt erledigt.«
    Miss Marple meinte zu bemerken, dass das ihrem neuen Bekannten gegen den Strich ging. Es war, als wäre der Buckingham-Palast auf eine Stufe mit einer x-beliebigen Londoner Adresse gestellt worden.
    Er sagte: »Die Eisenbahn wird auch von Tag zu Tag unmöglicher.«
    Auf dem Weg zum Bahnhofsausgang stellte er sich vor: »Ich bin Edgar Lawson. Mrs Serrocold hat mich gebeten, Sie abzuholen. Ich assistiere Mr Serrocold bei seiner Arbeit.«
    Wieder diese leise Andeutung, dass ein viel beschäftigter, wichtiger Mann galanterweise seine wichtigen Geschäfte aus Ritterlichkeit gegenüber der Frau seines Arbeitgebers hintangesetzt hatte. Und auch diesmal war der Eindruck nicht gänzlich überzeugend – er hatte etwas Theatralisches.
    Miss Marple fing an, sich über Edgar Lawson Gedanken zu machen.
    Sie traten aus dem Bahnhof, und Edgar geleitete die alte Dame zu einem recht betagten Ford V 8.
    »Möchten Sie vorne neben mir sitzen, oder würden sie den Fond vorziehen?«, fragte er gerade, doch da wurden sie abgelenkt.
    Ein nagelneuer zweisitziger Rolls Bentley kam schnurrend auf den Bahnhofsvorplatz gefahren und hielt genau vor dem Ford. Eine hinreißend schöne junge Frau sprang heraus und kam auf sie zu. Dass sie schmutzige Cordhosen und eine einfache, am Hals offene Hemdbluse trug, unterstrich irgendwie noch die Tatsache, dass sie nicht nur schön, sondern auch kostspielig war.
    »Da bist du ja,
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