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Falsche Väter - Kriminalroman

Falsche Väter - Kriminalroman

Titel: Falsche Väter - Kriminalroman
Autoren: Hermann-Josef Schüren
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endlich zur Seite
traten und den Weg freigaben. Der Mann zückte sein Handy, und der Köter kläffte
wütend, als van de Loo vorbeifuhr.
    »Der ruft bestimmt die Polizei an.«
    »Blödsinn. Außerdem biegen wir sowieso dahinten ab. Dann sieht uns
niemand mehr.«
    Van de Loo gab Gas und bog wenig später in einen schmalen Waldweg
ein. Forstfahrzeuge hatten den Boden aufgewühlt und tiefe Spuren hinterlassen,
in den Löchern und Rinnen stand Wasser. Der Dreck spritzte an die Bleche, und
van de Loo war heilfroh, dass er nicht stecken blieb. Schließlich erreichte er
einen Hohlweg.
    »Wir sind gleich da«, sagte Anna.
    »Dann lass ich den Wagen hier stehen, und wir gehen das letzte Stück
zu Fuß. Wenn der Lack zerkratzt ist, krieg ich Ärger mit meiner Freundin.«
    »Freundin?«, fragte Anna. »Sind Sie nicht Katharinas Vater?«
    »Hat sie das gesagt?«
    »Nein, aber ich dachte …«
    »Falsch gedacht«, sagte van de Loo. »Außerdem kannst du mich ruhig
duzen.«
    Das Gras war feucht und der Boden aufgeweicht. Die Nachmittagssonne
fiel durch das Blattwerk, Lichtpunkte tanzten über dem Weg. Es roch nach Wald,
nach Regen, Laub und Pilzen. Van de Loo musste bei jedem Schritt aufpassen,
dass er nicht ausrutschte und in den Dreck fiel. Als er ein Stück gegangen war,
drehte er sich zu Anna um. Sie stand noch immer neben dem Auto, hatte ihre
Jeans aufgekrempelt und zündete sich eine Zigarette an. Es sah ganz so aus, als
wollte sie Zeit gewinnen. Wahrscheinlich hatte sie plötzlich Angst vor der
eigenen Courage.
    Wenn der Typ wirklich besoffen ist, gibt es sicher Ärger, dachte van
de Loo, als er langsam weiterging. Vielleicht ist er sogar bewaffnet und wartet
nur darauf, dass jemand kommt, auf den er ballern kann.
    Als er das Auto sah, ging er sofort in Deckung. Der Typ war
anscheinend tatsächlich noch da. Die Hüttentür war nur angelehnt.
    »Hallo!«, rief van de Loo. »Ist da jemand?«
    Er trat schnell wieder in den Hohlweg zurück und horchte. Es kam
keine Antwort. Nur ein Häher flog kreischend über die Lichtung. Van de Loo
holte tief Luft. Er duckte sich und spurtete zum Auto hinüber. Er presste den
Rücken gegen die Hüttenwand und wartete, bis sich seine Atmung beruhigt hatte.
Dann schob er sich Stück für Stück weiter, bis er das Hüttenfenster erreicht
hatte. Er hob einen Stock vom Boden auf und klopfte damit gegen die
Fensterscheibe. Als keine Reaktion kam, drehte er sich um und hob langsam den
Kopf. In der Glasscheibe spiegelte sich sein eigenes Gesicht. Er schirmte es
mit den Händen ab und starrte ins Innere der Hütte. Drinnen regte sich nichts.
    »Hallo!«, rief van de Loo noch einmal und schlug mit der Faust gegen
die Scheibe.
    »Ist er weg?«, fragte Anna. Sie stand inzwischen auf der anderen
Seite des Autos.
    »Es tut sich jedenfalls nichts da drinnen.«
    »Das feige Schwein!«, zischte Anna. »Einfach abhauen! Ich hätte wetten
können, dass er noch hier ist.«
    »Der ist wahrscheinlich zu Fuß getürmt«, sagte van de Loo. »War
vielleicht zu besoffen, das Auto in Gang zu bringen.«
    »Vielleicht ist er ja in der Schlafkammer. Die kann man von hier
nicht einsehen.«
    Van de Loo ging über die Veranda zur Hüttentür. Als er sie aufschob,
quietschten die Scharniere wie in einem Hitchcock-Film. Er schaute ins Innere.
Auf dem Tisch lagen irgendwelche Papierfetzen neben einem Karton mit Flaschen.
Zwei weitere Pullen lagen auf dem Boden, und es stank durchdringend nach
Alkohol. Ein Stuhl war umgekippt. Van de Loo stellte den Stock zur Seite und
betrat die Hütte.
    »Das Bild ist weg«, sagte Anna, die in der Eingangstür stehen
geblieben war.
    »Welches Bild?«
    »Das Foto von Onkel Theo und seinen drei Freunden. Es hing immer
hier. Außerdem ist der Waffenschrank offen. Da hängt ja sogar noch sein
Schlüsselbund!«
    Van de Loo sah sich den Schrank an. Es war eine Art Tresor.
    »Ist es da passiert?« Er wies auf die Tür zum Nebenraum.
    Anna nickte. Van de Loo öffnete die Tür. Im selben Augenblick sah er
den Mann. Er lag auf dem Bett. Ein Arm hing schlaff an der Seite herunter. Die
Laken waren blutverschmiert, und auch an den Wänden klebte überall Blut, wie
van de Loo erst jetzt bemerkte. Gleichzeitig schoss ihm ein süßlicher Geruch in
die Nase, und ein ekelhaft metallischer Geschmack schwappte in seine Mundhöhle.
Er wich zurück, zog die Tür zu und stolperte nach draußen.
    »Was ist?«, fragte Anna.
    Van de Loo gab keine Antwort. Er hatte das Gefühl, jeden Augenblick
kotzen zu
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