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Fast genial

Fast genial

Titel: Fast genial
Autoren: Benedict Wells
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war auch nicht hergekommen, um im
entscheidenden Moment zu schwächein. Doch die Versuchung, jetzt abzuhauen, war
riesengroß. Vor Nervosität ließ er seine Zunge in der Mundhöhle kreisen. In seinem
Kopf stritten zwei Stimmen, die eine sagte, dass er sofort abhauen müsse, er
würde sonst einen riesigen Fehler machen. Die andere Stimme flehte: „Sei
mutig. Bitte, sei mutig, halte durch, halte nur noch ein einziges Mal durch!“
Francis überlegte noch, was er jetzt tun sollte, da machte es in seinem Inneren
plötzlich Klick, und er musste mit ansehen, wie seine Hände das Geld nahmen und
es auf Rot setzten.
     
    Die Leute am Spieltisch sahen ihn entgeistert an.
Knapp fünfhunderttausend waren auch hier ein hoher Einsatz. „Der Trailerparkboy
wird wahnsinnig“, sagte der Scheich. Er schien fasziniert. „Wieso auf Rot?
Wieso nicht Schwarz?“
    Francis zuckte mit den Schultern. „Nur so ein
Gefühl.“
    „Du gefällst mir, Junge!“, sagte der Scheich. „Du
bist vielleicht vollkommen übergeschnappt, aber du hast Mut!“ Und er nahm Chips
im Wert von mehreren hunderttausend und setzte sie ebenfalls auf Rot. Er
lachte. „Ich setze nicht mehr gegen dich!“
    Die ältere Dame dagegen schüttelte den Kopf und
meinte, sie wolle wieder eine Runde pausieren. Der Rapper und der bebrillte
Mann im Cordjackett taten es ihr gleich. Sie waren sich alle zu unsicher, ob
sie mit Francis oder gegen ihn setzen sollten. Binnen weniger Minuten war er
durch seine Besessenheit zur bestimmenden Kraft in diesem Spiel geworden.
    Doch inzwischen hatte Francis Zweifel. Er wusste
nicht mehr, ob es gut gewesen war, auf Rot zu setzen, im Gegenteil, bei ihm
stieg die Gewissheit, dass nun Schwarz kam. Setz um, dachte er, setz noch mal
um! Doch er konnte sich nicht dazu durchringen. Der Croupier fragte, ob alle
ihre Einsätze gemacht hätten. Francis nickte zögerlich und sah, wie die Kugel
in den Kessel geworfen wurde. Sein Herzschlag wurde wieder schneller. Er
spürte, wie er sich verkrampfte. Francis schaute aus dem verdunkelten Fenster
und blickte auf das Casino hinunter. Er beobachtete die Spieler, ein Croupier
wechselte mit einem anderen die Schicht, eine alte Frau strich ihren Gewinn an
einem Automaten ein, ein Typ im blauen Overall bahnte sich seinen Weg durch die
Menge, zwei junge Collegetypen fluchten laut, weil sie eben beim Black Jack
verloren hatten, und ein älterer Mann lächelte, auch er hatte verloren, aber er
trug es mit Fassung.
    Und in dieser Sekunde wusste Francis, dass jetzt
Schwarz kam. Es kam die schwarze Dreizehn, Anne-Mays Glückszahl.
    Er wollte noch schnell umsetzen, da sagte der
Croupier, diesmal viel zu früh: „Rien ne va plus!“
     
    7
     
    Was nun folgte, war ein Schrei, der durch alle
Hallen des mgm Grand drang. Die Menschen am Black-Jack-Tisch hörten ihn,
und die an den Automaten und einarmigen Banditen, die Damen an der Rezeption
konnten ihn ebenfalls hören und vielleicht sogar die Leute beim Cirque du Soleil. Francis
schrie, weil er unbedingt auf Schwarz setzen musste, weil er wusste, dass jetzt
die Dreizehn kam, und so laut schrie man nur einmal im Leben, nämlich wenn es
um eben jenes Leben ging.
    Er flehte den Croupier an, dass er umsetzen müsse.
    Doch der blieb hart.
    Währenddessen sauste die Kugel noch immer mit unverändert
hoher Geschwindigkeit die Kesselwand entlang.
    „Bitte!“, rief Francis. „Sie haben die Einsätze zu
früh beendet. Ich weiß, dass Schwarz kommt, ich fühle es.“
    Der Croupier schüttelte den Kopf. Francis war, als
hätte jemand das Licht heruntergedimmt. Panik überkam ihn, genau wie vorhin
hatte er zu spät reagiert, nur dass diesmal kein netter Typ kommen und ihm
einen Chip für fünftausend schenken würde, mal ganz davon abgesehen, dass er
kaum ein zweites Mal so oft hintereinander gewinnen würde.
    Alles war weg.
    In diesem Moment räusperte sich der Scheich. Es war
das Räuspern eines mehrfachen Milliardärs, der nun mit lauter Stimme sagte, er
würde den Laden hier kaufen und den Croupier rauswerfen, wenn er den Jungen
nicht sofort umsetzen lasse.
    Der Croupier wurde blass, er dachte einen Augenblick
intensiv nach, aber dann nickte er. Francis setzte blitzschnell die
fünfhunderttausend auf das schwarze Feld. Dazu holte er den Reserve-Chip aus
seiner linken Hosentasche und setzte die fünftausend direkt auf die Dreizehn.
Keine Sicherheit mehr. Alles oder nichts.
    „Die Glückszahl meiner Freundin“, sagte er.
    Der Scheich nickte, er setzte nun ebenfalls
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