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Falsche Väter - Kriminalroman

Falsche Väter - Kriminalroman

Titel: Falsche Väter - Kriminalroman
Autoren: Hermann-Josef Schüren
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schob
das Handy in die Hosentasche zurück. Sie sah Onkel Theo erschrocken an. In
diesem Ton hatte er noch nie mit ihr gesprochen.
    »Was ist eigentlich los mit
dir?«, fragte sie. »Seit wann bist du so komisch? Warum wolltest du heute mit
mir hierherfahren? Und weshalb trinkst du so viel?«
    Onkel Theo gab keine Antwort. Er
leerte das Glas erneut. Dann stand er auf, ging zur Tür und schloss ab. Den
Schlüssel steckte er ein. Anna spürte, wie ihr vertrautes Gefühl sich mit einem
Schlag in Luft auflöste. Sie hatte sich immer wohlgefühlt in der Hütte. Sie
hatte nie Angst gehabt, wenn sie allein mit Onkel Theo hier gewesen war.
Plötzlich war alles anders.
    »Was soll das?«, fragte sie.
    »Hast du Onkel Theo eigentlich
lieb?«
    »Das weißt du doch!«
    »Dann komm und setz dich auf
meinen Schoß. Ich will, dass es wie früher ist.«
    »Ich bin kein Kind mehr.«
    »Es soll aber sein wie früher.«
    »Früher war alles anders.«
    »Trotzdem. Komm. Setz dich zu
mir.«
    »Warum?«
    »Weil Onkel Theo dich lieb hat
und dein Tattoo sehen will.«
    »Und wenn ich das nicht will?«
    Onkel Theo stand auf, ging zu
ihr, packte sie am Handgelenk und drückte unbarmherzig zu.
    »Lass das! Du tust mir weh!«
    »Nur wenn du Zicken machst!«
    »Was soll das denn?«, fragte
Anna mit erstickter Stimme. Er gab keine Antwort, zog sie hinter sich her ins
Nebenzimmer und warf sie aufs Bett.
    »Zieh dich aus!«, befahl er.
»Aber schön langsam. Ich will was davon haben!«
    »Bist du verrückt geworden?«,
fragte Anna mit zitternder Stimme.
    »So ähnlich.«
    Anna begriff nicht, was
plötzlich mit Onkel Theo los war. Sie versuchte ruhig zu bleiben, obwohl ihr
Herz wie verrückt raste. Sie spürte, dass Gegenwehr sinnlos war. Onkel Theo war
stärker. Sie konnte schreien, aber niemand würde sie hören. Sie hatte keine
Chance gegen ihn. Wenn sie sich wehrte, würde sie alles nur noch schlimmer
machen. Ihre Angst flüsterte ihr ein, dass es das Beste war, nichts zu sagen
und zu gehorchen. Sie stellte sich auf das Bett, zog das T-Shirt über den Kopf
und entblößte ihre Brüste. Onkel Theo starrte sie mit großen Augen an und
begann, seine Hose auszuziehen. Als Anna ihre Jeans abstreifte, fiel ihr das
Handy ein. Sie fischte es heraus, ohne dass Onkel Theo etwas davon mitbekam.
    Dann lag sie da und ließ es
geschehen. Innerlich schrie sie, doch es drang nur ein leises Wimmern nach
außen. Sie zitterte und starrte an die Decke, ohne etwas zu sehen.
    »Nun komm schon«, keuchte Onkel
Theo, als er fertig war. »Hab dich nicht so. Das war doch bestimmt nicht dein
erstes Mal, oder?«
    Anna kam allmählich wieder zu
sich. Sie stand auf, zog sich an und schob ihr Handy in die Jeans. Dann ging
sie um das Bett herum, spuckte Onkel Theo ins Gesicht, ging in den Hauptraum
der Hütte und riss das Fenster auf.
    »Warte doch«, rief Onkel Theo
hinter ihr her. »Ich muss dir was sagen!«
    Anna drehte sich noch einmal um.
Ihr Gesicht war eine undurchdringliche Maske, und sie biss die Zähne so heftig
zusammen, dass ihr Kiefer schmerzte. Neben dem Tisch stand der Mann, dem sie
immer vertraut hatte und der für sie einmal Onkel Theo gewesen war. Er sah
erbärmlich aus. Das zerknitterte, eisbekleckerte Hemd hing über seinem
schmierigen Bauch und verdeckte sein erschlafftes Geschlecht. Anna wandte sich
ohne ein weiteres Wort ab und kletterte nach draußen.
    Grossmann trat ans Fenster und
sah ihr nach. Etwas legte sich um seinen Hals. Es würgte ihn und nahm ihm die
Luft. Es fühlte sich an, als wären es seine eigenen Hände. Erst jetzt wurde ihm
klar, dass er etwas kaputt gemacht hatte, was sich nie mehr in Ordnung bringen
ließ. Ihn packte ein ekelhaftes Selbstmitleid, und seine trüben Augen füllten
sich mit Tränen.
    »Anna«, flüsterte er mit
tonloser Stimme. »Verzeih mir bitte! Ich hätte das nicht tun dürfen. Ich bin
krank, weißt du. Ich bin so gut wie tot.«
    Als ihre mädchenhafte Gestalt im
Hohlweg verschwand, dachte er für einen Augenblick daran, ihr zu folgen, es ihr
zu sagen oder sie zum Schweigen zu bringen. Gleichzeitig verachtete er sich für
diesen Gedanken. Er wankte zum Tisch zurück, ließ sich auf einen Stuhl fallen
und schüttete sich ein weiteres Glas ein. Er zog die Bescheide aus der
Jackentasche, starrte die Formulare eine Zeit lang an und zerriss sie endlich.
    Dann nahm er den Schlüssel,
stand auf und öffnete den Waffenschrank.

EINS
    Die Männer steigen in
das Auto. Alle vier haben zu viel getrunken. Der Fahrer hat
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