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Faszination Menschenfresser

Faszination Menschenfresser

Titel: Faszination Menschenfresser
Autoren: Mario Ludwig
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Prinzip ist relativ einfach: Aus einer Autobatterie, die wöchentlich ausgetauscht wird, fließen 230 Volt durch einen Kupferdraht, der um den Hals der Puppe gewickelt ist. Vergreift sich ein Tiger an einer der Puppen, wird er von einem 230-Volt-Stromstoß belehrt, dass es vielleicht doch keine so gute Idee ist, einen Menschen anzugreifen. Die Puppen gibt es übrigens in drei umgebungskonformen Varianten: als »Honigsammler« mit Eimern und Korb, als »Fischer« mit Angel und Kescher und als Modell »Holzfäller« mit Axt und Säge.
    Aber trotz allem modischen Schnickschnack, wie Plastikmasken, Nackenprotektoren und »Elektropuppen«, setzen die meisten Menschen in den Sundarbans in Sachen Tiger immer noch am liebsten auf göttlichen Beistand und schicken, bevor sie sich in die gefährlichen Wälder wagen, ein Stoßgebet zur Waldgöttin Bon Bibi. Und nach Meinung vieler Einheimischer kann es auch keineswegs schaden, sich den Tigergott Dakshin Ray mit einer kleinen Opfergabe gewogen zu halten.
    Nach einer von der Umweltorganisation WWF beauftragten und in der Fachzeitschrift Climatic Change veröffentlichten Studie werden die Tiger der Sundarbans nicht nur durch die fortgesetzte Wilderei, sondern auch von den Auswirkungen des Klimawandels bedroht. Der Lebensraum der größten Tiger-Population der Welt droht nämlich durch den vom Klimawandel verursachten Anstieg des Meeresspiegels bis zum Ende des 21. Jahrhunderts unterzugehen.
    Wissenschaftler haben errechnet, dass ein Anstieg des Meeresspiegels von 28 Zentimetern über den Stand des Jahres 2000 hinaus, wie dies von der Wissenschaft in den nächsten 50 bis 90 Jahren erwartet wird, rund 96 Prozent des Tiger-Lebensraumes zerstören und die Population der großen Raubkatzen auf ganz wenige Exemplare reduzieren wird. Oder um es mit den Worten des WWF -Tigerexperten Volker Homes zu sagen: »Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels nicht in den Griff bekommen, werden die Tiger in den Sundarbans nur mit Tauchausrüstung überleben können.«
    Klimaveränderungen sorgten in den letzten Jahren aber auch dafür, dass das Konfliktpotenzial zwischen Mensch und Tiger rapide zugenommen hat. Bereits jetzt steigt der Wasserpegel im Golf von Bengalen pro Jahr um mehr als drei Millimeter an. Ein Anstieg, der dazu geführt hat, dass die Reis- und Getreideernten in den letzten Jahren deutlich geringer ausfielen als in früheren Zeiten. Was wiederum dazu führte, dass die Bauern, die nicht mehr genug Getreide anbauen können, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, nun gezwungen sind, auf der Suche nach Holz, Fisch, Krabben und Honig immer tiefer in die Reviere der gestreiften Großkatzen einzudringen. Auf der anderen Seite sorgt der Anstieg des Meeresspiegels für einen zunehmenden Verlust des Lebensraums der Sundarbantiger. Die Mangroven sterben nämlich schon lange ab, bevor sie endgültig unter Wasser stehen. Verantwortlich hierfür ist die durch den Pegelanstieg verursachte Erhöhung des Salzgehalts in den periodisch überfluteten Schwemmböden des Mangrovenwalds. Der hohe Salzgehalt verhindert, dass die Pflanze genügend Flüssigkeit durch die Wurzeln nach oben saugt. Und das mit fatalen Folgen: Zuerst stirbt die Krone ab, dann der gesamte Baum. Und mit dem Verlust der Mangrovenwälder geht natürlich auch ein Verlust des natürlichen Nahrungsangebots in Form von Hirschen, Krokodilen und Fischen einher, was dann wiederum zur Folge hat, dass sich die Tiger auf der Suche nach Beute immer näher an die Dörfer heranwagen.
    Die aufsehenerregendste Tigerattacke aller Zeiten fand jedoch weder in Indien noch einem anderen Verbreitungsgebiet der gestreiften Raubkatzen statt, sondern in der amerikanischen Spielerstadt Las Vegas.
    Am 3. Oktober 2003 – ausgerechnet an seinem 59. Geburtstag – wurde Roy Horn vom weltbekannten Magierduo »Siegfried und Roy« auf der Bühne des Mirage-Hotels während einer spektakulären Zaubershow vom siebenjährigen Tiger Montecore angegriffen. Der Tiger schnappte zunächst nach Horns Arm. Als dieser dem Tiger mit dem Mikrofon auf den Kopf schlug, um die Raubkatze abzuwehren, biss ihn das Tier in den Hals. Anschließend zog der Tiger Augenzeugenberichten zufolge Horn wie eine Stoffpuppe hinter sich her. Horn, der bei Montecores Attacke viel Blut verloren hatte, wurde noch in der Nacht operiert, erlitt jedoch nach dem ersten Eingriff einen Gehirnschlag und musste daraufhin ein zweites Mal operiert werden. Horn ist seit dem Vorfall teilweise gelähmt.
    Roy
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