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Faszination Menschenfresser

Faszination Menschenfresser

Titel: Faszination Menschenfresser
Autoren: Mario Ludwig
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wurde Corbett vom Saulus zum Paulus, vertauschte das Gewehr mit der Kamera und mutierte vom gnadenlosen Jäger zum engagierten Naturschützer. Corbett setzte sich vehement für die mittlerweile vom Aussterben bedrohten Tiger und die Erhaltung ihres Lebensraums ein und leistete einen großen Beitrag zur Gründung der ersten indischen Naturschutzorganisationen »Association for the Preservation of Game« und der »All-India Conference for the Preservation of Wildlife«. Zusammen mit einem der ersten Umweltschützer, dem britischen Naturfotografen Frederick Walter Champion, spielte er auch eine maßgebliche Rolle bei der Gründung des Hailey National Parks im Jahre1935 , des ersten indischen Nationalparks überhaupt. Corbett zu Ehren wurde er später in »Jim-Corbett-Nationalpark« umbenannt.
    Nachdem Corbett in Kenia in den Ruhestand gegangen war, war er mit großem Erfolg als Schriftsteller tätig. Seine Bücher schilderten unnachahmlich die oft nervenzerfetzenden Jagden auf die gefährlichen Großkatzen, brachen aber zugleich auch immer eine Lanze für den Naturschutz. Corbetts Bücher trafen offensichtlich den Nerv der damaligen Zeit und verkauften sich mit großem Erfolg sowohl in Indien und Großbritannien als auch den USA . Allein sein Erstlingswerk Die Menschenfresser von Kumaon ging 250 000-mal über die Ladentheke. Später wurde das Buch in 27 Sprachen übersetzt.
    13 Jahre nach seinem Tod wurde Corbett noch eine weitere große Ehre zuteil: Der Indochinesische Tiger, eine der fünf noch lebenden Tigerunterarten, wurde nach ihm benannt: Panthera tigris corbetti oder manchmal auch einfach nur »Corbetts Tiger« genannt.
    Ein anderer bekannter Großwildjäger, Kennet Anderson, hielt übrigens nicht viel von dem Mut der gestreiften Großkatzen: »Es ist erstaunlich, wie außerordentlich vorsichtig, ja sogar feige Menschenfresser, ob Tiger oder Panther, aus der Erfahrung heraus werden. Ein Menschenfresser wird ausnahmslos nur eine einzelne Person attackieren und das auch nur, nachdem er sich lange und sehr sorgfältig davon überzeugt hat, dass keine anderen Menschen in der näheren Umgebung sind. Die Tiere scheinen einen ausgeprägten sechsten Sinn zu haben und auch fähig zu sein, zwischen einem unbewaffneten menschlichen Wesen und einem bewaffneten Menschen genau unterscheiden zu können. In den meisten Fällen wagen sie den letzteren nur dann anzugreifen, wenn sie zuvor in die Ecke getrieben wurden, ansonsten gehen sie ihm aus dem Weg und belauern und attackieren lieber einen unbewaffneten Menschen.«
    Aber ob feige oder nicht: Von allen Tigerunterarten hat der auf dem indischen Subkontinent lebende Bengalische Tiger oder Königstiger den schlimmsten Ruf als Menschenfresser. Im 19. Jahrhundert wurden manchmal ganze Dörfer von Tigern terrorisiert. Genaue Zahlen aus dieser Zeit liegen jedoch nicht vor, da die britischen Kolonialherren erst Anfang bis Mitte des 20. Jahrhunderts damit begannen, die Zwischenfälle mit Tigern zu registrieren. In dieser Zeit fielen den Raubkatzen jedoch alleine in Indien jährlich zwischen 1000 und 1600 Menschen zum Opfer.
    Auch heute noch kommt es in Bangladesch, Indien und Nepal jedes Jahr zu weit über 100 tödlichen Konfrontationen mit Tigern. Und nirgendwo fallen den gestreiften Raubkatzen auf dem indischen Subkontinent mehr Menschen zum Opfer als in den Sundarbans.
    Die Sundarbans (sundarban; dt.: schöner Wald) sind die größten zusammenhängenden Mangrovenwälder der Erde, gehen hier doch die Deltagebiete von gleich drei großen Flüssen, nämlich Ganges, Brahmaputra und Meghna, ineinander über. Die riesigen Mangrovensümpfe umfassen ein Gebiet von etwa 10 000 km². Davon liegen etwa 6000 km² in Bangladesch und 4000 km² im indischen Bundesstaat Westbengalen. Da viele zum Teil auch seltene Tierarten im Übergangsgebiet von der Salz- zur Süßwasserzone ihren Lebensraum haben, wurden die Sundarbans von der UNESCO 1987 zum Weltnaturerbe erklärt.
    In diesen unwirtlichen Sümpfen am Golf von Bengalen, einer Welt aus Sand und Schlick, zusammengehalten von den Wurzeln der Mangroven, leben etwa 500 Bengaltiger. Das ist die größte Tigerdichte der Welt. Und das schafft Probleme, denn in den Sundarbans haben besonders viele Tiger Geschmack an Menschenfleisch gefunden. Durchschnittlich etwa 80 Menschen fallen den Raubkatzen hier nach offiziellen Angaben jährlich zum Opfer. Es sind vor allem Menschen, die aus Gründen der Armut gezwungen sind, sich ihren Unterhalt im Lebensraum
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